17. September 1849 Die Sklavin Harriet Tubman flieht
Ein Aufseher hatte Harriet Tubman schon fast totgeprügelt, dann entschloss sie sich am 17. September 1849, aus der Sklaverei zu entfliehen. Dabei halfen ihr die Schleuser der geheimen "Underground Railroad".
17. September
Montag, 17. September 2012
Autor(in): Ulrike Rückert
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Redaktion: Thomas Morawetz
Am 17. September 1849 wagt Harriet Tubman die Flucht aus der Sklaverei. Sie ist siebenundzwanzig Jahre alt und Eigentum eines Grundbesitzers in Maryland. Seit ihrer Kindheit arbeitet sie hart, als Hausdienerin, Feldarbeiterin und zuletzt mit Holzfällern in den Wäldern. Ihr Körper trägt die Narben von Peitschenhieben, einmal hat ihr ein Aufseher fast den Schädel zertrümmert. Und nun soll sie verkauft werden, irgendwohin in den tiefen Süden auf die großen Baumwollplantagen, für immer getrennt von ihrer Familie.
Vom Flüchtling zur Agentin
Vor zwei Tagen hat sie es schon einmal versucht, doch die Angst vor den Sklavenjägern mit ihren Spürhunden trieb sie zurück. Jetzt aber ist sie entschlossen: Freiheit oder Tod. Harriet Tubman hat Glück und schlägt sich nach Philadelphia durch. Dabei helfen ihr die Schleuser der "Underground Railroad", einer geheimen Organisation, die Flüchtlinge aus den Sklavenstaaten herausführt. Sie geben ihr zu essen und weisen ihr den Weg bis zur nächsten sicheren Station.
Auch der Norden verweigert Afroamerikanern Bürgerrechte, und sie können der Armut kaum entkommen. Doch Harriet Tubman fühlt sich wie im Himmel: Sie ist frei. Und weil sie ihre Familie nachholen will, wird sie selbst eine Agentin der "Underground Railroad".
Deren Netz ist verästelt und weitgespannt. Es reicht von den Südstaaten bis nach Kanada, weil geflohene Sklaven wegen eines Auslieferungsgesetzes auch in den Nordstaaten nicht sicher sind. Weiße Gegner der Sklaverei gehören dazu, freie Afroamerikaner und selbst Sklaven. Sie bieten Flüchtlingen Unterschlupf, schmuggeln sie in Frachtkisten oder Leichenwagen an Polizeiposten vorbei, beschaffen falsche Papiere und neue Schuhe, geben Informationen und Warnungen weiter. Sie alle riskieren viel: Gefängnis und hohe Geldstrafen im Norden, im Süden auch ihr Leben.
Vertrauen auf Gott und eine Pistole
Aber nur sehr wenige wagen es, Flüchtlinge selbst den ganzen Weg zu führen. Harriet Tubman tut es dreizehnmal in zehn Jahren. Sie wandern nachts und halten sich am Tag verborgen. Dann ist Harriet Tubman allein unterwegs, sucht neue Verstecke, kauft Lebensmittel ein und prüft, ob der Weg sicher ist. Mit Steckbriefen wird nach ihr gesucht, ein Kopfgeld ist auf sie ausgesetzt - furchtlos vertraut sie auf Gott und die Pistole in ihrer Tasche. Etwa siebzig Menschen bringt sie so in Sicherheit; ihre Brüder, Nichten und Neffen und ihre Eltern sind darunter, alte Freunde und ganz Fremde.
Dann bricht der Bürgerkrieg aus. Harriet Tubman hofft, dass er der Sklaverei endgültig ein Ende macht, und will ihren Teil dazu beitragen. Für die Armee der Nordstaaten organisiert sie die Versorgung von Sklaven, die zu den Unionstruppen flüchten, und kommandiert eine Aufklärungseinheit. Viele Male spioniert sie selbst hinter den feindlichen Linien, und in einem spektakulären Unternehmen lotst sie eine Flottille von Kanonenbooten durch einen verminten Fluss - an die achthundert Sklaven befreien sie dabei von den Plantagen an den Ufern.
Eine Veteranenpension aber verweigert ihr die Regierung trotz prominenter Fürsprecher. Erst nach ihrem Tod 1913, im Alter von einundneunzig Jahren, gewährt man ihr eine offizielle Anerkennung und bestattet sie mit militärischen Ehren. Doch für die Menschen, denen sie zur Freiheit verholfen hat, ist sie eine Heldin.