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TV Kroatien Der erste Kroate im Kongo

Dem vor 155 Jahren geborenen und vor 100 Jahren verstorbenen Dragutin Lerman blieb die Anerkennung als Wissenschaftler bisher verwehrt. Erst vor kurzem wurde in seinem Geburtsland Slawonien eine Gedenktafel aufgestellt.

Von: Sanja Pražen

Stand: 27.01.2019 | Archiv

Dragutin Lerman | Bild: BR

Hundert Jahre nach seinem Tod wurde inmitten von Požega ein Relief mit der Abbildung jenes Mannes angebracht, dessen Existenz die Stadt Jahrzehnte lang verdrängt hatte: Dragutin Lerman, kroatischer Reiseschriftsteller und Forscher, war Mitglied der bekannten Expedition von Henry Morton Stanley, der im Auftrag des belgischen Königs die afrikanische Republik Kongo erforschte und kolonialisierte.

Die erste Kongoreise haben lediglich Stanley und Lerman überlebt. Alle übrigen Mitglieder der Expedition starben. In 14 Jahren war Lerman vier Mal im Kongo und wurde von der belgischen Regierung zum Gouverneur des östlichen Kwango ernannt. Lerman war bestrebt, das Land friedlich zu kolonialisieren. Er machte Aufzeichnungen über die Bräuche und die Lebensart der Eingeborenen. Die Briefe an seinen Freund in Požega wurden zu zwei Reisebüchern zusammengefasst und aus seinen Reiseerinnerungsstücken entstand eine wertvolle ethnographische Sammlung.

"Aus Lermans afrikanischen 1988 veröffentlichten Tagebüchern und den Tagebüchern aus Kreševo geht hervor, dass er ein Menschenfreund war. Seinen Briefen nach zu urteilen, kämpfte er gegen die negativen Einflüsse der Kolonialisten."

Maja Žebčević Matić, Leiterin des Stadtmuseums in Požega

Maja Žebčević Matić

Lerman kehrte 1896 als erfolgreicher Mann nach Požega zurück:

"Sein innigster Wunsch nach seiner Rückkehr aus Afrika war es, Požega und der gesamten Region Aufklärung und Fortschritt zu bringen."

Maja Žebčević Matić, Leiterin des Stadtmuseums in Požega

In Požega eröffnete er eine Bank, die an Weinbauern Kredite ohne Zinsen für den Aufbau von Weingärten nach der Reblausplage vergab. Er fand Investoren und eröffnete ein Bergwerk sowie eine Schuhcreme- und Brikettfabrik. 1909 stürzte jedoch seine Lebensgeschichte plötzlich wie ein Kartenhaus zusammen: Wegen einer Reihe unglücklicher Umstände ging er bankrott: Sein Kassier setzte sich mit einer großen Geldsumme ab, ein Blitz zerstörte seine Fabrik, sein Bergwerk wurde überschwemmt und sein Haus brannte ab.

Seine Frau fragte ihn, ob das nicht der Fluch des schwarzen Kontinents sei. Aber auch sie verlor er bald darauf. Ihr Vater setzte die Scheidung vom bankrotten Lerman durch. In der Hoffnung, wieder Wohlstand zu erlangen und seine Frau zurückzugewinnen, ging Lerman nach Bosnien, um Gold zu suchen. Gefunden hat er lediglich das Mineral Baryt, das in seinem Bergwerk bis zum letzten Krieg gefördert wurde. Er starb allein und mittellos in Bosnien an den Folgen tropischer Krankheiten. Lerman wurde entsprechend seinem Wunsch von Bergleuten beerdigt, die an seinem Grab eine Linde pflanzten.

Die Lebensgeschichte des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Forschers und Reiseschriftstellers Lerman liest sich wie ein Drehbuch. Und tatsächlich haben Mitarbeiter des Stadtmuseums Požega einen Dokumentarfilm über sein Leben in Auftrag gegeben. Lerman hat es jedenfalls verdient, einem breiteren Publikum vorgestellt zu werden.


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