Bumeders Buchtipps Die Bayerische Sommerbücherschau 2017
Ferienzeit ist Badezeit, Wanderzeit und für viele auch Lesezeit. Die Zahl der Neuerscheinungen ist groß an bayerischen Büchern. Um die Auswahl zu erleichtern, stellt Franz Bumeder seine Lieblingstitel aus und über Bayern vor.
Die besprochenen Titel im Einzelnen:
Stankiewitz, Karl: Badelust in München und Oberbayern. edition buntehunde
Greiner, Karin: Bäume in Küche und Heilkunde. AT Verlag
Rosenzweig, Werner: Unbekannter Steigerwald. Volk Verlag
Schweiggert, Alfons: Ludwig II. und sein Paradies am Starnberger See. Allitera Verlag
Böckl Manfred: Verborgene Schätze in Bayern. Buch- und Kunstverlag Oberpfalz
Stauner, Gerda: Sauforst. SüdOst Verlag
Graf, Oskar Maria: Licht und Schatten. Allitera Verlag
Dittmann, Ulrich / Fromm, Waldemar: Oskar Maria Graf. Verlag Friedrich Pustet
Ambrozy, Stephanie: G´heirat wird. SüdOst Verlag
Rebscher, Susanne: Sagen aus Franken. Emons Verlag
Sommerzeit ist – natürlich – Reisezeit. Oder Ausflugszeit. Für Ausflüge bietet sich immer wieder die nähere Umgebung an, Sommerzeit, Badezeit. Zumindest dann, wenn das Wetter passt. Sollte es in den nächsten Wochen doch mal regnen, kann man sich ja auf Badeziele vorbereiten. Der kleine Band "Badelust in München und Oberbayern“ hilft dabei - informativ aber auch unterhaltsam. Der mittlerweile fast 90-jährige Autor Karl Stankiewitz liefert nicht nur Tipps für See-, Frei- und Erlebnisbäder, mit zahlreichen Hintergrundgeschichten und Fotos ist ihm eine lesenswerte regionale Geschichte oberbayerischer Badekultur gelungen – von Bade-Bordellen im Mittelalter bis hin zu neuzeitlichen Wellness-Tempeln. .
Wer den Sommer kulinarisch einfangen will, der kann auf ein ganz spezielles Werk von Karin Greiner zurückgreifen. Bäume in Küche und Heilkunde“ heißt der reich bebilderte Band der aus Bayern 1 bekannten Garten-Expertin. Leser wissen Greiners Tipps zu schätzen:
"Ich fand, es schmeckte alles sehr interessant, in dem Sinne, dass man es sonst nicht so bekommt. Weil doch wilde, sagen wir mal herbe Geschmacksnoten dabei sind, die aber auch für dann möglicherweise auf den einen oder anderen Verdauungsapparat entsprechende Wirkung zeigen."
Karin Greiner
Von Ahorn bis Weißdorn, 28 Bäume und Sträucher listet Karin Greiner auf, Blätter, Blüten, Früchte, Nadeln, aus denen sich Gesundes und Köstliches zubereiten lässt. Keine Angst, der gut 250 Seiten dicke großformatige Band ist kein Kochbuch für Profis, sondern für jeden, der sich gern fantasievoll und gesund ernähren will. Denn Karin Greiner hat auch an Anfänger gedacht:
"Hinten dran gibt es mehrere Seiten, wo diese einfachen Geschichten, diese immer wiederkehrenden, wie zum Beispiel, Salze, Zucker, Sirup und so weiter, genau erklärt sind."
Karin Greiner
Braucht Bayern einen dritten Nationalpark? Diese Frage bewegt zur Zeit die politischen und ökologischen Gemüter im Freistaat. Dabei zeigen viele Mitdiskutanten erstaunlich wenig Kenntnis über die fraglichen Regionen, über die sie diskutieren. Beispiel Steigerwald. Werner Rosenzweig stellt diesen „Unbekannten Steigerwald“, so der Titel, in einem ausführlich bebilderten Band vor. Der Untertitel „Von Karpfen, Klöstern und Kellerbier“ zeigt, ein Wanderführer ist das nicht, sondern ein hintergründiges Buch, das jeder im Gepäck haben sollte, der zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto den Steigerwald besucht.
Rund um den Starnberger See stößt man, ob man will oder nicht, immer wieder auf Ludwig II. Beispiele: Schloss Berg, Possenhofen oder die Roseninsel – überall hat der König Spuren hinterlassen. Der ausgemachte Ludwig - Kenner Alfons Schweiggert fasst Aktivitäten des Märchenkönigs an diesen Orten, aber auch Ideen, die dort entstanden sind, zusammen - unterhaltsam und leicht zu lesen. Beispiel: ein Brief an Richard Wagner, in dem Ludwig zum ersten Mal seine Neuschwanstein-Pläne offenlegt.
"Ich habe die Absicht, die alte Burgruine Hohenschwangau bei der Pöllath-Schlucht neu aufbauen zu lassen. Im echten Stil der alten deutschen Ritterburgen, und ich muss Ihnen gestehen, dass ich mich sehr darauf freue, dort einst in drei Jahren zu hausen." Ludwig II. an Wagner
"Ludwig II. und sein Paradies am Starnberger See“ – lesenswert nicht nur für Historiker, sondern auch für Laien, die sich für bayerische Geschichte interessieren.
Mehr oder weniger historisch ist auch das neue Buch des gebürtigen Landauers Manfred Böckl. Unter dem Titel "Verborgene Schätze in Bayern“ zählt er 38 Sagen aus dem ganzen Freistaat auf und spürt deren historischem Gehalt nach. Beispiel: Der Schatz auf Schloss Steffling im oberpfälzischen Nittenau im Regental:
"Im Schloss Stefling sollen ungeheure Schätze verborgen sein. Die Landgräfin Adelheid, eine geborene bayerische Prinzessin hat hier im alten Turm viel Geld aufbewahrt. Allein, es glückte bisher keinem Menschen, den Schatz zu heben."
Böckl-Zitat
Böckl gelingt es überzeugend und mit leichter Feder, solche Sagen auf historische Begebenheiten zu rückzuführen. In diesem Fall auf die Wittelsbacherin Adelheid, die mit Sicherheit sehr wohlhabend war. Ob dieser Schatz auf Steffling wirklich existiert, lässt der Autor offen, potenziellen Schatzsuchern gibt er aber durchaus umsetzbare Ratschläge. Der Autor vergisst aber zum Glück auch nicht, allzu eifrige Möchtegern-Archäologen auf entsprechende gesetzliche Bestimmungen hinzuweisen.
"Als sich der junge Giacomo Verduchi aufmachte, um sein Glück im fernen Bayern zu finden, gab es noch keine Bahnverbindung über den Brenner, die das Reisen leicht und bequem gemacht hätte, stattdessen quälte er sich wochenlang zu Fuss, oder sofern es die Reisekasse zuließ, auf dem Kutschbock eines einfachen Pferdegespanns durch die steilen, engen Berg- und Passtraßen."
Romanbeginn Gerda Stauner
So beginnt Gerda Stauners neuer Roman „Sauforst“. Die Autorin schildert im 21. Jahrhundert die Geschichte ihrer fiktiven Vorfahren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Spannend erzählt, gründlich recherchiert, mit dem nötigen Lokal-Kolorit, aber auch eine Art Soziogramm kleiner Leute in der Oberpfalz der damaligen Zeit. Ein Lesegewinn!
Keine echte Neuerscheinung, sondern – nach 90 Jahren – endlich eine zweite Auflage liefert die edition Monacensia des Allitera Verlags.
"Um jene Zeit, da die mächtigen Seefahrervölker Europas das ferne Amerika vollends entdeckt hatten und anfingen, dieses reiche, riesige Land auszubeuten und zu unterjochen, schmachtete in einem düsteren Londoner Gefängnis ein Mann namens Nämlich Hinkefuß."
Proletarisches Märchen von Graf
Unter dem Titel "Licht und Schatten“ hat Oskar Maria Graf 1927 zeitgleich mit seinem autobiographischen Werk „Wir sind Gefangene“ 14 so genannte „proletarische Märchen“ veröffentlicht. Auch wenn seiner Tochter Annemarie gewidmet, für Kinder als Vorlesestoff nicht unbedingt geeignet. Dafür ein vergessenes Zeitzeugnis, eine Erinnerung an eine Gattung, die ihren Höhepunkt in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte. Für Graf-Fans ein Muss, für alle anderen eine Empfehlung!
Oskar Maria Graf ist auch ein neuer Band der "kleinen bayerischen Biografien“ des Regensburger Pustet Verlags gewidmet. Der bairische „Provinzschriftsteller“, wie er sich selbst gern nannte, als "rebellischer Weltbürger, kein bayerischer Nationalbürger“. Ein kompakter informativer und locker geschriebener Einstieg für Leser, die sich Graf annähern möchten.
Die Landshuter Hochzeit 2017 ist vorbei, das was sich Stephanie Ambrozy als Autorin und Heidi Eichner als Zeichnerin haben einfallen lassen, braucht aber auch keinen Zeitbezug. Unter dem Titel “G´heirat wird“ erzählen die beiden den historischen Hintergrund dieses Mittelalterspektakels als wunderschönes Märchen für Kinder. Historisch nicht ganz authentisch, dafür herrlich lebendig und enorm lustig. Wenn etwa die aufgeregte polnische Anstandsdame Fräulein Urszula in einem Wirtshaus auf der Suche nach der verschwundenen Königstochter Hedwig an den herzoglichen Stallmeister Franz gerät:
"Ah ha, ha, ha; des gibts doch gar ned. Die Prinzessin ist aubüxt? Des glaubt doch kein Mensch, die Prinzessin ist verlustig ganga hats gsagt. Habts es alle ghört? – Mein lieber Mann, Ihr mögt das lustig finden. Ich mache mir Sorgen. Was, wenn ich sie nicht finde und sie morgen nicht zur Hochzeit antritt."
Szene bei Stephanie Ambrozy
Wunderschön kindgerecht, geeignet zum Selber Lesen genauso wie zum Vorlesen.
Und noch eine, - zumindest eingeschränkt – historische Neuerscheinung für Kinder. 26 "Sagen aus Franken“ hat Susanne Rebscher vorgelegt. Keine Nacherzählungen in epischer Breite, vielmehr ein kurzweiliges, durch die Illustrationen von Sibylle Vogel aufgelockertes kleines Büchlein mit zahlreichen wundersamen Geschehnissen zwischen Aschaffenburg und dem Altmühltal. Ein Tipp für regenreiche Tage in den bevorstehenden großen Ferien.