Winterbräuche in Südtirol Um den Dreikönigstag
Nacht auf
Dienstag, 07.01.2025
04:45
bis 05:20 Uhr
- Untertitel
BR Fernsehen
In St. Pankratz, dem ersten Dorf des Ultentals, ziehen die Drei Könige von Hof zu Hof, singen und lassen Weihrauch und Kreide im Haus. Der alte Ebnerbauer merkt an ihrem Erscheinen, dass wieder "Kining" ist und so weiß er auch, dass er bald hundert Jahre alt sein wird. Zur gleichen Zeit stapft ganz hinten im Tal in St. Gertraud am Oberhof ein Mann durch den Schnee. Es ist Luis, der Bauer vom Oberhof. Er betet den Rosenkranz und segnet und bespritzt mit dem "Kiningwasser" seine Wiesen und Fluren. Am Abend nimmt er den Weihrauch, den die Drei Könige gebracht haben, und streut ihn auf die frische Glut eines Rauchfasses. Das Rauchfass schwingend ziehen Luis und seine Familie durch Haus, Scheune und Stall. Um "Kining" herum ist die Zeit, in der geschlachtet wird. Auf vielen Südtiroler Bauernhöfen ist die Stube jetzt der einzige warme Ort im Haus und so wird hier nicht nur gewurstet, es wird auch genäht, es werden die Körbe geflickt und Geschichten erzählt. So erzählt Zilla, die Oberhofbäuerin, die Geschichte ihrer alten Nähmaschine, auf der sie immer noch näht, und Luis berichtet von der kleinen Meise, die jedes Jahr vor dem ersten Schnee mit ihrem Schnäbelchen ans Stubenfenster geklopft hat und eingelassen werden wollte. Die Oberhofer haben ihr dann die Flügel gestutzt, sodass sie den ganzen Winter nur noch am Boden herumhüpfen konnte. Das hatte seinen Grund. Sie musste zusammen mit anderen Vögeln die vielen Flöhe aufpicken, die in der Oberhofer Stube, so wie in allen Stuben damals, am Boden herumsprangen.
Autor/Autorin:
Josef Schwellensattl
Redaktion:
Yvonne Belohlavek