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BR-München Die Forschungspioniere Schlagintweit

Das Tegernseer Tal in Oberbayern: Von hier aus erkundeten drei junge Männer aus München die Alpen bis nach Österreich. Ihre gemeinsame Leidenschaft: Forschen im Namen der Wissenschaft.

Von: Sabine Schmalhofer

Stand: 10.05.2015 | Archiv

Gebrüder Schlagintweit | Bild: BR

Die Brüder Schlagintweit - in den Alpen sammelten sie mit Erfolg erste praktische Erfahrungen für ihre späteren Expeditionen in fremde Länder.

Die Drei stammten aus gut-bürgerlichem Elternhaus, wohnten in der Münchner Altstadt und erhielten eine exzellente Ausbildung. Ihr Vater, ein renommierter Augenarzt, stellte Hauslehrer an, die unter anderem Zeichenunterricht gaben, was sich später als äußerst nützlich erweisen sollte.

Die Brüder waren sich sehr ähnlich: Robert, der jüngste, machte seinen Doktor in Geografie. Hermann wurde 1850 Professor für physikalische Geografie in Berlin und Adolph schlug die Professorenlaufbahn ein und war mit 24 Jahren bereits Privatdozent für Geologie in München.

Alexander von Humboldt

Die Zeichen standen gut für die Schlagintweits: sie konnten mit ihrem Wissen den berühmten Naturforscher Alexander von Humboldt beeindrucken. Und der öffnete ihnen die Türen zu ihrer großen Forschungsreise.1854 ging es los: Vom englischen Southampton segelten sie nach Indien. Dann marschierten sie zu Fuß weiter bis nach Zentralasien.

Landschaften und Tempel - alles dokumentierten die Brüder, die immer wieder getrennt reisten, um ein Maximum an Daten zu sammeln. Das Unternehmen war nicht nur voller Strapazen, sondern auch eine logistische Herausforderung.

"Man weiß aus den Reisebeschreibungen Hermanns, dass sie mit einer Karawane mit bis zu 120 Personen gereist sind. Diese Karawane bestand im wesentlichen aus vielen Helfern. Das waren Träger ihrer Instrumente. Sie haben eine reiche Instrumentensammlung mitgenommen für ihre Vermessungen, die sie machen sollten. Und die mussten sorgfältig verpackt an Stangen getragen werden."

Stefanie Kleidt

Stefanie Kleidt

Robert nutzte eine Fotokamera – für 1854 ultramodern. Adolph und Hermann griffen lieber zum Zeichenstift.

Sie waren gute Bergsteiger, aber keine Gipfelstürmer. Gletscherformationen, Wetter- und Klimadaten interessierten sie. Im Himalaya, dem Dach der Welt, erreichen sie Höhen von über 6700 Metern. Adolph gelangte bis an den Fuß des Nanga Parbat, ins sogenannte Rupal-Tal, und lieferte wertvolle Daten für die Gletscherforschung.

"Die Messungen, die die Schlagintweits seinerzeit an den Gletschern durchgeführt haben, sind heute noch aktuell. Aber vieles hat sich überholt. Das ist die Tragik des Forschungsunternehmens der Schlagintweits."

Stefanie Kleidt

Drei Jahre sind sie unterwegs, rund 30.000 Kilometer gereist. Auf der Heimfahrt nehmen Hermann und Robert das Schiff über Sri Lanka Richtung Heimat. Adolph will über den Landweg und Russland nach Hause. Ein fataler Fehler: Er wird er als vermeintlicher Spion verdächtigt und enthauptet, mit gerade mal 28 Jahren. Sein Todesdenkmal existiert heute nicht mehr.

Die beiden überlebenden Brüder erhalten einen Adelstitel. Hermann wird Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München, Robert in Gießen Professor der Geografie.

Mit über 14.000 Exponaten, darunter rund 700 selbstgemalte Landschaften und Skizzen, kamen sie zurück; davon Tier- und Pflanzenpräparate, sogar Menschenskelette und jede Menge Gesteinsproben. Eine gigantische Sammlung.

Im Alten Münchner Südfriedhof erinnert das Familiengrab an die Forscher, die in ihrer Heimat als Helden galten und heute fast vergessen sind.


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