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Residenz Würzburg Ein Juwel des europäischen Barock

Die Würzburger Residenz und der Hofgarten wurden 1981 als erstes bayerisches Kulturdenkmal von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Nach Aachen und Speyer hatte Würzburg damit als dritte deutsche Stadt überhaupt den Sprung auf die begehrte Liste geschafft - Auszeichnung einer ereignisreichen Geschichte.

Stand: 11.11.2015 | Archiv

Weltkulturerbe Residenz Würzburg | Bild: Bayerische Schlösserverwaltung www.schloesser.bayern.de / Anton Brandl, München

1720 beauftragte der Würzburger Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn (1673-1724) den jungen und talentierten, allerdings noch völlig unbekannten Architekten Balthasar Neumann mit der Planung einer neuen Residenz. Neumann passte gut zu den Absichten der Familie von Schönborn. Er war loyal und sowohl willens als auch fähig, das Anspruchsdenken der aufstrebenden Reichsgrafenfamilie architektonisch umzusetzen. Die Planung der Residenz geschah quasi öffentlich, wurde diskutiert und publiziert. Dies alles war bereits Teil der Inszenierung und verfehlte nicht die beabsichtigte Wirkung. Innerhalb der folgenden 60 Jahre sollte eine der vollkommensten und schönsten barocken Schlossanlagen Europas entstehen.

Ein internationales Großprojekt

Architekten aus Wien und Paris, Bildhauer aus Rom und Venetien, Maler und Stuckateure aus Flandern und München - aus ganz Europa kamen die berühmtesten Größen ihrer Zeit in Würzburg zusammen, um gemeinsam an dem Großprojekt zu arbeiten. Diese Form der europäischen Zusammenarbeit war auch ein Grund für die UNESCO, der Residenz und ihren Gärten den Weltkulturerbe-Titel zu verleihen.

Das sagt die UNESCO

"Zwischen 1740 und 1770 ausgestattet und zwischen 1765 und 1780 mit prachtvollen Gärten versehen, wird die Würzburger Residenz als das einheitlichste und außergewöhnlichste aller Barockschlösser betrachtet und veranschaulicht einen der strahlendsten Fürstenhöfe Europas. Sie ist einzigartig durch ihre Originalität, ihr ehrgeiziges Bauprogramm und die internationale Zusammensetzung des Baubüros."

Rekordverdächtige Meisterwerke

Balthasar Neumann gelang mit dem weltberühmten Treppenhaus eine bautechnische Meisterleistung. Das 23 Meter hohe stützenlose Muldengewölbe zählt zu den großartigsten Raumschöpfungen überhaupt. Dass es Jahrhunderte überdauern sollte, daran glaubten zur Entstehungszeit wohl die wenigsten. Das Gewölbe trägt das mit einer Grundfläche von 18 x 30 Metern größte Deckenfresko, das je gemalt wurde. Es entstand 1752/1753 unter dem eigens aus Venedig berufenen Maler Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770). Das Spiegelkabinett war der kostbarste Raum, der unter Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn (1674-1746) zwischen 1740 und 1745 entstand. Die spezielle Technik der Hinterglasmalerei machte das Kabinett laut UNESCO zum vollkommensten Raumkunstwerk des Rokoko.

Zerstörung und Wiederaufbau

Die zerstörte Residenz

In der Nacht des 16. März 1945 bombardierten mehr als 200 alliierte Kampflugzeuge die Stadt. Dabei wurde auch die Würzburger Residenz stark getroffen. Dem amerikanischen Kunstschutzoffizier, John Davis Skilton, ist es zu verdanken, dass das gerettet wurde, was noch zu retten war. Er erkannte den außergewöhnlichen Wert, der hier in den letzten Kriegstagen zu verlorengehen drohte. Vor allem aber half den Würzburgern das Glück beim Erhalt ihrer Residenz.  Den Mittelteil des Schlosses hatten „nur“ Brandbomben und keine Sprengbomben getroffen. Ein Notdach sorgte dafür, dass die Fresken Tiepolos nicht verloren gingen. Schon bald nach Kriegsende wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Die Restaurierungsarbeiten bezeichnete die UNESCO als „sorgfältig“ und „exemplarisch“ – ein weiterer Grund zur Erhebung der Residenz zum Welterbe.

Leben mit dem Welterbe

Die Residenz und der Hofgarten sind heute Publikumsmagnet Nummer eins in Würzburg. Mehr als 300.000 Besucher aus der ganzen Welt bewundern jährlich das Würzburger Welterbe. Und auch wenn Würzburg weit mehr zu bieten hat als die Residenz, strömen im Sommer tausende Touristen aus der ganzen Welt doch vor allem durch die Gänge des einst fürstbischöflichen Schlosses und den Hofgarten. Das Label der UNESCO ist heute zur Marke geworden und der Status „Weltkulturerbe“ trägt gewiss seinen Teil dazu bei, dass der Residenz in Würzburg eine internationale Aufmerksamkeit zuteil wird, von der große Teile der Stadt profitieren. Mit dem Titel „UNESCO-Weltkulturerbe“ findet sich Würzburg in einer Reihe mit den Pyramiden, der Chinesischen Mauer und der Geburtsstätte Jesu. Und von diesem Ruhm hätte vermutlich selbst die Reichsgrafenfamilie von Schönborn nicht zu träumen gewagt.


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