Kultur


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Klick! Rainer Viertlböck fotografiert Der virtuelle Blick auf München

Die Maximilianstraße in rosa Dämmerlicht: Dem Eindruck, wie in einem Traum in das Bildmotiv hineinzufallen, kann man sich kaum entziehen. Fotograf Rainer Viertlböck über die Geschichte seines Bildes und wie er mit dem Wetter malt.

Von: Susanne Lorenz

Stand: 09.09.2013 | Archiv

Hören und sehen: Rainer Viertlböck über den neuen Blick auf die Maximilianstraße

Rainer Viertlböck ist Architekturfotograf

Mit seinen Aufnahmen der Münchner HighLight Towers und dem Suvarnabhumi Flughafen Bangkok gewann Rainer Viertlböck 2008 als erster deutscher Fotograf den "International Photography Award". Er lebt in Gauting bei München.

BR.de: Für Ihre Ausstellung in der Architekturgalerie haben Sie einen neuen Blick auf Münchner Stadtlandschaften geworfen. Was macht diesen neuen Blick aus – was ist der alte Blick?

Rainer Viertlböck: Ich würde den neuen Blick nicht gegen DEN alten Blick stellen. Es gibt viele Blicke und viele Herangehensweisen an München oder überhaupt an Fotografie von Städten. Ich habe hier mit großer Konsequenz die Objekte, die Straßen und Gebäude im urbanen Kontext gezeigt. Das sieht man sehr gut am Friedensengel: Das ist eben kein Foto des Friedensengels, es ist ein Foto des Blickes des Engels auf die Stadt - als würde ich ihm in der gleichen Position hinterherfliegen.

Oder das Foto mit den schneebedeckten Löwen der Quadriga auf dem Siegestor in der Ludwigstraße. Da stehe ich vis-à-vis vor der Bavaria und zeige, wie sie herausreitet aus der Stadt. Ganz wichtig ist dabei, auch die Feldherrnhalle zu sehen, wo sie herkommt. Das ist kein Foto der Löwen und der Bavaria, es ist ein Foto der Szene, des Inhaltes.

BR.de: Wenn man vor Ihren München-Bildern steht, erfasst einen der Schwindel, weil man glaubt, man stürze gleich auf den Marienplatz oder die Maximilianstraße. Wie erreichen Sie diese Wirkung?

Rainer Viertlböcks Blick auf die Maximilianstraße

Rainer Viertlböck: Ich denke, die schwindligsten Perspektiven sind die des Hubsteigers. Man bewegt sich in fünf, zehn, zwanzig oder dreißig Metern, also in einer erreichbaren Höhe und weiß trotzdem, dass man hier eigentlich nicht stehen kann. Dadurch erreiche ich eine Virtualität des Blickes und kann den Eindruck vermitteln, man schwebe hier, wo kein Turm ist, keine Brücke. Bei noch größeren Höhen geht das fast schon wieder verloren, da nähert man sich schon dem Luftbild, egal ob das dann 50 oder 600 Meter sind.

BR.de: Ihre Bilder sind an jeder Stelle gleich scharf, dadurch scheinen Hintergrund und Vordergrund gleichwertig – und der Betrachter verliert ein wenig die Sicherheit, die er eigentlich vor einem bekannten Motiv hat. Sie zwingen ihm quasi ihren neuen Blick auf. Haben Sie das zuvor schon einmal ausprobiert?

Rainer Viertlböck: Das ist jetzt eher ein klassisches Element der Architekturfotografie. Natürlich kann man da mit Unschärfen arbeiten, aber in der Regel ist man bemüht, ein Gebäude von vorne bis hinten scharf zu fotografieren. Das ist der Teil der Arbeit, der sehr traditionell ist bei mir. Ich verwende Fachkameras - wenn es geht, im Flugzeug also eher nicht. Aber da blende ich entsprechend ab und bin natürlich von den Objekten weit genug entfernt, um Tiefenschärfe zu haben. Wenn ich näher dran bin, möchte ich beispielsweise nicht den Friedensengel fotografieren und den Rest dahinter unscharf zeigen, sondern ich möchte die gesamte Stadt abbilden. Und das ist ein Handwerk.

Der Fotograf Rainer Viertlböck: München - mal anders

"Ich nutze das Wetter wie ein Maler Farbe."

BR.de: Viele der München-Bilder sind im Winter entstanden. War die Stadt im Schnee eine besondere Herausforderung?

Rainer Viertlböck: Hier auf der Maximilianstraße hatte es etwa 12 bis 15 Grad Minus. Ich hab eine Stunde gewartet - auf einem Riffelblech in 30 Metern Höhe. Das kann dann doch sehr kalt werden.

Meine Fotos bestehen ganz wesentlich aus zwei Elementen: Perspektive und Wetter, womit ich die Bilder praktisch ausmale. Die Quadriga sieht im Sommer komplett anders aus und erreicht überhaupt nicht die Wirkung des Winterbildes.

BR.de: Sie fotografieren Architektur, häufig moderne. Muss man die Münchner Highlight Towers anders fotografieren als die Kirche in Neudrossenfeld?

Rainer Viertlböck: Ich würde sagen: per se nein. Erstmal. Ich würde mir andere Wetter- und Lichtstimmungen suchen, und natürlich muss ich von den Highlight Towers andere Entfernungen einnehmen. Aber im Grunde geht es mir um das Gleiche, nämlich das Gebäude in seiner Form zu zeigen, wie es gedacht ist und wie man es vielleicht nicht unbedingt sieht, wenn man unmittelbar davor steht und nach oben blickt. Ich bin erstmal bemüht, ein Foto von dem Gesamten hinzubekommen, egal wie groß das Gebäude ist. Das habe ich bei der Kirche in Neudrossenfeld genauso gemacht wie bei den Highlight Towers. Es unterscheidet sich nicht fundamental. Jedenfalls ist die Art, wie ich darauf blicke, eine sehr vergleichbare.


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