BR Fernsehen - Kunst + Krempel


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Spiller-Becher Leider gefälscht

Ein handwerklich tadelloser Glasbecher, der statt aus dem 18. Jahrhundert wohl doch aus jüngster Zeit stammt, was sich auch preislich niederschlägt.

Stand: 11.04.2012 | Archiv

Spiller-Becher: Leider gefälscht

Der Becher erinnert stark an die Kunst des begnadeten Hofglasschneiders Gottfried Spiller (1663 bis 1728). Spiller arbeitete am Potsdamer Hof, einem der Zentren der Glasherstellung. Im frühen 18. Jahrhundert waren die besten Handwerker dieser Zunft von Böhmen und Schlesien aus an bedeutende europäische Höfe gewandert, wo Glasschneider wie Gottfried Spiller große Aufträge bekamen. Spiller beherrschte die Kunst des Tiefschnitts in Glas perfekt. Wäre dieser Becher wirklich von seiner Hand, würden dafür Preise zwischen 200.000 und 300.000 Euro gezahlt werden.

Der fein geschnittene Glasbecher zeigt ein fröhliches Gelage trinkender und rauchender Soldaten, kein geläufiges Motiv von Spiller, aber ein mögliches. Gern haben Glasschneider Szenen bekannter Maler oder Graphiker als Vorlagen verwendet, in diesem Falle vielleicht eine von Philippe Canot. Durch den Tiefschnitt wirken die Figuren lebendig und plastisch – die Wandung des Bechers ist fast 10 mm dick. Obwohl er von sehr guter Qualität ist, ist sich die Fachwelt einig, dass es kein Original von Gottfried Spiller ist. Unter anderem erscheint das Glas zu 'sauber', also nicht krisselig; ein Hinweis darauf, dass es aus jüngster Zeit stammt. In Polen und Nordböhmen, also Tschechien, arbeiten auch heutzutage hervorragende Glasschneider, die das Glas nach Spiller gefertigt haben könnten.

Fakten:

  • Geschätzter Wert: 1.000 Euro
  • Datierung: 20. Jahrhundert
  • Herkunft: Polen oder Tschechien
  • Sendung vom 14. April 2012

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