Ein Portrait von Franziska Ehrnsperger Emanzipation im Lawinenwarndienst Bayern
„Drei Männer im Schnee“ - vor 65 Jahren kam dieser Film nach Erich Kästners Drehbuch in die Kinos. Drei Männer im Schnee – im übertragenen Sinn sind diese Zeiten längst vorbei, auch in der Bayerischen Lawinenwarnzentrale. Waren lange Zeit immer drei Männer für den täglichen Lawinenlagebericht zuständig, so mischt jetzt erstmals auch eine Frau mit. Franziska Ehrnsperger ist neben dem Leiter Thomas Feistl und Hans Konetschny die Dritte im Bunde, die den Lawinenlagebericht erstellt.
„Sei schlau, geh mit einer Frau“ heißt die Skitourendevise bei den Tiroler Nachbarn, und auch der Lawinenwarndienst Bayern ist jetzt noch schlauer geworden und hat Franziska Ehrnsperger für vier Jahre verpflichtet - als erste Frau im Team derjenigen, die den täglichen Lawinenlagebericht erstellen. Franziska Ehrnsperger ist bildhübsch, mit 25 Jahren quasi noch blutjung, aber bestens ausgebildet, also „schlau“. Sie hat in Innsbruck Geographie studiert und ihre Bachelor-Arbeit über den Temperaturverlauf in der Schneedecke geschrieben. Bei ihrer Forschung ging es auch um die Schneedecken über Permafrostzonen. Wie sich der Permafrost auf die Veränderung der Schneedecke auswirkt, hat sie im Kühtai an einem speziellen Standort mit einem kleinen Blockgletscher analysiert und dabei zwie Monate lang unzählige Schneeprofile gegraben. Im Zuge dieser Forschungsarbeit ist Franziska Ehrnsperger quasi zur Meisterin im Graben von Schneeprofilen geworden - da kann ihr so schnell kein männlicher Kollege das Wasser reichen ...
Ihre Masterarbeit schreibt Franziska Ehrnsperger über die „Schneedecken-Modellierung mit Snowpack“. Dabei werden die Schichtung der Schneedecke und die Mikrostruktur des Schnees auf der Basis von meteorologischen Eingangs-Daten des Deutschen Wetterdienstes beschrieben. Da es sich um ein theroretsihes Modell handelt, kommt es dabei sehr auf die Interpretation der Daten an und auf den Vergleich mit der Realität draußen im Gelände.
Ins „Gelände“, genauer gesagt in den Bayerischen Wald, kam die gebürtige Deggendorferin, die mit ihren bergbegeisterten Eltern und älterem Bruder dann bald in die Nähe von Regensburg zog, schon als Kind. Der Hirschenstein im Arberland war ein beliebtes Ziel, später ging es dann auch in die Alpen zum Wandern, Biken, Skifahren und Langlaufen. Zum Skitourengehen kam Franziska Ehrnsperger dann während des Geographie-Studiums in Innsbruck. Bei Neuschnee mal schnell am Vormittag eine kleine Skitour und erst nachmittags an die Uni oder abends noch auf eine gemütliche Hütte und im Licht der Stirnlampe abfahren – davon schwärmt jeder sportlich versierte Innsbrucker Student. Nur auf dem Glungezer war Franziska Ehrnsperger bis dato nicht oben, aber mit 25 Jahren kann man ja noch nicht alle Skitourenziele abgehakt haben. Dafür ist sie jetzt dienstlich oft in den Bayerischen Alpen unterwegs – am liebsten im Watzmannkar. Und natürlich gibt es auch noch Skitouren-Traumziele wie die Dolomiten oder Kanada.
An der Naturgefahr Lawine fasziniert Franziska Ehrnsperger die ambivalente Urgewalt des Schrecklich-Schönen Trotz aller Vorsicht und Kenntnis ist Bayerns erste „Lawinenlagefrau“ beim Skitourengehen auch selbst schon mal in eine heikle Situation gekommen – am 1760 Meter hohen Teufelstättkopf in den Ammergauer Bergen nach Neuschneefällen. Doch weil sie rechtzeitig umkehrte und über flaches Gelände abfuhr, ist nichts passiert. Überhaupt ist der Mut zur Umkehr keine Schande und das Bauchgefühl generell sehr wichtig, sagt Franziska – und auf das hören Frauen einfach mehr als Männer, vor allem, wenn sie in einer Gruppe unterwegs sind. Wie schon anfangs gesagt: Sei schlau, geh mit einer Frau. Und wie sieht die schlaue Frau im Team der bayerischen Lawinenlagebericht-Macher ihre berufliche Zukunft? Sie würde gerne langfristig beim Lawinenwarndienst bleiben und nebenbei auch noch eine Doktorarbeit schreiben.