Von mutigen Frauen gerettet Kriegsende in Friedberg
In vielen bayerischen Orten versuchte die SS im April 1945, sich mit letzter Kraft zu verteidigen. Auch in Friedberg bei Augsburg. Doch hier geschah etwas Besonderes: Mutige Frauen räumten Panzersperren weg. Und eine junge Rotkreuzhelferin rettete ihre Stadt vor der Vernichtung.
Im Stadtarchiv von Friedberg zeigen Fotos, wie die Frauen der Stadt mit Hilfe von Kühen die Sperren abtragen.
Am 27.04. jährt sich ein Ereignis, das den Ort Friedberg bei Augsburg vor der Zerstörung durch die vorrückenden Amerikaner bewahrte: An diesem Tag begannen Frauen zwei Panzersperren abzubauen, die zuvor SS-Leute und der Volkssturm errichtetet hatten. Die Frauen wollten die Amerikaner friedlich einziehen lassen und ein Blutvergießen verhindern. Anni Altmann ist die letzte lebende Zeitzeugin des Geschehens an der engsten Stelle der Ortseinfahrt. Sie führte unter anderem eine Kuh, die helfen sollte, Holzblöcke aus den Barrikaden zu ziehen.
"Männer waren schon rumgestanden - a Stück weiter weg. Die haben ja ned herstehen dürfen zu uns, dass sie uns Tipps gegeben hätten - dann hat sofort die SS mit dem Gewehr gedroht zu schießen."
Anni Altmann, Zeitzeugin
Am anderen Ende der Stadt gab es noch eine zweite Panzersperre. Um sie zu errichten wurden in den letzten Kriegstagen sogar die Bäume der Allee zur Wallfahrtskirche Hergottsruh gefällt. Den Abbau dieser Sperre erlebte Jakob Huber als kleiner Junge:
"Meine Mutter und ich wir sind hier vorbeigekommen, da waren vielleicht fünf, sechs Frauen am Arbeiten. Meine Mutter hat sich sofort dazugesellt und hat mitgearbeitet. Ich war dann als Zuschauer dabei und konnte sehen wie auf der Gegenseite SS-Leute mit Maschinengewehren standen und die Leute bedroht hatten, auch die Frauen: sie sollen weggehen, sollen des aufhören und nicht weitermachen. Sie haben aber dann nicht eingegriffen.“ Jakob Huber, Zeitzeuge
Vermittlerin zwischen Bürgermeister und US-Armee
Anna Wolferseder heute und damals
Unterhalb des Friedberger Berges lebte die damals 26jährige Anna Wolferseder mit ihren Eltern. Am 28.4.1945 wollte sie gerade zum Rotkreuz-Dienst, als das Telefon klingelte. Der Bürgermeister bat sie nachzusehen, ob die Amerikaner wirklich bereits in der Unterstadt seien. Anna lief einem US-Erkundungstrupp in die Arme – und wurde so zur Vermittlerin zwischen dem Bürgermeister und dem leitenden US-Offizier. Per Telefon. Der Offizier forderte die kampflose Übergabe der Stadt, doch der Bürgermeister weigerte sich. Der Offizier wurde ungeduldig.
"Da hat er eben gesagt, er kann jetzt nicht mehr länger warten und sie müssen Friedberg zamschlagen. Dann ist das Gebettel losgegangen […]. Ich muss einen Schmarrn zusammengeredet haben." Anna Wolferseder, Zeitzeugin
Einmarsch ohne Blutvergießen
Eine Gedenktafel erinnert noch heute an die mutigen Frauen und Männer, die die Geschicke Friedbergs am Kriegsende so entscheidend beeinflussten.
Einem Mitarbeiter der Stadt gab sie einige Jahre später zu Protokoll, sie sei sogar auf die Knie gefallen. Als die Parlamentäre schließlich doch mit der angeforderten Flagge, den Friedberger Berg hinunter gelaufen kamen, fiel Anna Wolferseder "eine Million Kilo" vom Herzen. Am Samstag den 28. April war für Friedberg der Krieg zu Ende. Ohne Blutvergießen konnten die Amerikaner in den Ort einmarschierten.
"Also da war so viel Glück dabei dass der Offizier so ein netter Mann war. Wenn der nicht die Geduld gehabt hätte! Was bin ich für die? Was ist Friedberg für die ... die haun des zam und fertig, gell." Anna Wolferseder, Zeitzeugin
Der Offizier der US-Armee sagte Anna Wolferseder später, es sei nur ihr zu verdanken, dass Friedberg nicht vernichtet worden sei. Sie hatte noch lang Briefkontakt zu "ihrem GI", er hielt sogar um ihre Hand an. Doch der Vater wollte seine mutige Tochter nicht gehen lassen.
Zwei Tage waren es, die in Friedberg hoffentlich für immer Stadtgedächtnis bleiben werden: Die zwei Tage im April, als mutige Frauen ihre Heimat vor der Zerstörung retteten.