Speicherbecken in den Naturwäldern bei Montiggl In Südtirol ist ein Wasserspeicher geplant - zum Preis wertvoller Waldflächen
Mit Hitze und Trockenheit führt der Klimawandel zu neuen Konflikten: Rund um den Kalterer See in Südtirol schlagen die Wellen jetzt hoch, weil Wasserspeicherbecken für den Obst- und Weinbau in Bergwäldern und Landschaftsschutzgebieten geplant sind.
Im warmen Frühjahr ist die Apfelblüte rund um Bozen schon durchs Land gezogen, das frische Grün hat die Berghänge erklommen, auch entlang des beliebten Wanderwegs durch die Rastenbachklamm oberhalb von Kaltern.
Der beliebte Wanderweg startet direkt am Kalterer See, führt über Brücken und Stiegen zu den Wasserfällen und hinauf in den Altenburger Wald. Die Klamm selbst ist ein Biotop, die Eichen- und Buchenwälder am Berghang haben Seltenheitswert in Südtirol. Fast ein halbes Dutzend Wanderwege führen durch das Gebiet Tramin – Kaltern – Rastenbachklamm. Die in heißen Sommern angenehm kühlen und schattigen Laubwälder sind beliebt und werden touristisch vermarktet.
Stauseepläne im Bergwald
Am Aussichtspunkt gut 300 Höhenmeter über dem Kalterer See reicht der Blick bis zum Rosengarten in die Dolomiten. Das Vulkangestein über der Etsch bricht in dieser Bergflanke hinauf zum Mendelpass in besonders schroffen Stufen ab. Die Hänge sind bewachsen, besonders auf den nahezu ebenen Felsstufen stehen dichte Wälder. Genau solche Geländemulden sind jetzt im Visier für Speicherbecken. Dabei handelt es sich um den "wahrscheinlich schönsten Buchenwald, den wir in Südtirol haben“, erklärt Norbert Dejori, Gymnasiallehrer aus Meran und Sprecher der Südtiroler Biologenvereinigung. Mehrere Dutzend Orchideenarten machen das ganze Gebiet für die Biodiversität unersetzlich. Den Bauplan bezeichnet er als "Frevel“.
Umweltverbände wollen den Wald schützen
Eine Fläche von rund acht Fußballfeldern würde der Stausee für 135.000 Kubikmeter Wasser mitten im Wald einnehmen. Auch den Montiggler Wald und das nahe Bärental stehen als weitere Standorte für Speicherbecken auf der Planungsliste. Der Alpenverein Südtirol bezeichnet sie als "unantastbares Allgemeingut“. Genauso wie der Heimatpflegeverband und örtliche Umweltgruppen hat sich der AVS klar gegen die Vorhaben ausgesprochen. Eine Nachfrage des Bayerischen Rundfunks beim landwirtschaftlichen Konsortium für den Speicherbeckenbau fällt sozusagen ins Wasser. Er sei dafür nicht zu sprechen, heißt es im Haus des Vorsitzenden.
Einspruch bei der Gemeinde
Nachdem der Heimatpflegeverband Einspruch eingereicht hat, liegt der Fall jetzt bei der zuständigen Gemeinde Kaltern und dürfte wegweisend sein. Denn in Südtirol werden immer mehr Speicherbecken gebaut, zunächst für den Kunstschnee, jetzt stehen Apfelplantagen, Wein- und Obstbau an. Die Vereinigung der Südtiroler Biologen fordert, nicht in die Natur einzugreifen, sondern vielmehr landwirtschaftliche Flächen für neue Speicherbecken für den Obstbau zu nutzen. Neben dem Natur- und Erholungswert bilde gerade der gewachsene Bergwald einen Wasserspeicher und Wasserrückhalt, der durch das Speicherbecken massiv geschädigt würde.
Zurück zu einer natürlichen Bewirtschaftung
Ein Alternativvorschlag der Naturschützer zielt auf die alten Wasserlöcher, die es bis vor 30 Jahren in der Obstkulturlandschaft im Tal gegeben hat - in Form von Weihern und Tümpeln. Statt neue Speicherbecken in natürliche Bergwälder zu betonieren, könnten solche Strukturen wieder aufgebaut werden. Alte Kulturtechniken wie diese wurden schon in früheren Jahrhunderten entwickelt und seien bestens mit der naturnahen Kulturlandschaft vereinbar, auf die Südtirol so stolz ist.
Lösungen liegen also in der Schublade, sie scheinen nur aus Sicht der heutigen industriellen Landwirtschaft unattraktiv zu sein.