Der Limes Das längste Bodendenkmal Europas
Auf einer Gesamtlänge von knapp 550 Kilometern entstand im 2. Jh. n. Chr. mit dem obergermanisch-rätischen Limes eine bautechnische Meisterleistung. Die befestigte Grenze trennte das römische Imperium von Germanien, dem Land der Barbaren. Seit 2005 zählt der obergermanisch-raetische Limes zum Weltkulturerbe der UNESCO. Er ist Teil eines multinationalen Welterbes, das vermutlich in den kommenden Jahren noch um viele weitere Grenzabschnitte ergänzt wird.
Eine Grenzbefestigung von gewaltigen Ausmaßen
Nachdem Kaiser Domitian (51-96 n. Chr.) im 1. Jh. n. Chr. bereits ein Grenzüberwachungssystem errichten ließ, erfolgte im 2. Jh. n. Chr., besonders unter Kaiser Hadrian (76 – 138 n. Chr.), der Ausbau des bereits bestehenden obergermanischen Limes mit Gräben, Palisaden und Schutzwällen. Östlich davon entstand hingegen eine neue Befestigungslinie: Der raetische Limes. Da dort – anders als am obergermanischen Limes – keine germanischen Stämme für die Grenzverteidigung gewonnen werden konnten, fiel die Befestigung mit bis zu drei Meter hohen Steinmauern sehr viel kräftiger aus. Im Abstand von ca. 500 Metern wurden entlang des Limes Wachtürme errichtet, insgesamt über 900. Dahinter lagen alle 10 bis 20 Kilometer Kastelle, in denen bis zu 1.000 Soldaten stationiert waren. Dazu kamen Lagersiedlungen für die Zivilbevölkerung mit Häusern und Thermen, zahlreiche Verbindungsstraßen, Brücken und Wege. Der Limes ist mit 250 Quadratkilometern das flächenmäßig größte Geländedenkmal Mitteleuropas.
Mehr als ein Schutzwall gegen die Germanen
In dem Schutz vor feindlichen Übergriffen der Germanen und marodierenden Banden bestand eine Funktion des Limes. Zwar waren die Römer während des 2. Jh. n. Chr. in einer militärisch sehr komfortablen Position, trotzdem kam es immer wieder zu Kampfhandlungen an der Grenze. Allein die gewaltigen Ausmaße des Baus sowie die massiven Türme aus Stein dienten den Römern als Drohkulisse, um die Germanen abzuschrecken. Eine andere Aufgabe des Walls bestand in der Kontrolle von Menschen- und Warenströmen, die zwischen römischem Imperium und dem Gebiet der Barbaren hin- und herflossen. An den jeweiligen Durchlässen ließ sich genau kontrollieren, wie Güter wie Pelze, Honig und blondes Frauenhaar Germanien verließen und dafür römische Luxusartikel wie Kleidung, Schmuck oder Salben Zugang zum Reich der Germanen fanden.
Ein grenzüberschreitendes Projekt der UNESCO
Von den knapp 550 Kilometern Länge des deutschen Limes befinden sich ca. 150 Kilometer in Bayern - die Strecke, des „nassen Limes“ an Main und Donau nicht mitgerechnet. Bayern teilt sich das Welterbe „Grenzen des Römischen Reiches: Obergermanisch-raetischer Limes“ mit Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Dabei durchzieht der Limes 150 Kommunen und 20 Landkreise. Aber nicht nur innerhalb Deutschlands überwindet das Welterbe Grenzen. Zusammen mit dem Hadrianswall in Großbritannien, der bereits seit 1987 auf der Welterbeliste steht, ist der obergermanisch-raetische Limes das erste transnationale Bodendenkmal der UNESCO. Aber damit nicht genug: In den kommenden Jahren möchte die UNESCO versuchen, alle Außengrenzen des römischen Imperiums unter einem Dach zu vereinen. Von Nordafrika bis in den Nahen Osten, von der Nordsee zum Schwarzen Meer - drei Kontinente wären an dem Projekt beteiligt. Zwei Dutzend unterschiedliche Länder, die alle auf eine Gemeinsamkeit ihrer Geschichte zurückblicken – und Bayern mittendrin!
Das sagt die UNESCO
"Der Limes markiert die römische Grenzbefestigung mit Kastellen, Wachtürmen, Mauern und Palisaden, mit denen die einstige Weltmacht ihr Reich gegen das freie Germanien hin abgrenzte. Mit 550 Kilometern Länge ist er das längste Bodendenkmal Europas. Hier begegnete die hoch entwickelte Kultur der römischen Antike dem kulturellen Entwicklungsland des "barbarischen" Germanien."
Probleme bei Bewahrung und Vermittlung des Erbes
Zahllose Überreste der Römerzeit schlummern noch in bayerischen Böden. Doch wie kann man kenntlich machen, wo sich genau ein Kastell befunden hat? Wie man sich ein römisches Lager vorzustellen hat? Wo der Limes an manchen Stellen exakt verlief? Seit man im 19. Jahrhundert mit Grabungen begonnen hat, stehen Wissenschaftler vor dem Problem, wie man etwas sichtbar machen kann, ohne dabei Originale zu zerstören oder für zukünftige Forschungs-Techniken unbrauchbar zu machen. Originalgetreue Rekonstruktionen sind oft zu teuer, um einen authentischen Eindruck vom Welterbe zu vermitteln. Luftbildarchäologie, Airborne Laserscan und Computeranimationen sind drei Schlagworte der aktuellen „zerstörungsfreien“ Forschung. Auch markieren an manchen Stellen Forstwege, Schnitthecken oder gemähte Wiesen die Orte, an denen sich einst ein Römerlager befunden hat. Diese Form des sanften Archäologie-Tourismus‘ erlaubt es, sich den knapp 2000 Jahre alten Überresten zu nähern, ohne sie zu gefährden.
Leben mit dem Welterbe
Was aber, wenn einem das nicht reicht? Wenn man mehr wissen möchte? Entlang des bayerischen Limes gibt es viele Gelegenheiten, sich einen Eindruck vom einst größten Schutzwall Europas zu verschaffen: Zahlreiche Museen haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Besuchern mittels Computeranimationen und ansprechenden museumspädagogischen Programmen das UNESCO-Weltkulturerbe näher zu bringen. Dahinter steht auch die Erkenntnis: Je persönlicher der Bezug zum Welterbe wird (z.B. mittels Identifikationsfiguren, wie zum Beispiel dem einzigen identifizierten römischen Soldaten in Ruffenhofen namens December), desto eher wird das Interesse der Besucher geweckt. Mit Römerpark und Limeseum in Ruffenhofen und dem (sich seit November 2014 bis März 2017 im Umbau befindlichen) Römermuseum und Bayerischen Limesinformationszentrum in Weißenburg in Bayern seien hier nur zwei Vorzeigeprojekte erwähnt. Aber auch Wanderwege oder der Limesradweg sowie „Events“ wie das Limesfest in Kipfenberg oder der Limesrun in Bad Gögging sorgen dafür, dass die Geschichte von Bayerns zweitältestem Welterbe auch in der Gegenwart lebendig bleibt.