Im Interview Polizeiruf-Redakteurin Cornelia Ackers
Wenn wir vor Augen haben, worauf das Leben in großem Bogen zuläuft - auf den Tod nämlich -, dann können wir sehen: In was haben wir uns verrannt? Welche Fronten haben wir aufgebaut? Angesichts des Todes hören all diese Gegensätze auf.
Ihre Filme haben sehr oft einen persönlichen Ausgangspunkt. Was hat Sie zu "Denn sie wissen nicht, was sie tun" inspiriert?
Cornelia Ackers: Es war eine Begegnung mit einem Menschen, der ganz schlimm an Krebs erkrankt war. Das war jemand, der aus dem Orient kommt, aber in Deutschland aufgewachsen ist. Innerhalb seiner Familie trafen sich Orient und Okzident und alle Unterschiede und Widersprüche, die damit verbunden sind. Ich habe ihn sehr nahe begleitet und in diesen Gesprächen gemerkt, dass im Angesicht des Todes all diese Gegensätze aufhören.
Gegensätze, die vorher wie unüberwindbar dastehen ...
Cornelia Ackers: Ja. Peter Brook hat darüber ein Stück gemacht, das heißt "Eleven and Twelve" und treibt das auf die Spitze. Da gibt es innerhalb einer religiösen Gruppierung unterschiedliche Auffassungen, ob man sich erst elfmal zu Allah verbeugt haben muss vor dem Gebet oder zwölfmal. Über diese Frage kriegt sich die Gemeinschaft so in die Wolle, dass keine Verständigung mehr möglich ist.
In "Denn sie wissen nicht, was sie tun" rennt auch einer erst gegen die Wand, um dann zu erkennen, dass sich alles, was vorher so wichtig und wahr schien, ganz und gar egal ist, dazu musste der Attentäter überleben …
Cornelia Ackers: Ja, das ist das Besondere an dem Film, dass ein Selbstmordattentäter das eigene Attentat überlebt. Das heißt, er kann die ganzen Folgen seinen Tuns sehen. Und wenn wir vor Augen haben, auf was das Leben in einem großen Bogen zuläuft, dann können wir sehen: In was haben wir uns verrannt? Welche Fronten haben wir aufgebaut? Vor dem Tod löst sich dann alles auf.
Das heißt, "Denn sie wissen nicht, was sie tun" ist eher ein Film über jedwede Form des "Sich Verrennens" und weniger ein politischer Film?
Cornelia Ackers: Der Junge im Polizeiruf ist ein privater Attentäter, also keiner, der in politische Organisationen verstrickt ist. Seine spezielle Biografie hat ihn in eine Verengung, in einen Fanatismus hineingedrängt. Schließlich überhöht er die Dinge religiös und sieht dann nur noch den Ausweg des Bombenattentats.
Kann ein Film wie "Denn sie wissen nicht, was sie tun" die Angst vor Attentaten schüren?
Cornelia Ackers: Wenn man das glaubt, dann dürfte man keine Filme über vergiftete Lebensmittel, über Wirtschaftskrisen oder Flugzeugentführungen machen. Das Thema ist ein Bestandteil unseres Lebens und nicht unsere Erfindung.