Plastikmüll statt Mode Ersticken wir in Billig-Altkleidern?
Längst hat sich der Kleiderkauf vom Bedarf entkoppelt, ist zur Freizeitbeschäftigung geworden.60 Kleidungsstücke kauft jeder Deutsche pro Jahr. Doch die vielen Billigklamotten – meist aus Fasermix – schaffen am Ende ihres Lebens Probleme.
Helmut Huber, Altkleidersammler aus Nürnberg stellt fest: Die Qualität wird immer schlechter. Er muss rund ein Drittel mehr Ware abholen und sortieren, um gleich viele, tragbare Altkleider wie vor zehn Jahren zu erhalten.
Ein weiteres Problem: Billiger Fasermix lässt sich nicht recyceln, Outdoorbekleidung aus reinem Synthetik-Material, das weder saugt noch puffert, taugt nicht einmal mehr als Putzlappen. "Wenn sich nichts ändert", so Huber, muss die Kleidersammlung eines Tages bezuschusst werden." Dazu kommt, dass Synthetikfasern beim Waschen Mikroplastik ins Abwassersystem abgeben, und dass auf den Transportwegen von Mode riesige Mengen an Plastikverpackungsmüll anfällt. Zu allem Überfluss tragen Produktvernichtungen – gerade im Onlinehandel – zur Ressourcenverschwendung bei.
Franziska Uhl macht all das fassungslos. Die angehende Textilingenieurin aus Reutlingen ist durch Studium und Nebenjobs zur Kritikerin der Textilindustrie und des ungebremsten Kleiderkonsums geworden. Sie will in ihrem späteren Job nicht mithelfen, noch mehr billigen Fasermix zu produzieren. Auf der Suche nach Alternativen hat sie eine eigenwillige Lösung gefunden: Eine Naturfaser, die nicht extra produziert werden muss: Chiengora – Hundehaar! Weich wie Kaschmir und, wie Franziska sagt, "im Überfluss vorhanden". Gemeinsam mit einer Freundin hat sie inzwischen ein Start-up gegründet. Die ersten Wollknäuel liegen schon in den Ladenregalen.