Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. März 1843 Jennys Brief an Karl Marx

Der Journalist Karl Marx war alles andere als der Traumschwiegersohn von Herrn von Westphalen, aber Tochter Jenny war schrecklich verliebt. Kurz nach der Hochzeit, am 14. März 1843, schrieb sie ihrem "Mohr" einen Brief, der schon einige Ahnungen für die langjährige Ehe vorwegnahm.

Stand: 14.03.2011 | Archiv

Sendung nachhören: Jennys Brief an Karl Marx (14.03.1843)

14 März

Montag, 14. März 2011

Autorin: Carola Zinner

Sprecher/in: Johannes Hitzelberger, Beate Himmelstoß, Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

"Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine tüchtige Frau", sagt der Volksmund und zeigt sich damit den traditionellen bürgerlichen Werten verpflichtet: Mann steht vorne, Frau stützt ihn im Verborgenen. Dass der große Karl Marx ein "erfolgreicher Mann" war, kann man zumindest bezweifeln. In seiner Rolle als Familienoberhaupt und Versorger war er auf jeden Fall eine ziemliche Null. Seine Gemahlin Jenny aber, da sind sich alle Zeitgenossen einig, war eindeutig eine tüchtige Frau.

Ihrem Vater hatte einst Böses geschwant. Der preußische Regierungsrat Ludwig von Westphalen tat alles, um seine schöne Tochter von der Ehe mit Karl abzuhalten. Eine Zeitlang durften die beiden sich nicht mal schreiben. Im Haus der Westphalens war Jennys Auserwählter zwar schon als Jugendlicher ein- und ausgegangen; man schätzte seinen brillanten Verstand. Doch seine Verschwendungssucht und Egozentrik waren zu offensichtlich, um auf ein glückliches Leben für die Braut hoffen zu können. Sie jedoch liebte ihn. Jahrelang wartete sie, bis ihr "Schwarzwildchen", wie sie ihn nannte, ihr "Moh", endlich sein Studium beendet und ein kleines Einkommen hatte. Nun endlich darf er, kann er, MUSS er. Am 14. März 1843, kurz nach der Hochzeit, schreibt sie:

"Wie bebt mein Herz Dir ängstlich auf allen Deinen Wegen nach ... Aber das ist nun mal nicht unser Los, dass wir Frauen in des Schicksals Räder tatkräftig eingreifen sollten. Wir sind vom Sündenfall her zur Passivität verurteilt, unser Los ist das Warten, Hoffen, Dulden, Leiden ..."

Jenny Marx

Dazu wird sie in ihrem 40-jährigen Eheleben reichlich Gelegenheit bekommen. Marx geht ins Ausland - Jenny geht mit, hält in schäbigen Unterkünften das Familienleben aufrecht. Marx macht Schulden - Jennys Erbsilber wandert ins Leihhaus, sie borgt Geld bei Freunden und Verwandten. Marx lädt Gäste ein - Jenny versorgt sie. Ein Bericht zeichnet ein anschauliches Bild der Situation:

"Sie ist eine gebildete und angenehme Frau, die aus Liebe zu ihrem Mann sich an dieses Zigeunerleben gewöhnt hat und sich in diesem Elend nun ganz heimisch fühlt."

Es lässt sich nicht leugnen: Das Leben der Familie Marx war vielleicht ein wenig ungewöhnlich, im Grunde aber erzbourgeois. Frau Marx ist die tüchtige Helferin von Herrn Marx; der regiert die Familie und zeugt nebenbei mit dem Hausmädchen einen Sohn, wovon Jenny nichts wissen darf. Ansonsten ist sie bei allem an und auf seiner Seite. Findet er jemanden sympathisch, tut sie es ebenfalls; lehnt er dieselbe Person kurz darauf ab, ändert auch sie ihr Urteil. Ohnehin wird ständig gemeinsam gespottet über Freunde und Bekannte; Lassalle wird dabei genauso wenig verschont wie

Friedrich Engels, dem die Familie so viel verdankt. Nur er, der große Karl, ist über alle Kritik erhaben.

Und doch - so ganz befriedigend scheint das alles nicht gewesen zu sein; Jenny jedenfalls gerät mehr und mehr in, wie Marx es nannte, "nervöse Zustände": Depressionen, Weinkrämpfe und Verzweiflungsausbrüche. 1862 schreibt er: "Meine Frau sagt mir jeden Tag, sie wünschte, sie läge mit den Kindern im Grab." Vier sind gestorben, drei Töchter haben überlebt. Herangewachsen übernehmen sie den Platz als "Frau an seiner Seite". Jenny ist nicht länger als Mitarbeiterin gefragt; sie fühlt sich oft nutzlos, wird ernsthaft krank.

1881 ist sie im Alter von 67 Jahren gestorben, zum großen Kummer ihres Mannes, der nun ohne seinen Schatten weiterleben musste. "Der Mohr ist auch gestorben", klagte Freund Engels und pries in seiner Rede an Jennys Grab die wahrhaft weiblichen Tugenden der Verstorbenen:

"Wenn es jemals eine Frau gab, die ihr Glück darin sah, andere glücklich zu machen, dann war es diese Frau."


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