Hintergrund zu "Klick gemacht" Interview mit Jörg Hube
Ringsgwandl hat in der Süddeutschen Zeitung vor einigen Jahren mal über Sie geschrieben: "Er ist einer der paar besten Kabarettisten im deutschsprachigen Raum und der Einzige, der damit nie Geld verdient hat." Am Ende geben Sie den Kommissar jetzt nur wegen des Geldes?
Nein (lacht). Der "Polizeiruf 110" ist mit das Beste, was das öffentlich-rechtliche Fernsehen produziert. So ein Angebot ist äußerst ehrenwert.
Aber Sie haben schon einmal abgelehnt, Kommissar zu werden.
Ja, als ich 45 war hatte ich mal das Angebot "Tatort"- Kommissar zu sein. Damals habe ich abgelehnt, weil ich die ganz Bandbreite des Rollenspiels noch abtasten wollte. Jetzt habe ich viel gespielt, fast alles ausprobiert und ich weiß auch, dass es wichtig ist, was in einen Schauspieler hineingesehen wird. Und wenn man mich jetzt als diesen Kommissar sieht, dann will ich mich dieser Zuschreibung nicht verweigern.
Papen ist aber auch ein ausgesprochen sympathischer Kommissar, verraten Sie uns bitte mehr über ihn.
Kommissar Friedrich Papen (Jörg Hube, 2. v. li.), Karras (Heinz Joseph Braun, Mi.) und Edgar May (Simon Licht)
Er hat eine Biografie die ganz offensichtlich während der 68er Zeit in eine bestimmte linke Ecke weist, jetzt ist er etwas geläutert - man könnte ihn einen Linksliberalen nennen. Außerdem ist er ein Polizist, der mehr gesehen hat als den klassischen Dienstweg, er war ja auch verdeckter Ermittler, hat mal in Asien gelebt. Da gibt es kulturelle Einflüsse und Erlebnisse, die sich in ihm abbilden und zu einer differenzierten Lebenshaltung geführt haben.
Seine Haltung gegenüber dem Kriegseinsatz ist aber eindeutig!
Ich denke, dass er grundsätzlich - und ich gebe zu, das entspricht mir - eine pazifistische Haltung hat. Und dass er jede Form von Dressur - im Sinne einer Abrichtung - ablehnt. Soldat sein ist ja eine Konditionierung für den Krieg. Man hat mal untersucht, dass Soldaten, die lesen, die schlechteren Soldaten sind. Denn wer liest, bekommt Weltkenntnis, bekommt Zweifel, und wer zweifelt, der schießt nicht gleich los.
Sie haben als Schauspieler, vor allem als Kabarettist, immer eine klare Haltung eingenommen, haben Flagge gezeigt, auch in Zeiten, in denen das nicht gerade üblich war. Wie fühlt sich das dieser Tage an?
Es ist natürlich schon befriedigend, wenn man sieht, dass sich eine grundsätzliche Skepsis gegenüber einer radikalen Marktwirtschaft jetzt bestätigt. Der Markt allein kann nicht die höchste Maxime für das Glück der Menschen sein. Das wirkliche Glück kann nur die Solidarität und Empfindsameit gegenüber Menschen sein.
Theater, Film, Kabarett, welche Facette reizt Sie an welcher Arbeit?
Jede Arbeit beinhaltet andere Glückseligkeiten und Ansprüche. Beim Fernsehen ist es dieses völlige Außerachtlassen von falschen Gebärden. Dieses Vermeiden von Effekthaltungen. Wobei viele Comedy-Produktionen im Fernsehen sehr effekthaschend sind, deshalb mag ich sie auch nicht. So verdirbt man die Sensibilität der Menschen.
Beim Theater ist das Schöne vermutlich der gemeinsame Raum mit dem Publikum?
Im Theater spüre ich, was die Leute denken, fühlen, wollen, wie sie lachen und kann mich meiner und der Menschen vergewissern. Und diese Interaktion ist etwas Unglaubliches.
Das Kabarett scheinen Sie aber auch zu lieben, wenn Sie sich den Stress immer wieder antun.
Es macht mir Spaß "back to the roots" zu gehen. Es ist der Beginn unseres Gewerbes: den Wagen vollzuladen, ein paar Requisiten zu haben, die Bühne auf- und abzubauen und das auch selbst zu machen. Nicht der große Künstler, der auf die Bühne geht und sich dann nach Hause fahren lässt. Sondern diese ganze Maloche selbst zu tätigen, da hat man das Gefühl, dass man lebt. Ich bin nirgends so lebendig, wie wenn ich mich in meinem VW-Transporter setze und losfahre zu einem Kabarettauftritt.
Apropos "lebendig" - wie war es für Sie mit Stefanie Stappenbeck zu arbeiten?
Stefanie ist eine ziemlich wache Person und sie ist eine junge Frau, die weiß, was sie will. Heutzutage sind junge Frauen ja anders, als zu der Zeit, in der ich jung war. Da waren sie noch nicht so emanzipiert und selbstbewusst. Das erzeugt natürlich eine gewisse Spannung zwischen einem alten, autoritären - wenn auch geläuterten - Knacker und einer jungen, selbstbewussten Frau, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt (lacht). Wir haben uns sehr gut verstanden und es war ein sehr direktes Spielen mit ihr!
Das Spielerische beim Schauspielen ist Ihnen wichtig, nicht wahr?
Im Spiel ist der Mensch wirklich Mensch. Kinder lernen am besten durch Spiel, das Spiel ist etwas anderes als die Dressur: es bedeutet immer einen Funken von Anarchie!
Die FAZ nannte Sie mal eine "schützenswerte Pflanze im bayerischen Biotop". Wie verstehen Sie das?
Ich denke, das meint: "Das ist jetzt kein Dutzendbayer, und einer bei dem man das Bayerische aushält!" (schmunzelt)
Wie wichtig ist das Bayerische für Sie?
Sehr wichtig, es ist bei aller Fremdheit, die man überhaupt gegenüber dem Leben empfinden kann, das Bayerische, das mir bekannteste Klima, da kenn ich mich wenigstens ein bisschen aus. Was das Fremdsein nicht immer nimmt. Bayern kann für mich genauso fremd sein wie China, aber in Bayern verstehe ich immerhin noch einiges. Nicht alles, das wäre gelogen, dazu ist es zu abgründig.