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Gedanken zum Fluss ... von Wolfgang Binder

"Das Leben ist ein ruhiger Fluss", "Stadt, Land, Fluss", "Aus der Mitte entspringt ein Fluss" – in vielfältiger Weise ist der Fluss Thema in unserer Kultur. Gedanken des Journalisten Wolfgang Binder rund um den Fluss, damals und heute.

Stand: 06.02.2017 | Archiv

Die Wolga  | Bild: BR

Merksatz

„Iller, Lech, Isar, Inn fließen rechts zur Donau hin.
Altmühl, Naab und Regen kommen links entgegen.“

Das war ein beliebter und im Erdkundeunterricht auch sehr wertvoller Merksatz, um sich die wichtigsten Donaunebenflüsse auf bayerischem Gebiet einzuprägen. Wenn man die wusste, dann konnte eine Probe schon nicht mehr ganz schiefgehen und auch bei „Stadt, Land, Fluss“ war man für bestimmte Buchstaben bestens gerüstet.

Wie die einzelnen Flüsse heißen, ist die eine Sache. Wo ihr Ursprung liegt, die andere. Und wenn auch bei Robert Redford „aus der Mitte ein Fluss entspringt“, kommen unsere Flüsse hier in Bayern aus weit entfernten Quellen in Österreich, der Schweiz und Tschechien. Und aus dem Südschwarzwald. Auf einer Höhe von 1078 Metern über dem Meeresspiegel entspringt die Donau, mit 2857 Kilometern Länge nach der Wolga der zweitgrößte und der zweitlängste Fluss Europas. Sie fließt auf knapp 400 Kilometern durch Bayern und damit ist der „bayerische Amazonas“ eine ganz wichtige Lebensader und Wasserstraße.

Ursprünglich waren Flüsse und gebaute Kanäle wichtige Transportwege für die Güterschifffahrt – und sind es ja  heute noch. Neu dagegen sind die vielen Personenschiffsreisen, die in den letzten Jahren dazugekommen sind und immer beliebter werden. Ganz gemütlich vom Deck eines Flusskreuzfahrtschiffes aus die Landschaft genießen. Großartig.

„Landschaft mit Fluss“ heißt eine der ersten bedeutenden Darstellungen des Themas Fluss in der europäischen Kultur.

Das eine ist der Fluss, das andere die Landschaft drum herum mit all ihren Schönheiten. Schon Leonardo da Vinci hat diese „Landschaft mit Fluss“ auf einer kleinen, aber sehr feinen Federzeichnung aus dem Jahre 1473 verewigt und damit den Blick geweitet auf eine ganz besondere Kombination: Fluss und Landschaft, versehen mit Burgen und Schlössern in Mitten von Wiesen und Feldern. „Flusslandschaft“ - ein schöner Begriff. Kein Wunder also, dass der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll seinen letzten Roman aus dem Jahre 1985 „Frauen vor Flusslandschaft“ nannte, auch wenn damit eher die Villengegend am Rhein zwischen Bonn und Bad Godesberg gemeint ist. Und auch kein Wunder, dass seit dem Jahre 2000 die Auszeichnung „Flusslandschaft des Jahres“ ausgerufen  wird. Alle zwei Jahre wird dieser Preis seitdem verliehen und 2002/2003 gewann die Ilz. Kommt jetzt nicht in unserem Merkspruch vor, gehört aber zu den linken Nebenflüssen der Donau und mündet - neben dem Inn - in Passau in die Donau. Damit wird die Bischofsstadt mit ihrem barock–italienisch geprägtem Stadtbild zur „Drei-Flüsse-Stadt“ und damit auch zu einer Touristenattraktion. Das ist die eine Seite. Die andere ist brutal, grausam und immer wiederkehrend: das Hochwasser.

So schön Flüsse sind, manchmal sind sie auch eine Bedrohung, für die Stadt Passau leider regelmäßig.

Denn trotz moderner Technik und verschiedenster Vorkehrungen kann die Hochwassergefahr bis heute nicht vollständig eingedämmt werden. Die Jahrtausendflut im Jahre  2013 ist uns allen noch in Erinnerung. Und nicht nur Passau kann davon ein Lied singen. In Regensburg beispielsweise sind bei der historischen Wurstkuchl Pegelstände angezeichnet, die auf vergangene Hochwasser hinweisen und einen ungläubig zurücklassen.

Besonders angenehm dagegen sind die Radwege entlang verschiedener Flüsse, die gerade in den letzten Jahren von Menschen jeglichen Alters vielfach genutzt werden. Denn Fahrradfahren an sich bringt den Körper richtig auf Trab. Wer regelmäßig radelt, heißt es, stärkt die Pumpfunktion des Herzens, baut überschüssige Fettpolster ab, kräftigt Muskeln und Lunge und hellt meist seine Stimmung auf. Bei Flussradwegen kommt dann auch noch dazu, dass man sich  kaum mit Steigungen rumquälen muss und damit ein ganz entspanntes Radln möglich ist. Lebensgenuss pur.

Der Klassiker dabei: mit dem Fahrrad entlang der Donau nach Wien. Bestens ausgebaute Fahrradwege, landschaftlich ein Traum, kulinarisch nicht zu überbieten und mit Wien als Endziel eine unglaublich attraktive Stadt. Immer also an der Donau, an der schönen blauen Donau entlang. Das wird sich Johann Strauss im Winter 1866/67 auch gedacht haben, als er den berühmten Walzer komponiert hat, der zur heimliche Hymne Österreichs geworden ist. Überhaupt haben Flüsse mehrere Komponisten animiert, klangmalerisch ihren Verlauf auszudrücken. Von der Quelle bis hin zur Mündung verfolgt beispielsweise Friedrich Smetana die Moldau, den längsten Fluss seiner Heimat Tschechien. Und auch Ludwig van Beethoven beobachtet musikalisch das Treiben an einem Fluss im 3. Satz seiner 6. Sinfonie, der „Pastoralen.“

Bedrich Smetana | Bild: rechtefrei

Der Komponist Bedrich Smetana hat mit „Die Moldau“ das kulturhistorisch wohl bedeutendste Denkmal für einen Fluss gesetzt.

Und wenn ein bestimmter Fluss nicht musikalisch beschrieben wird, dann wird der Fluss an sich ganz oft zur musikalischen Bühne. Ob wild-romantisch mit Lagefeuerliedern  am Flussufer, oder wild-ausgelassen mit Partygesängen auf einem Isarfloß. Eine ganz spezielle Gaudi, die in den Sommermonaten für Einheimische und Touristen gleichermaßen attraktiv ist und die zeigt: Flüsse haben für Menschen seit jeher eine magische Anziehungskraft. Denn in Abwandlung von Gertrude Stein gilt auch hier: „Ein Fluss ist ein Fluss ist ein Fluss“.


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