Artenvielfalt in der Stadt Allgäuer Blumenwiesen
Echte Allgäuer Blühwiesen sind selten geworden. Die intensive Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen verdrängt einheimische Pflanzenarten. Insekten finden oft kaum mehr Nahrung. Da kommen die Allgäuer Blumenwiesen der Stadt Kaufbeuren gerade recht.
Die Initialzündung dafür lieferte ein Umweltpreisträger der Stadt Kaufbeuren: Dr. Christoph Greifenhagen, der bereits in den 70er Jahren eine typische und doch einzigartige „Allgäuer“ Naturwiese in seinem Garten mit viel Aufwand anlegte. Naturnahe Blühwiesen sind inzwischen zum Markenzeichen Kaufbeurens geworden.
Saatgut aus dem Heuschober
Ostallgäu im Sommer. Alles Wiesen und Weiden, soweit das Auge reicht. Ihr monotones Grün prägt immer mehr die Landschaft. Bunte lichte Wiesen sind hier selten geworden. Dadurch schwindet die Artenvielfalt und viele nützliche Insekten finden keine Nahrung. Mit dem Projekt „Allgäuer Wiesen“ will die Stadt Kaufbeuren dem Verlust entgegenwirken. Jedes Jahr legt die Stadtgärtnerei neue Blühflächen im Stadtgebiet mit gebietseigenem Saatgut an.
Das Anlegen der naturnahen Blühwiesen hat in Kaufbeuren Tradition. Den heutigen Blütenreichtum verdankt die Stadt nicht zuletzt den aktiven Bürgerinnen und Bürgern Kaufbeurens. Bereits in den 70er Jahren erkannte Christoph Greifenhagen, dass die blühenden Wiesen und Feldraine infolge der intensiven Landwirtschaft zunehmend verschwinden. Das wollte er ändern. Mit großem Aufwand legte er eine typische Allgäuer Blühwiese in seinem Garten an. Dafür musste er mehrere Tonnen Boden abtragen. Der Grund: Die Pflanzen brauchen einen mageren Boden. Zudem sind sie konkurrenzschwach und werden deshalb schnell von anderen Gräsern überwuchert. Deswegen hat der Naturschützer den „sterilen“ Wandkies aus einer heimischen Kiesgrube in seinem Garten ausgebreitet. Auf der Suche nach den schon damals raren „Heusamen“ zog der Mediziner durch Scheunen und Stadel im ganzen Allgäu. So entstand diese typische und doch einzigartige „Allgäuer“ Naturwiese auf seinem Grundstück. Der leidenschaftliche Naturschützer, der in diesem Herbst seinen 90. Geburtstag feiert, freut sich: „Und das sind viele seltene heimische Pflanzen, die heute noch blühen, wie damals, vor 50 Jahren!“
Das Interesse am Erhalt der blühenden heimischen Wiesen hielt sich damals in Grenzen. Auch die Nachbarschaft hat ihn belächelt, schmunzelt Christoph Greifenhagen: „Bei den Greifenhagens gibt es im Garten nur Unkraut. Aber wenn dann Fronleichnam war, kamen sie zu uns und holten Blumen, um Straßen zu schmücken“.
Blühwiesen dank Bürgerengagement und Stadtgärtnerei
Unermüdliche propagierte Dr. Greifenhagen sein Wissen, entwarf Empfehlungen zum Anlegen von naturnahen Wildblumenwiesen, verteilte Prospekte dazu. Seine Aktivitäten fanden auch bei der Stadt Kaufbeuren Gehör. Dr. Greifenhagen und Interessierte durften freie Flächen in der Stadt mit den Samen heimischer Pflanzen bestellen.
Eine der beeindruckendsten Wiesen liegt in der Markgrafenstraße. Hier hat sich ein üppiger Blütenreichtum heimischer Pflanzen aus Perücken-Flockenblumen, Karthäuser-Nelken und Taubenkropf-Silenen eingestellt, welcher rege von verschiedenen Insekten angeflogen wird. Sie ist inzwischen unter der Obhut der Stadtgärtnerei unter Leitung von Markus Kretschmann. Ihre blühende Pracht motiviert und inspiriert den Gartenmeister immer wieder aufs Neue, weitere Flächen in der Stadt anzulegen, wie auch in diesem Jahr in einem Neubaugebiet.
Blütenreiche Wiesen sind ein Hotspot der Artenvielfalt. Zahlreiche Insekten, wie Libellen und Schmetterlinge, leben vom Nahrungsangebot dieses Lebensraums. Sie sind wiederum Nahrung für Amphibien, Reptilien und Vögel.
Wie legt man eine artenreiche Wildblumenwiese an?
Bei nährstoffreichen Böden (z.B. durch häufige Düngung in der Vergangenheit) empfiehlt es sich, die Erde auf der vorgesehenen Fläche samt Grasnarbe auszuheben, ca. 25 cm tief. Aushubmaterial abtransportieren. Einbringen von Wandkies mit Feinanteilen, auch gesiebt. Korngröße 0-35mm. Auf die eingebrachte, geebnete Kiesschicht ca. 2-4 cm thermisch behandelten Kompost aufbringen. Fläche (zumindest gedanklich) in 1 m² große Felder einteilen und das Saatgut aufbringen: je 2 g pro 1 qm. Die Fläche mit Walze oder Tretbrettern verdichten. Angesäte Fläche wässern, bei Trockenheit ca. 4-6 Wochen wässern.
Vorteile einer Wildblumenwiese
Der Pflegeaufwand ist gering, da die Magerwiese nur einmal im Jahr gemäht werden muss und Trockenheit besser verkraftet als ein englischer Rasen. Es gibt nur gelegentliches Jäten, da die Verunkrautung kleinstmöglich ausfällt. Das Mähgut muss abtransportiert werden, um keinen Nährstoffüberschuss zu bewirken und nährstoffliebenden Pflanzenarten keine Chance zu geben, die dank ihres schnellen Wachstums die an wenige Nährstoffe angepassten Magerwiesenpflanzenarten verdrängen können. Eine Düngung ist nicht erforderlich, da die Artenvielfalt innerhalb der Allgäuer Blumenwiese auf zahlreiche spezifische Pflanzenarten, die auf eine geringe Nährstoffverfügbarkeit spezialisiert sind, ausgerichtet ist.