25. Mai 1928 Luftschiff "Italia" stürzt auf Nordpolfahrt ab
Der Nordpol - unbezwungen, bis es dem Luftfahrtpionier Umberto Nobile gelingt, mit einem Luftschiff den fernen Punkt im Eis zu erreichen. Tags darauf, am 25. Mai 1928, stürzt er ab. Eine atemberaubende Rettungsaktion beginnt.
25. Mai
Freitag, 25. Mai 2012
Autor(in): Florian Hildebrand
Sprecher(in): Florian Hildebrand
Redaktion: Thomas Morawetz
"SOS ... rao rao ..." tönt es dumpf aus dem Lautsprecher. Luftschiffer haben in der Arktis Bruch gemacht, jetzt funken sie um Hilfe. Das Ganze kommt - aus dem Radio und ist eines der frühesten Hörspiele überhaupt, live ausgestrahlt 1929 aus dem Funkhaus Berlin. Der junge Rundfunk wollte mit der aufwendigen Produktion seinen Zuhörern zeigen, was er drauf hatte. Dafür suchten sich die Radiomacher eine Sensation aus, die die Welt im Jahr zuvor in Atem gehalten hatte.
Keine Spur von Mann und Material
24. Mai 1928: Zum ersten Mal erreichen Menschen den Nordpol. Es ist das Luftschiff 'Italia', das über dem imaginären Punkt auf dem arktischen Eis schwebt. Die Besatzung will landen, lässt das Luftschiff sinken, dreht dann aber ab. Es ist zu riskant, der Wind bläst zu stark. Am Tag darauf, es ist der 25. Mai 1928, geschieht aber genau das, was man zuvor vermeiden wollte. Sturzböen drücken die 'Italia' so gewalttätig aufs Eis, dass die Führergondel aufschlägt und zerschellt. Zehn Männer purzeln heraus. Einer stirbt, die übrigen neun kommen verletzt davon. Das Luftschiff mit den beiden anderen Gondeln bleibt heil und darin sechs weitere Besatzungsmitglieder. Nun gewinnt das Gefährt wieder an Höhe und trudelt steuerungslos davon - ins Nichts. Bis heute fehlt von Mann und Material jede Spur.
Die Männer auf dem Eis entdecken unter den Trümmern einen Kurzwellensender, er ist heil geblieben, und so gehen per Funk Hilferufe in die Welt hinaus. Sie lösen eine internationale Rettungskampagne aus, die selbst höchst dramatisch wird. Da steigt zum Beispiel ein norwegisches 1.000-PS-Flugboot auf, an Bord der berühmte Roald Amundsen. Doch die Maschine stürzt ab, Amundsen fällt in die eiskalte See und erfriert. Ein unverdient triviales Ende für diesen Mann. Immerhin hatte Amundsen Jahre zuvor in der Antarktis viel länger viel größerer Kälte getrotzt und als erster den Südpol erreicht. Und es ist eine Ironie der Geschichte. Lediglich mit Hunden und Schlitten war der Norweger 1911 aufgebrochen und hatte den fernsten Punkt der Erde ohne Probleme gefunden.
Der Nordpol hingegen, er liegt von Europa aus quasi um die Ecke, wird erst 17 Jahre später gefunden, das aber mit gigantischem technischem Aufwand. Und nicht ohne desaströsem Ausgang.
Ungewisse Tage auf dem Eis
An dem Tod Amundsens ist im übrigen Italiens Diktator Benito Mussolini nicht ganz unschuldig. Der Erzfaschist setzt eine eigene, nationale Rettungs-Großveranstaltung in Gang, will aber den berühmten Norweger nicht dabei haben, weil er fürchtet, dass der ihm die Schau stiehlt. Mussolini geht es vor allem darum, den italienischen General und Luftfahrtpionier Umberto Nobile zu retten, der sich bei der Eis-Havarie der 'Italia' verletzt hatte.
Doch es kommt ihm jemand zuvor. Ein junger schwedischer Luftwaffenoffizier namens Einar Lundborg landet mit einer kleinen Fokker auf dem Eis. Zunächst fliegt er Nobile aus. Beim zweiten Anflug bleibt die Maschine hängen, macht einen Kopfstand und geht zu Bruch, der Pilot bleibt unverletzt, muss nun aber auch gerettet werden.
Jetzt beginnen für die Männer auf dem Packeis lange und ungewisse Tage. Nach knapp zwei Monaten schiebt sich schließlich der sowjetische Eisbrecher 'Krassin' heran und nimmt die Havarierten auf. Am Ende ist die Rettung also ein monströser Kraftakt geworden, an dem sich sieben Nationen beteiligen.
Die akustische Rekonstruktion der Rettung "SOS ... rao rao ...", das Hörspiel hat die Zeiten auf Schellack überstanden. So hat der frühe deutsche Rundfunk das atemberaubende arktische Drama benutzt, um damit eigene Geschichte zu schreiben.