traumpfade Von Bukarest zur Donaumündung
Es war ein lange gehegter Traum des Filmemachers Florian Guthknecht: mit dem Fahrrad quer durch Rumänien zu reisen. Von Bukarest, dem "Paris des Ostens", über den rumänischen Donauradweg geht es dann auf der Klosterroute ans Schwarze Meer und ins Donaudelta.
Es wurde eine Reise ins Abenteuer, durch ein Land voller Gegensätze, das zwar zur EU gehört, doch in vielen Regionen, durch die der Münchner kommt, ist das Leben noch immer von der kommunistischen Diktatur gekennzeichnet.
Die Idee, mit dem Fahrrad von der Hauptstadt quer durch Rumänien bis ins Donaudelta zu radeln, beginnt schon in der Metropole mit einem unerwarteten Hindernis: Der Rushhour. Das ist Nahkampf pur. Aber spätestens jetzt wird klar: Auf einer Radltour durch Rumänien werde noch viele Überraschungen warten.
Viel Zeit bleibt nicht für Bukarest. Bis zur Donaumündung sind es noch fast 500 Kilometer. Doch das größte Gebäude Europas ist ein Muss. Der Diktator Caucescu hat es in den Achtzigern errichten lassen. Für das "Haus des Volkes" mit seinen 5.100 Räumen und das ganze Drumherum wurden diesem Größenwahnsinn ganze Jugendstilviertel mit 40.000 Wohnungen geopfert. Eigentlich hatte Florian gehofft, dass der Verkehr ruhiger wird, sobald er Bukarest hinter sich gelassen hat. Aber mit deutschen Verkehrsregeln oder Sicherheitsabständen hat das hier alles wenig zu tun. Hupen sind andauernd im Einsatz - ob als Warnung oder Gruß - muss man erst einmal herausfinden.
Mit dem Pferdefuhrwerk unterwegs
Nach 30 Kilometern nutzt Florian die Gelegenheit, sich auf einem Pferdewagen mitnehmen zu lassen: Rodica und Marius kommen von einer zehnstündigen Verkaufstour zurück. Sie haben selbst gefertigte Ziegelsteine in den Dörfern in der Umgebung verkauft. Mutter und Sohn sind seit drei Generationen sesshafte Roma. Voller Stolz zeigen sie ihr neues Haus. Das alte hat die Flut weggespült. Für den Wiederaufbau hat die fünfköpfige Familie mehr als vier Jahre gebraucht. So wenig haben sie, dass sie wochenlang für die Holzbalken sparen mussten. Die Gegend zwischen Bukarest und Calarash ist sehr arm.
Die Walachei
Am dritten Tag der Reise ist endlich die Donau erreicht. Doch der Plan ab jetzt dem Donauradweg zu folgen, geht nicht auf. Die Karte hilft nicht weiter. Entweder gibt es den Donauradweg hier nicht oder er ist ganz anders als Florian ihn sich vorgestellt hat. Auf jeden Fall ist er mit dem bayerischen Donauradweg, auf dem Florian für die Reise trainiert hat, überhaupt nicht zu vergleichen.
Wo die Walachei endet und die Dobruschka beginnt, dehnen sich unendliche Weinfelder aus - zerschnitten nur durch ein weiteres Caucescu-Projekt: den Schwarzmeerkanal. Der Kanal verkürzt den Weg zur Donaumündung um 240 Kilometer. Zehntausende von Häftlingen haben ihn unter den schrecklichsten Bedingungen, fast ohne Maschinen, in jahrzehntelanger Bauzeit ins Land gegraben. Die Ufer - sagen die Menschen hier - sind mit ihrem Blut getränkt.
Hochburg des Tourismus
Und dann kommt Florian in der wohl modernsten Metropole Rumäniens neben Bukarest an: Mamaia ist die Hochburg des Tourismus, ab Juni kommen jedes Wochenende Tausende aus Bukarest. In Tulca ist das Tor zum Donau-Delta erreicht. Von hier starten alle, die ins Donaudelta wollen.
Am nächsten Tag geht es - trotz schlechten Wetters - mit dem Kanu hinein ins Donaudelta. Rudernd bis zur Donaumündung - das ist ein alter Traum von Florian. Tiberius Tioc - Tibi, wie ihn alle rufen, gilt als der beste Führer im Delta. Vor 11 Jahren kam der deutschstämmige Siebenbürger zum ersten Mal hierher - und hat sofort sein Herz an diesen einzigartigen Fleck verloren. Vor allem der Tourismus verändert dieses empfindliche Ökosystem. Tibi setzt nicht nur auf nachhaltigen Tourismus. Mit seinem Wissen berät er die Regierung.
Paradies für Tiere
Das Delta ist nicht nur Wasser - wilde Pferde leben in kleinen Ebenen. Es gibt Wüsten mit Dünen und riesige schwimmende Schilfinseln. Insgesamt zählen Biologen 33 verschiedene Ökosysteme. Die Pelikane sind die Stars im Delta. Doch obwohl es über 8.000 von ihnen gibt, ist ein Zusammentreffen Zufall. Nicht einmal Tibi weiß, wann sie wo auftauchen.
Florian hat in zwei Wochen über 500 Kilometer mit dem Fahrrad und 80 Kilometer mit dem Kanu zurückgelegt. Jetzt ist die Donaumündung erreicht. Kaum etwas von dem, was Florian sich von dieser Reise durch Rumänien, diesem Land der Gegensätze, erhofft und gewünscht hat, hat er erlebt. Es war alles anders - viel schöner.
Buch und Regie: Florian Guthknecht
Redaktion: Peter Giesecke
Literatur-Tipps
- Bikeline Radtourenbuch Donau-Radweg
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- Von Belgrad zum Schwarzen Meer