Wandel im Einzelhandel Dorfladen-Boom auf dem Land
Der Einzelhandel auf dem Land ist im radikalen Wandel. Einerseits machen Traditionsgeschäfte reihenweise zu. Anderseits schießen derzeit neue Dorfläden wie Pilze aus dem Boden. Ein neuer Tante-Emma-Trend.
Früher waren sie in jedem Dorf zu finden, teilweise sogar mehrere in einem Ort: kleine Lebensmittelgeschäfte. Meist Familienbetriebe. In den Läden gab es alles, was man für den täglichen Bedarf brauchte.
Knallharter Konkurrenzkampf
Über die vergangenen Jahre mussten viele dieser Dorfläden schließen. Der Konkurrenzkampf im Lebensmitteleinzelhandel ist zu groß. Zuerst kamen die großen Supermarktketten in die Kleinstädte auf dem Land, dann die Discounter. Nach den Großstädten machen sich Aldi, Lidl, Netto, Penny und Co. nun auch in der Fläche breit.
Darüber hinaus kämpfen die Dorfläden mit dem Bevölkerungsschwund auf dem Land. Die Stammkundschaft von früher gibt es nicht mehr. Die heutigen Senioren sind in der Regel rüstig und mobil. Viele erledigen inzwischen ihre Einkäufe in den Städten.
Neue Geschäfte auf dem Land
Aber: Nach Jahren des Geschäftssterbens boomt nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks ein neues Geschäftsmodell auf dem Land. Es handelt sich um Dorfläden, in der Hand von Bürgern. In Bayern sind zuletzt etwa 170 dieser Geschäfte wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zahlreiche weitere sind in Planung. Was haben diese neuen Läden, was die alten nicht hatten?
Zum größten Teil sind es Bürgerinitiativen, die die neuen Dorfläden planen. Erst wenn der letzte Laden im Ort geschlossen ist, wird vielen bewusst, welche große Bedeutung die kleinen Geschäfte für die Ortschaften haben.
Bürgerbeteiligung als Erfolg
Die Finanzierung wird meist über die Bürger, die Kommune und Landeszuschüsse gestemmt. Für den Handelsfachwirt und Unternehmensberater Wolfgang Gröll macht die Bürgerbeteiligung auch den Erfolg der Läden aus – ganz nach dem Motto 2Wer den Laden mitfinanziert, kauft auch in ihm ein".
Gröll hat sich vor 25 Jahren auf Dorfläden spezialisiert und gilt heute als der "Dorfladen-Coach" in Bayern. Neben der Bürgerbeteiligung setzt er vor allem auf frische Ware wie Fleisch, Wurst, Käse und selbstgemachte Salate: "Je näher der Laden am Verbraucher ist, desto mehr muss er diese Frische anbieten".
Neue Trends, neue Konzepte
Dazu kommen clevere Verkaufskonzepte mit neuen und regionalen Produkten. Nur, wer sein Sortiment ständig überarbeitet und neue Trends berücksichtigt, kann auf Dauer bestehen, ist sich der Handelsexperte Wolfgang Gröll sicher. Genau das habe die frühere Generation von Dorfläden versäumt. Gröll: "Viele kleine Läden sind in der Entwicklung vor zehn oder 15 Jahren stehen geblieben."
Preise wie im Discounter
Besonders wichtig: die Preise. Grundnahrungsmittel wie Butter, Milch oder Mehl müssen in den Dorfläden so günstig sein wie bei den Discountern. So verlieren sie das Image vom teuren Krämerladen um die Ecke. Aber am restlichen Sortiment sollen die Händler durchaus durch leicht höhere Preise verdienen. "Da schaut der Kunde nicht so genau darauf", so Wolfgang Gröll.
Bisher gehen die Pläne im Kampf gegen das Dorfladen-Sterben auf. Der Verkauf läuft in den meisten neuen Tante-Emma-Läden gut. So geht der Dorfladen-Boom auf dem Land weiter.