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1933 Das Jahr der Machtergreifung in Bayern und im Reich

Stand: 18.01.2012

  • 30. Januar 1933 9:34 Uhr
    Reichspräsident Paul von Hindenburg (Rainer Basedow, rechts) mit seinem Sohn Oskar Hindenburg (Dominik Bender). | Bild: BR

    Spielszene "Die Machtergreifung": Hindenburg (Rainer Basedow, r.) mit Sohn Oskar (D. Bender).

    30. Januar 1933

    Reichskanzler Hitler

    Lange hat das konservative Establishment den "Radaupolitiker" Hitler halb angewidert, halb fasziniert beobachtet. Doch keiner seiner vom Reichspräsidenten ernannten Konkurrenten findet eine stabile Mehrheit: Nicht Franz von Papen, der Kandidat von Großgrundbesitz und Industrie, nicht Kurt von Schleicher, der sich vor allem auf die Reichswehr stützt. Nach dem Rücktritt Schleichers bewegen republikfeindliche Lobbyisten den greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg dazu, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen - als "Übergangslösung".

  • 28. Februar 1933 0:00 Uhr
    Reichstagsbrand 28. Februar 1933 | Bild: picture-alliance/dpa

    Archivbild: Der Reichstag in Flammen.

    28. Februar 1933

    Der Reichstag brennt

    In der Nacht zum 28. Februar steht in Berlin der Reichstag in Flammen und brennt bis auf die Grundmauern nieder. Beschuldigt und wenig später hingerichtet wird der holländische Ex-Kommunist Marinus van der Lubbe; wer den Brand wirklich gelegt hat, ist bis heute umstritten. Eindeutig dagegen: Die am folgenden Tag von Reichspräsident Hindenburg erlassene "Reichstagsbrandverordnung" setzt Teile der Grundrechte außer Kraft und wird von SS und SS als Freibrief zur Verfolgung, Verhaftung und Ermordung politischer Gegner betrachtet.

  • 5. März 1933 9:50 Uhr
    Adolf Hitler (Thure Riefenstein) wird in Berlin empfangen. | Bild: BR

    Spielszene: Hitler (Thure Riefenstein) ist am Ziel.

    5. März 1933

    Reichstagswahl: 44 Prozent für Hitler

    Propaganda und Terror haben gewirkt: Bei den ersten Reichstagswahlen unter Kanzler Hitler - den letzten, die wenigstens formal demokratisch ablaufen - erhält die NSDAP 43,9 Prozent; das bayerische Ergebnis liegt mit 43,1 Prozent im Trend. Die erhoffte absolute Mehrheit ist das nicht, doch rechtskonservative Splitterparteien stützen Hitler - bis er sich seiner "Krücken" entledigt.

  • 9. März 1933 9:00 Uhr
    Machtergreifung: Der Sommer 1933 | Bild: SZ-Photo / Scherl

    Das erste "braune" Kabinett Bayerns. An der Spitze: Franz Ritter von Epp (unten, 2.v.l)

    9. März 1933

    Braunes Bayern

    Die Machtergreifung, bisher ein formal korrekter Regierungswechsel, wird zum Staatsstreich: Die Berliner Regierung löst die Länderregierungen auf. In Bayern überträgt Reichsinnenminister Wilhelm Frick die Exekutivgewalt am 9. März auf seinen alten Kameraden Franz Ritter von Epp. Eine Woche später beugt sich Ministerpräsident Martin Held (BVP) der Gewalt und tritt zurück.

  • 10. März 1933 0:00 Uhr
    Bilddokument aus dem Jahr 1933 | Bild: SZ-Photo / Scherl

    Archivfoto: SA-Männer veranstalten einen Prangermarsch mit dem Anwalt Michael Siegel.

    10. März 1933

    Toleranz und Terror

    Einen Tag nach der Machtübernahme in Bayern fordert Michael Kardinal von Faulhaber, der Erzbischof von München und Freising, nach einer Audienz bei Papst Pius XI. öffentlich, es sei nun "mehr Toleranz gegen die neue Regierung zu üben". Am gleichen Tag muss der jüdische Anwalt Michael Siegel in München mit einem Schild mit der Aufschrift "Ich werde mich nie wieder bei der Polizei beschweren" durch die Stadt laufen. Er hatte zuvor Pöbeleien der SA und SS gegen jüdische Passanten bei der Behörde angezeigt.

  • 22. März 1933 0:00 Uhr
    Bilddokument aus dem Jahr 1933 | Bild: SZ-Photo / Scherl

    Archivfoto: Die ersten politischen Gefangenen werden ins KZ Dachau transportiert.

    22. März 1933

    Das erste Konzentrationslager

    Die ersten 60 Häftlinge werden nach Dachau gebracht. Es ist das erste deutsche Konzentrationslager, geplant als "Modellprojekt" für weitere Internierungs-, Arbeits- und später Vernichtungslager.

  • 23. März 1933 0:00 Uhr
    Hitlers Bayerische Helfer | Bild: picture-alliance/dpa

    Der Redner Adolf Hitler am 23. März in der Kroll-Oper, wo der Reichstag nach dem Brand tagt.

    23. März 1933

    Das Ermächtigungsgesetz

    Offiziell heißt es "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich", faktisch ist es eine Verlängerung und Ausweitung der Reichstagsbrandverordnung - die Selbstabschaffung der Republik. Unter gewaltigen Hakenkreuzfahnen stimmen mit zwei Ausnahmen alle Parteien zu: Das "Zentrum" verweist darauf, dass Hitler dem Katholizismus Sonderrechte einräumt, die Abgeordneten der liberalen DDP (unter ihnen der spätere Bundespräsident Theodor Heuss) trösten sich mit der Befristung des Gesetzes auf vier Jahre. SPD und KPD leisten Widerstand, doch sind viele ihrer Abgeordneten bereits verhaftet.

  • 1. April 1933 0:00 Uhr
    Bilddokument aus dem Jahr 1933 | Bild: SZ-Photo / Scherl

    Perverse Umkehrung: Die Boykottaufrufe geben sich als Boykott-Abwehr.

    1. April 1933

    Boykott gegen jüdische Geschäfte

    Auf Veranlassung von Joseph Goebbels werden reichsweit Boykotte gegen Geschäfte jüdischer Besitzer verordnet. Münchens neuer Oberbürgermeister Karl Fiehler setzt die Maßnahme in vorauseilendem Gehorsam schon einen Tag vorher um. In den bayerischen Großstädten folgt die Bevölkerung dem Aufruf aber nur zum Teil.

  • 16. April 1933 0:00 Uhr
    Bilddokument aus dem Jahr 1933 | Bild: SZ-Photo / Scherl

    Archivbild: Am Königsplatz entstehen NS-Parteibauten.

    16. April 1933

    Kreuz und Hakenkreuz

    Das Regime festigt sich, Unterstützer und Mitläufer bestimmen das Bild. Evangelische Pfarrer erteilen am Ostersonntag in ganz Bayern den Nazis offiziell den Segen der Kirche. In den "Münchner Neuesten Nachrichten" erscheint ein offener Brief gegen den emigrierten Thomas Mann. Initiiert ist der Brief vom Dirigenten Hans Knappertsbusch, Mitunterzeichner sind Richard Strauss und Hans Pfitzner. Auch im Straßenbild prägt sich die neue Regierung ein - mit Nachdruck werden prestigeträchtige Neubauten wie das Haus der Kunst in München und das Reichparteitagsgelände in Nürnberg hochgezogen.

  • 10. Mai 1933 0:00 Uhr

    10. Mai 1933

    Bücherverbrennung

    Nationalsozialisten verbrennen Bücher verfemter Autoren auf dem Münchner Königsplatz: Marx und Freud, Brecht und Kästner, Oskar Maria Graf und Lion Feuchtwanger. Die Werke des antinazistischen bayerischen Schriftstellers Oskar Maria Graf sind nicht darunter. Zwei Tage später setzt er über einen offenen Brief in der "Wiener Arbeiterzeitung" die Überschrift: "Verbrennt mich!"

  • 22. Juni 1933 0:00 Uhr
    Hitlers Bayerische Helfer | Bild: picture-alliance/dpa

    Im März hat Otto Wels, SPD, das Ermächtigungsgesetz abgelehnt. Nun ist seine Partei verboten.

    22. Juni 1933

    Einparteienstaat Deutschland

    Am 22. Juni wird die SPD, deren Hauptakteure zumeist im KZ oder im Exil sitzen, endgültig verboten; bis zum 14. Juli erwischt es die zuvor regierende BVP genau wie außerhalb Bayerns das Zentrum und die konkurrierenden Rechtsparteien, die zur Selbstauflösung gezwungen werden. Im "Gesetz gegen die Neubildung von Parteien" liest man: "In Deutschland besteht als einzige politische Partei die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei".

  • 3. September 1933 0:00 Uhr
    1933 | Bild: Deutsches Bundesarchiv - Bild 146-1979-099-10A - Lizenz CC-BY-SA

    Zehntausende Parteigenossen und Schaulustige auf dem Parteitagsgelände.

    3. September 1933

    "Reichsparteitag des Sieges"

    Am 3. Sptember endet der fünfte Parteitag der NSDAP, der dritte in Nürnberg. Das Festgelände ist die größte Baustelle Europas. Attraktiv ist die Frankenmetropole für die Partei nicht nur, weil Mittelfranken reichsweit die meisten NSDAP-Mitglieder hat; die Hakenkreuzfahnen vor der Kaiserburg und dem "wagnerianisch" mittelalterlichen Bild der Meistersingerstadt suggerieren zudem eine Kontinuitätslinie vom alten zum "dritten" Reich. Das Grenzgebiet zwischen Bayern und Preußen eigenet sich zudem, um die Einschmelzung der Stämme in den Führerstaat zu demonstrieren.


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