Die "gelassene" Haltung des Gekreuzigten in Form des Dreinageltypus' ist typisch für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit war es sehr populär, Pilgerfahrten nach Palästina zu unternehmen. Begüterte Pilger konnten in den Haupt-Wallfahrtsstätten Jerusalem und Bethlehem aus einem großen Angebot an solch aufwändig gearbeiteten Kruzifixen auswählen.

Dieses Kruzifix besteht aus drei Materialien: Holz, Elfenbein- und Perlmutteinlagen. Für letztere wurden sogar Muscheln aus dem Indischen Ozean eingeführt. Aufwändig in Perlmutt eingelegt sind die Schmerzensmutter Maria und ein Strahlenkreuz mit dem Wappen des Franziskanerordens: Die eine der beiden übereinander gekreuzten Hände steht für Christus, die andere für Franziskus. Vor allem die im Heiligen Land zahlreich vertretenen Mönche des Franziskanerordens verdienten sich mit Devotionalien ihren Lebensunterhalt.

In die Rückseite des Kruzifix ist ein weiteres, schlichtes Kreuz eingearbeitet – wohl eine Berührungsreliquie. Wenn es stimmt, dass dieses Holz mit einem Teil vom wahren Kreuz Christi in Berührung gekommen ist, dann geht, nach katholischem Glauben, die Heilskraft Christi darauf über. Damit hätte sich dieses Wallfahrtsandenken zu einem Devotionaliengegenstand für daheim gewandelt.