Mensch gegen Virus Von der Spanischen Grippe bis Corona
Die Dokumentation schaut zurück auf die großen Pandemien des 20. und 21. Jahrhunderts. Mutter der modernen Pandemien“ wird die Spanische Grippe genannt. Sie forderte 1918/19 mehr Tote als der Erste Weltkrieg.
"Mutter der modernen Pandemien" wird die "Spanische Grippe" genannt. Sie forderte 1918/19 mehr Tote als der Erste Weltkrieg. Damals wussten die Menschen nur sehr wenig über diese Grippe. Erst 1997 gelang es, den genetischen Code der "Spanischen Grippe" zu entschlüsseln. Zweimal reiste Johan Hultin nach Alaska, nur ein Ziel vor Augen: Er hoffte, in den sterblichen Überresten von Grippetoten das Virus dingfest zu machen. Der schwedische Wissenschaftler berichtet in der Dokumentation, wie er es nach vielen Rückschlägen fand: konserviert in der vereisten Lunge einer Inuit-Frau.
Die Dokumentation schaut zurück auf die großen Pandemien des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Gesellschaften reagierten 1918/19 unterschiedlich auf die "Spanische Grippe": In einigen Ländern gab es Schulschließungen, die U-Bahnen fuhren nicht mehr, Kirchen waren geschlossen – ein Shut-down, soweit dies damals möglich war. Welche Maßnahmen waren wirksam? Und was geschah in solchen Ländern, die weiter machten wie bisher? Was haben die Menschen aus den großen Pandemien der letzten hundert Jahre gelernt? Die Heidelberger Medizinhistorikerin Karen Nolte legt in der Dokumentation ihre neuesten Forschungsergebnisse dazu offen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg raffte eine Grippewelle tausende Menschen in Ost- und Westdeutschland dahin. Doch 1957 ist Wirtschaftswunderzeit und nach den Schrecken des Krieges zählten Grippetote nicht allzu viel. Das schien auch 1968 noch so zu sein, als fast 100.000 an der "Hongkong-Grippe" starben. Zwar schlossen auch damals viele Schulen, aber nicht vorsorglich, sondern weil zu viele Lehrer erkrankt waren. Warum legt heute ein Virus, dessen Tödlichkeit wir noch nicht einmal ganz genau kennen, die ganze Welt lahm? Was ist anders geworden? Und müssen wir uns darauf einstellen, dass rund alle zehn Jahre ein neues Virus um die Welt reisen wird?
2002 traten in einer südchinesischen Provinz gehäuft atypische schwere Lungenentzündungen auf, die oft tödlich verliefen. Im Juni 2003 hatte die bis dahin unbekannte Infektionskrankheit 30 Länder auf sechs Kontinenten erreicht. Niederländische Wissenschaftler vermuteten damals schon, dass ein Virus von Tieren auf den Menschen übergegangen ist. Die Entschlüsselung zeigte, dass es ein Virus aus der Corona-Familie war. Den Namen SARS kennt heute fast jedes Kind – in Verbindung mit CoV-2.
Im Jahr 2009 ging von Mexiko aus eine neue Grippewelle um die Welt. Man nannte sie "Schweinegrippe", denn der Erreger H1N1 wies Teile des Erbgutes von menschlichen Grippeviren, aber auch von Viren aus Schweinen und Vögeln auf. Der Schwede Johan Hultin wies die enge Verwandtschaft zur "Spanischen Grippe" nach. Auch damals gingen in Deutschland täglich die Fallzahlen hoch. Zumeist verlief die Grippe mild, aber es gab auch hier weltweit Todesfälle. Relativ schnell stand ein Impfstoff zur Verfügung, der hierzulande Diskussionen auslöste wegen möglicher Nebenwirkungen der verwendeten Impfverstärker. Diese Debatten erscheinen aus heutiger Sicht eher wie ein Luxusproblem – die Schweinegrippe konnte eingedämmt werden, das Leben ging weiter wie gewohnt.
Die Autorin Simone Jung sucht für ihre Dokumentation Wissenschaftler und Ärzte auf, die damals Verantwortung trugen und fragt, ob unsere Gesellschaft genügend Lehren aus der Pandemie von 2009 gezogen hat.