Party Refugee Jam
Mit den Flüchtlingen kommen auch neue Popkulturen nach Deutschland. "Refugee Jam" heißt eine Partyreihe in München, in der Neuankömmlinge die Musik ihrer Heimat auflegen.
Chinedu Chikwem kommt aus Nigeria. Musik, sagt er, ist dort eine Art Medizin.
"Manche sagen: Es ist ein Schlafmittel für Leute, die nicht schlafen können. Manche sagen: Musik macht mich gesund. Manche sagen: Ohne Musik kann ich nicht weiterleben."
Chinedu Chikwem
Für Paalimameh Ceesay aus Gambia ist Musik ein Lebensgefühl.
"Bei mir ist es so: wenn ich Musik höre, bin ich immer froh. Musik bringt mir immer eine Glücklichkeit."
Paalimameh Ceesay
Ein Lieblingssong von Paali ist "Sooner Or Later" von BenJahmin. Ein Reggaesong über das Leben im Ghetto und darüber, dass man nie aufgeben darf. Das Video zeigt, wie junge Männer im Armenviertel alte Autos reparieren und aus Schrottautos Neues machen.
Und manchmal wird diese Begabung zufällig entdeckt, wie im Song von BenJahmin. Die Musik, die die DJs bei der Party auflegen, klingt vertraut. Die Themen der Songs sind es weniger. Hinter dem, was so leicht und lässig daherkommt, steckt öfter System- und Gesellschaftskritik. Die ist rhythmisch verpackt und versteckt hinter Comedy beziehungsweise Persiflage. Wie in dem Song aus Nigeria von Yemi Alade "Johnny", wo ein Mann viele Frauen gleichzeitig hat, die er alle betrügt. Musiker, die politische Zustände beschreiben, müssen das erst recht indirekt machen. Das Leben eines solchen Musikers ist gefährlich.
Paali ist seit drei Jahren in Deutschland. Er hat dieses Jahr eine Ausbildung zum Elektroniker- und Informationstechniker begonnen. Ebenso lang ist auch Chinedu hier und macht jetzt eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Nach der Arbeit, wie andere in ihrem Alter, einmal in einem Club abzuhängen, geht aber oft nicht.
"Bei manchen Diskos sind die Türsteher echt komisch. Sie schauen mich an und sagen: 'Ah, dieser Club ist schon voll. Du kommst nicht rein.' Und ich sehe tausend Leute rein- und rausgehen."
Paalimameh Ceesay
"Jetzt im Sommer sagen manche: ich darf reingehen. Aber es waren drinnen nicht so viel Leute, weil die meisten im Urlaub sind - ich glaube deswegen."
Chinedu Chikwem
Mit Refugee Jam haben die beiden DJs nun ihre eigene Party. Die Idee dazu hatte Jonathan Fischer, Autor der Süddeutschen Zeitung, selbst DJ - und Streetworker, der sich um jugendliche Neuankömmlinge kümmert.
"Die sind hier alleine. Sie haben Familien, die woanders leben. Sie haben die Flucht nicht verdaut, sie müssen Deutsch lernen, ganz, ganz schnell. Sie wissen zum Teil nicht, ob sie abgeschoben werden. Sie haben in vieler Weise Stress und Partys sind so ein Mittel, wie eine Therapie, die Sache mal kurz zu vergessen und sich besser zu fühlen."
Jonathan Fischer
In den Ländern, aus denen Chinedu und Paali kommen, gehört Partymachen dazu. Ein Gegenmittel gegen Stress. Etwas, was auch den Leuten hier gut tut.
"Es ist nicht nur ein Refugee Jam. Es ist ein Erfolgs-Jam. Es kommen viele Leute und ich sage, wenn wir diesen Leuten etwas Cooles geben und die Leute nehmen das mit dem Herzen auf, dann ist das etwas Cooles. Das ist super!"
Paalimameh Ceesay
Refugees bringen völlig neue Impulse in die Popkultur. Es wird sich was ändern und das wird sicher aufregend schön!
Weiterführende Informationen
Nächster Refugee Jam: 25.11. ab 22 Uhr im Muffatcafé München
Davor, um 20 Uhr, Vortrag und Gespräch mit Kilian Kleinschmidt über sein Buch "Weil es um die Menschen geht - Als Krisenhelfer an den Brennpunkten der Welt"
Informationen zur Partyreihe: Facebook/Refugee Jam
Autorin des Filmbeitrags: Fatema Mian