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Seniorenzuschlag Wie ältere Kunden draufzahlen

Im Alter wird es teuer: Senioren zahlen bei Kfz-Versicherung, Reiseschutz und Mietwagen inzwischen oft hohe Zuschläge. Sie gelten für viele Anbieter als Risikogruppe. Doch nicht immer ist der Aufpreis gerechtfertigt.

Von: Vanessa Lünenschloß

Stand: 17.05.2017 |Bildnachweis

Wie ältere Kunden draufzahlen | Bild: BR

Wolfgang Behrendt aus dem Landkreis Traunstein im Chiemgau ist ein echter Autofan. In jungen Jahren war er Motorsportler und auch heute fährt er immer noch so viel wie möglich – rund 18.000 Kilometer pro Jahr. Für ihn spielt keine Rolle, dass er inzwischen 71 Jahre alt ist.

"Ich fühle mich jung, fit. Ich fahre im Urlaub zum Beispiel an die Ostsee, an die Nordsee - das Auto ist einfach mit mir verwachsen."

Wolfgang Behrendt

In 50 Jahren Führerscheinbesitz hatte er gerade mal zwei Blechschäden – das lohnte sich bei der Kfz-Versicherung. Er blieb lange beim gleichen Versicherer, bekam hohe Rabatte und zahlte einen niedrigen Beitragssatz von gut 525 Euro jährlich. Bis vor zwei Jahren.

Preissprung bei der Kfz-Versicherung

Da erhöhte sich seine Prämie auf über 591 Euro, obwohl Tarifmerkmale wie die Regionalklasse in seinem Vertrag günstiger geworden waren. Erst nach mehrmaligem Nachfragen bei seiner Kfz-Versicherung, klärte diese auf, was die Ursache ist: Wolfgang Behrendts Alter.

"Da habe ich mich geärgert, weil ich mich einfach gar nicht so alt fühle."

Wolfgang Behrendt

Inzwischen läuft die Kfz-Versicherung über seine Frau, die drei Jahre jünger ist.

Risikogruppe Senioren

Fahranfänger kennen das Problem: Sie gelten im Straßenverkehr als Risikogruppe und steigen bei der Kfz-Versicherung mit besonders hohen Prämien ein. Inzwischen müssen aber auch Ältere mehr zahlen, selbst wenn sie schon Jahrzehnte bei ihrer Versicherung sind. Ab Ende 60 steigen ihre Prämien deutlich: Je nach Altersgruppe sind 50 bis 80 Prozent Seniorenzuschlag keine Seltenheit. Der Auto Club Europa hat aktuell Tarife verglichen.

"Bei 70 fängt es eigentlich an. Und dann sind da große Sprünge, 75, 80, 85. Und ab 85 dann wird es dann richtig extrem teuer."

Robert Bauer, ACE Auto Club Europa

Ab 85 Jahren klettern die Tarife der teuersten Anbieter um bis zu 140 Prozent nach oben. Das heißt, wer als 60-Jähriger etwas über 700 Euro jährlich gezahlt hat, kommt dann auf 1700 Euro. Die Versicherer erklären mehr/wert gegenüber, dass ein Preisanstieg  "marktüblich" und das Alter nur "eines von vielen Tarifmerkmalen" sei.  Außerdem verursachten Senioren im Straßenverkehr mehr Unfälle. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft empfiehlt daher seit  2012 einen Zuschlag für Fahrer ab 68 Jahren. 

"Dieser Zuschlag ist an der Stelle auch ganz sachgerecht, weil es eben tatsächlich einen Beleg gibt, nämlich diese Unfallstatistiken der Versicherer."

Kathrin Jarosch, GDV Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft

Der ACE hat den Versicherungsombudsmann befragt, ob diese Preisgestaltung rechtens ist. Es gab keine Einwände.

Verstöße bei Mietwagen-Preisen

Nicht nur beim Auto gibt es Seniorenzuschläge – sondern auch auf Reisen. Solche Extrakosten sind dann in Ordnung, wenn sie für Kunden in Internet klar erkennbar sind. So muss bei vielen Jahresreiserücktrittsversicherung das Alter schon bei der Buchung angegeben werden. Manche Tarife springen für Über-65-Jährige dann beispielsweise von 79 auf 149 Euro. Das ist ein kräftiger Zuschlag, aber immerhin ändert sich der Preis sofort.

"Das ist dann eben für den Verbraucher umso wichtiger hier zu vergleichen, welche Preise sind denn für mich als Verbraucher mit meinem Alter noch das günstigste."

Tatjana Halm, Verbraucherzentrale Bayern

Bei Mietwagen für Auslandsreisen ist das teils weniger transparent. Wir finden bei mehreren Anbietern, die Autos für beliebte europäische Urlaubsländer an Deutsche vermieten, Extrakonditionen.

Teils sind es nur seltsam anmutende Anforderungen an Senioren: Auf Englisch wird da verlangt, dass sie ihre Fahrtüchtigkeit durch ärztliche Atteste und Schreiben ihrer Versicherung belegen. Andere Anbieter verstecken Angaben zu Seniorenzuschlägen im Kleingedruckten. Da wird eine Gebühr fällig, die bei der Buchung im Endpreis nicht auftaucht. Ein Verstoß.

"Wenn hier altersbedingt Zuschläge dazukommen, muss das bereits bei der Preisgestaltung mit dargestellt werden, und sich nicht im Nachhinein aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben, die, seien wir ehrlich, eigentlich auch keiner genau durchliest."

Tatjana Halm

Mancher entdeckt diese versteckten Seniorenzuschläge wohl erst bei der Ankunft im Urlaubsland.

Seniorenzuschlag bei Mietwagen

Wir haben elf Autovermieter, die sich auch an Kunden in Deutschland wenden, gefragt, ob und in welchen Ländern sie Seniorenzuschläge erheben, wie hoch diese sind oder wie die Kunden darüber informiert werden. Sechs haben geantwortet:

Die Antworten

Sunnycars

"An manchen Zielorten gibt es eine Höchstaltersbeschränkung. Welches Höchstalter zutrifft und ob eine Anhebung der Altersgrenze gegen Gebühr möglich ist, hängt dabei vom Zielort ab. Die Einschränkungen legen auch nicht wir fest, sondern der Fahrzeugflottenanbieter, mit dem wir im jeweiligen Zielgebiet zusammenarbeiten und dessen Fahrzeuge wir vermitteln."

Wie hoch die Zuschläge sind und welches Alter sie betreffen orientiert sich laut Sunnycars an den Bestimmungen des Fahrzeugflottenanbieters. 

"Es ist jedoch zu empfehlen, sich vor der Mietwagenbuchung über eine mögliche Altersbegrenzung zu informieren, wenn man über 65 Jahre alt ist. Eine zusätzliche Versicherung wird nicht abgeschlossen, aber es kann zu möglichen Preisaufschlägen bei höherem Alter kommen." Über Zusatzkosten könnten sich Kunden über die Reservierungszentrale der Firma informieren.

So begründet Sunnycars mögliche Zuschläge: "Es steht außer Frage, dass das Thema "Fahrtüchtigkeit älterer Menschen" ein sehr sensibles Thema ist. Ebenso ist es eine Tatsache, dass mit zunehmendem Alter die sensorischen Fähigkeiten nachlassen sprich das Seh- und Hörvermögen lässt allmählich nach, die Reaktionszeit verlängert sich und die Reflexe werden langsamer. Natürlich ist das eine individuelle Entwicklung, aber für Fahrzeugflottenanbieter heißt dies konkret, dass sie durchaus mit älteren Kunden konfrontiert werden können, bei denen die Unfallgefahr schlichtweg höher ist. Da es in Deutschland aber – anders als in anderen europäischen Ländern – keinen Fahrtauglichkeitstest für Senioren gibt, müssen andere und für alle gleiche Regularien geschaffen werden, um sich hier abzusichern. Daher kann es für ältere Mietwagenkunden durchaus zu Zusatzkosten kommen, eine zusätzliche Versicherung müssen sie aber nicht abschließen. Und natürlich werden sie vorab über die jeweiligen Konditionen informiert."







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