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Strauß und Bayern (4) Gibt es noch echte Straußianer?

Die CSU tut, was sie kann, um die Erinnerung an Franz Josef Strauß aufrecht zu erhalten - und parteigemäß zu überhöhen. Im CSU-Online-Shop gibt es "FJS"-T-Shirts für Sie und Ihn ebenso wie Anstecknadeln zur zünftigen Heldenverehrung. Aber abgesehen vom Personenkult: Welcher aktive Politiker beruft sich heute wirklich noch in seinem politischen Handeln auf Strauß?

Von: Nikolaus Neumaier

Stand: 27.08.2015 | Archiv

Illu: Franz Josef Strauß;  Markus Söder mit Strauß-Plakat | Bild: Montage: BR; Facebook-Profil Markus Söder

Dass Franz Josef Strauß seinem Nachnachnachnachfolger Horst Seehofer im Arbeitszimmer der Staatskanzlei über die Schulter blickt, ist bekannt. Und auch bei Erwin Huber wundert es nicht. Der Ex-Parteichef und frühere Generalsekretär hat Strauß bei sich zu Hause in Niederbayern stehen:

"Ja, natürlich, ich habe in meinem Arbeitszimmer zu Hause eine Büste, die habe ich von den Erben bekommen, kurz nach seinem Tod. Eine Bronzebüste."

Erwin Huber, CSU

Seehofer und Huber, die beiden bekennen sich ohne Zögern „Straußianer“ zu sein. Die Parteikontrahenten haben FJS persönlich gekannt. Strauß war für sie Lehrmeister und Förderer:

"Ich habe ihn sehr bewusst erlebt, in meiner politischen Jugend. Und das waren emotional hoch anstrengende Momente. Das bestand nicht selten in einem starken Gewitter: Und das Zentrum dieses Gewitters war Franz Josef Strauß."

Horst Seehofer, CSU

Mit "emotionalen Momenten" meint Seehofer den berühmten Jour Fixe in der Staatskanzlei. Immer Montag vormittags - und mehr ein Rapport als eine kollegiale Sitzung. Heute beruft sich Seehofer gerne und oft auf "FJS". Weil der ihm beibrachte, bayerische Interessen ganz nach oben zu setzen, sagt er. Und: Weil er den jungen Seehofer an der "langen Leine" liess, ihm zum Beispiel die Verhandlungsführung bei Koalitionsverhandlungen übertrug.

"Das ist die Schlussfolgerung, dass der große Strauß delegiert - und sagt: wenn es dann wichtig wird, dann komm ich schon - das geht mir auch heute noch durch den Kopf."

Horst Seehofer, CSU

Erwin Huber, von Strauß in den späten 1980ern zum Generalsekretär gemacht, hat den "Großen Vorsitzenden" als großen Europäer erlebt, der sogar einen Europäischen Bundesstaat gewollt habe. Das wäre in der CSU zur Zeit nicht vermittelbar:

"Deswegen wundert es mich auch, wenn manche Epigonen heute mit einer sehr starken anti-europäischen Position hervortreten. Sie können sich meiner Meinung nach nicht auf Strauß berufen."

Erwin Huber, CSU

Strauß war für junge Politiker auch eine Art Lebensberater, sagt Erwin Huber und meint die Lehrsätze, die er den Jungen mitgegeben hat. Zu seiner Meinung zu stehen, Bayerische Interessen zu vertreten oder so zu reden, dass die Menschen es verstehen:

"Eine Botschaft rüberzubringen, dass man sich auch hinstellen muss, auch einmal gegen den Strom schwimmen."

Erwin Huber, CSU

Mit solch einer Prägung wie bei Seehofer und Huber kann Markus Söder nicht aufwarten. Schon rein altersmäßig kann er kein echter Straußianer sein. Und weil er sich zudem einmal als "Stoiber-Fan" outete, findet er jetzt die Bezeichnung „von Strauß geprägter Stoiberianer“ ganz passend - auch weil er so damit seine eigene Bedeutung betont:

"So wie Edmund Stoiber der engste Mitarbeiter von Strauß war, war ich sozusagen der engste Mitarbeiter von Edmund Stoiber."

Markus Söder, CSU

Dennoch gibt sich Söder gerne als Straußianer. Erst kürzlich postete er ein Foto von sich aus Jugendtagen - auf ein Strauß-Poster deutend. Man müsse jemanden nicht persönlich erlebt haben, um von ihm fasziniert zu sein, sagt Söder. Trotzdem würde auch er allzu gerne das Erbe von Franz Josef Strauß antreten. Doch ob es dazu kommt, bestimmt nicht er allein. Und als Strauß' politischer Testamentsvollstrecker versteht sich in erster Linie - Horst Seehofer:

"Ja in weiten Teilen fühle ich mich schon als Erbe, mache das auch so. Mir sagen Leute, die ihn noch enger erlebt haben als ich: Mach dir nichts,beim Franz Josef Strauß hat man auch immer alles verlangt - daß er das gegenüber dem Bundeskanzler durchsetzt. Aber es durfte nie ein Streit deswegen stattfinden."

Horst Seehofer, CSU


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