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Im Interview Autor Peter Bradatsch

Peter Bradatsch, Autor der erfolgreichen bayerischen Serie FRANZI, hat bereits an Folgen der bekannten Serien "München 7" und "Café Meineid" mitgeschrieben. Woher er seine Inspiration nimmt und was das Besondere an der Arbeit zu FRANZI ist, hat er uns im Interview erzählt.

Von: Gabriele Scharf

Stand: 25.11.2011

Peter Bradatsch mit Regisseur Matthias Kiefersauer | Bild: BR, Annette Goossens

BR.de: Herr Bradatsch, war es nicht schwierig, für die erste Staffel von FRANZI die Rollen zu erarbeiten, ohne das Wissen, welcher Schauspieler/in die jeweilige Figur umsetzen wird?

Peter Bradatsch: Das hat eigentlich gar nicht so viel ausgemacht. Ich wusste nur immer, dass Gisela Schneeberger die Mutter sein sollte - warum, weiß ich nicht, aber das war mir total klar.

Jörg Hube

Und bei einer Folge sollte der Vater von Franzi auftreten, das war Jörg Hube, das wusste ich auch beim Denken über die Rolle. Wir kannten uns von der Arbeit zu Café Meineid und da wusste ich genau, wie der das spricht, macht, schaut und dabei geht. Das war schon toll. Und jetzt ist es natürlich umso mehr ein großes Vergnügen, weil ich die Schauspieler kenne.

BR.de: Schreiben Sie jetzt auch so manche Rolle auf den Leib oder bleiben Sie bei Ihrer Idee?

Peter Bradatsch: Die Idee, der Inhalt bleibt schon, aber in die Fiktion fließt viel mit rein, wie ich die Schauspieler jetzt kennengelernt habe. Das passiert ganz automatisch, ohne einen bewussten Vorgang. Wenn ich die Schauspieler vor mir sehe, dann weiß ich, was die auf keinen Fall sagen würden und wie sie ticken oder nicht - und das erleichtert sehr.

BR.de: Welchen Anspruch hätten Sie als Zuschauer an eine bayerische Serie?

Peter Bradatsch: Ich muss es glauben können, was da passiert, es muss möglich, nachvollziehbar sein und nicht beliebig. Es muss stimmen: Die Psychologie muss stimmen, die Leute müssen Menschen sein.

BR.de: Wenn der bayerische Humor ein wesentliches Element einer bayerischen Serie ist, ist es aber dann nicht ein hauchdünner Grad zwischen Authentizität und Persiflage? Oder steckt dafür zuviel Realität in Ihren Serien?

Peter Bradatsch: Ich glaube, eigenes Leben ist immer ganz viel drin und oft weiß man es auch gar nicht.

Vieles davon habe ich wirklich selber gehört oder gelesen und manches davon sind auch Bruchstücke aus authentischen Lebensgeschichten. Da kommt ein ganz schöner Zettelkasten zusammen mit der Zeit.

BR.de: Das heißt, Sie arbeiten nach Jean Pauls Prinzip, der sich, wann immer ihm etwas einfiel, es notierte und als Idee in seinem Zettelkasten für spätere Werke aufhob?

Peter Bradatsch: Ja, auch, das ist so ein Verhau, der zunächst ganz sorgfältig anfängt, mit Einteilung, kleinen Überschriften und in kürzester Zeit in einem Schnipselchaos mit Gummibändern drumherum endet. Aber eigentlich weiß ich, wo ich was finde, wo man nachschauen könnte oder was weiterhilft.

BR.de: Woher holen Sie sich Ihre Inspiration?

Peter Bradatsch: Von überall her. Ich bin viele Tage in Museen, höre ganz viel Musik, mache vielleicht eine kleine Reise. Beispielsweise haben wir den Schluss der ersten Staffel in Venedig gedreht und da war ich in dem Peggy Guggenheim-Museum. Man kommt dort in diesen kleinen Jackson Pollock-Raum hinein und da vibriert die Luft. Das ist so aufregend, dass man das Gefühl hat, Pollock würde über der Leinwand stehen und sich austoben - und das hat was. Das klingt vielleicht albern - aber was das für Inspiration bietet, geht bis in die bayerische Serie rein.

BR.de: Wie ist Ihre Vorgehensweise?

Peter Bradatsch: Am Anfang ist es so, dass man denkt, A muss B kriegen und wie steuert man da hin. Aber das ist irgendwann ausgereizt und jetzt denke ich, dass die kleinen "Geschichteln" das wichtigere sind. Es gibt beim Schreiben doch immer diese Qualphase, die immer wieder kommt und man lernt nichts dazu. Es wird nicht besser, nicht schlechter, es ist dieses über den Berg kommen. Und dann gibt es den Moment, da hab ich den Eindruck, der Kopf arbeitet selbstständig, wenn man zum Beispiel im Supermarkt ist, also etwas ganz anderes tut, und da passiert dann was - das sind die schönen Momente.

BR.de: Wie haben Sie für eine Serie schreiben gelernt?

Peter Bradatsch: Ich glaube, dass einem in der Praxis nur viel anschauen hilft. Alles sehen, was es gibt - Gutes und Schlechtes. Begonnen hat es mit meinem Einstieg in die Bavaria. Damals hatte die Bavaria eine Serie aus Australien eingekauft. Die musste nun jemand übersetzen und auf deutsche Verhältnisse umschreiben. Und da hat man mich gefragt. Durch das Übersetzen habe ich gemerkt, wie man ein Drehbuch schreibt - und das war der Anfang. Manches kann man lernen, aber ein Rezept gibt es nicht und für das Dialogschreiben sowieso nicht. Bei der Dramaturgie kann man die gröbsten Böcke wohl vermeiden lernen.

BR.de: Was ist die Motivation, warum man eine bayerische Serie schreiben will?

Peter Bradatsch: Ich denke, es sind die Figuren, die man erzählen mag. Bei mir sind es die Figuren, für die ich mir gerne vorstelle, was sie noch treiben könnten.

BR.de: Und eignen sich die Bayern dafür besonders gut?

Peter Bradatsch: Wahrscheinlich eignet sich jeder zum Geschichten erzählen, aber die Bayern sind mir halt auch ohne Text am nächsten. Hochdeutsch jederzeit, aber ich würde nicht in einem anderen Dialekt schreiben, das wäre eine Anmaßung, das würde ich mich nie trauen.

Autor Peter Bradatsch

Das Bayerische ist schon ganz besonders, weil das Unausgesprochene so wichtig ist. Wahrscheinlich ist das auch in anderen Dialekten so, aber da kann ich es nicht beurteilen. Ich denke, dass das Reizvolle das Nicht-Gesagte ist. Oder was jemand stattdessen sagt oder was jemand stattdessen wirklich meint. Das Bayerische hat fabelhafte Wörter, um etwas so haarscharf und so genau daneben zu beschreiben und dabei noch komisch zu wirken - das finde ich wunderbar.


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