Mondsichel-Madonna Renaissance aus der Retorte
Das 'gelungene' Beispiel für die Fälschung einer Renaissance-Figur: die Gussmasse, die scheinbare Patina und die vorgetäuschte Reparatur an der Hand dieser Mondsichel-Madonna stammen aus dem 20. Jahrhundert.
Oberflächlich betrachtet könnte diese liebliche Mutter Gottes mit dem Jesusknäblein auf ihrem Arm – durch die Erdkugel als Weltenherrscher ausgewiesen - aus der Zeitenwende vom Spätmittelalter zur Renaissance stammen. Der Faltenduktus der Gewänder weist in die Zeit um 1500. 'Alt' schaut die Figur auch aus: ihre Oberfläche ist angegriffen, die ungewöhnliche rötlich-gelbliche Färbung des Materials wirkt abgegriffen und die linke Hand der Mondsichelmadonna ist repariert.
Will man aber die Wahrheit wissen, hilft ein Blick auf die Rückseite der Figur: die typische Höhlung, die das Reißen des Holzes verhindert, fehlt. Dafür finden sich Lackfarbe und verräterische Bläschen. Es handelt sich nämlich nicht um Holz, sondern um eine gegossene Masse. Die Madonna ist also keine Originalfigur, sondern ein auf alt getrimmter Abguss. Sie wurde wohl Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sehnsucht nach der 'guten alten Zeit' in Deutschland sehr groß, das Angebot an alten Originalen aber klein: die Stunde der Fälscher war gekommen.
Fakten:
- Geschätzter Wert: 50 bis 100 Euro
- Datierung: 20. Jahrhundert
- Sendung vom 21. Juli 2012