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Luther und die Reformation

Eine Täuferin um 1500 Luther und die Reformation

Stand: 23.09.2019

Martin Luther (1483-1546) | Bild: picture-alliance/dpa

Große Teile Westeuropas werden im frühen 16. Jahrhundert von religiösen, sozialen und politischen Spannungen erfasst. Die römische Kirche zeigt deutliche Verfallserscheinungen, Kritik am Glaubenssystem wird laut. Aber auch Volksfrömmigkeit, ausgeprägte Heiligenverehrung, Reliquienkult sowie die Furcht vor Hölle und Fegefeuer prägen diese Zeit. Weltuntergangstimmung ist ebenso verbreitet wie der Wunsch nach gesellschaftlicher Erneuerung und einem "gereinigten Christentum".

Martin Luthers (1483-1546) Ablassagitation und seine Kritik an Kirche und Papsttum fallen auf fruchtbaren Boden. Dank der neuen Medien Buchdruck und Flugschrift verbreitet sich das Gedankengut des Doktors der Theologie rasend schnell. Der reformatorische Grundsatz "Sola scriptura, sola fide, sola gratia" (Nur die Schrift, nur der Glaube, nur die Gnade) wird von vielen Menschen begeistert aufgenommen. Der Bruch mit der alten Kirche ist nicht aufzuhalten, zumal Luther die biblische Begründung des päpstlichen Primats bestreitet. Papst Leo X. (1457-1521) bannt Luther, dieser verbrennt die Bannbulle 1520 öffentlich. Auf dem Reichstag zu Worms verweigert Luther 1521 den Widerruf seiner Lehre, die Reichsacht wird über ihn verhängt.

Luther und die weltliche Ordnung

Einflussreiche Persönlichkeiten schützen Luther. So scheitert König Karl V. (ab 1530 Kaiser) bei dem Versuch, die Glaubenseinheit zu bewahren. Die Konfessionalisierung nimmt ihren Lauf: Landesfürsten entscheiden bald über die konfessionelle Prägung ihres Machtbereichs. Die Herren bestimmen, was ihre Untertanen zu glauben haben. Vor allem in Sachsen, Brandenburg, Hessen und in den Reichsstädten fasst die Reformation Fuß.

Schon aus Gründen der Selbsterhaltung stellt sich Luther dieser Entwicklung nicht entgegen. Die Reformation koppelt sich an die weltliche Obrigkeit; die neue Kirche organisiert sich nach ihren Vorgaben. Die Menschen unterstehen, so Luther, zwei Ordnungen, der geistlichen und der weltlichen. Beide stammen von Gott, sind aber strikt voneinander getrennt. Die weltliche Herrschaft hat in weltlichen Dingen das volle Zugriffsrecht auf den Menschen, ihr ist in jedem Fall Gehorsam zu leisten. Das geistliche Regiment ist als Heilsinstitution für die Frömmigkeit zuständig. Frühreformatorische Ideen wie die Schaffung obrigkeitsfreier Gemeinden und eine freie Pfarrerwahl werden kassiert.

Bauernunruhen in Südwest- und Mitteldeutschland

Die Reformation setzt beträchtliche Kräfte frei; es fällt schwer, sie zu kontrollieren. Bauernführer, die mit der Grundherrschaft hadern, berufen sich auf das "neu entdeckte" Evangelium und erheben radikale Forderungen. In Thüringen steht der Pfarrer Thomas Müntzer (1469-1525) an der Spitze einer sozialrevolutionären Bewegung. Luther steht dem Protest zunächst positiv gegenüber, doch als die Bauern zur Waffe greifen, verdammt er sie in seiner Schrift "Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern". Die Obrigkeit, so Luther, ist gottgewollt, ein Widerstandsrecht gibt es nicht.

1525/26 werden die regionalen Bauernerhebungen, die sich zum größten Aufstand der spätmittelalterlichen Gesellschaft ausweiten, niedergeworfen. Das blutige Strafgericht, das den Aufruhr beendet, macht eines deutlich: Die Machthaber dulden eine religiös-kirchliche Erneuerung - aber nur solange sie "unpolitisch" ist, also die Feudalgesellschaft unangetastet bleibt. Die Reformation akzeptiert die vorgegebene Ordnung und gibt sich systemerhaltend.

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Blick auf Augsburg um 1500 | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Eine Täuferin um 1500 Susanna Daucher

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