Reddit, 4Chan und Co. Der Trump-Wahlkampf der Netz-Guerilleros
Die AfD als Manga-Figur, Björn Höcke auf der Empörungswelle und immer wieder ein grüner Frosch - mit solchen Bildern werben AfD-Unterstützer für die Rechtspopulisten. Ihr Vorbild: Der Trump-Wahlkampf.
Als Manga-Figur hat die AfD schon jetzt gut lachen: In der realen Welt kann die Partei gerade die höchsten Umfragewerte seit Monaten verzeichnen. Im Internet wiederum sitzt das Zeichentrick-Alter-Ego der AfD in Schulmädchenuniform auf einem Bett, balanciert lässig einen Laptop auf den Oberschenkeln und jubelt vor einer Deutschlandfahne. Die knuffige Kulleraugen-Version der Rechtspopulisten sieht der Parteivorsitzenden Frauke Petry verdächtig ähnlich und wird unter anderem von Twitter-Accounts verbreitet, die der "Identitären Bewegung" nahestehen.
Witze, Bilder, Clips...
Die Manga-AfD ist mittlerweile ein sogenanntes "Mem". "Mem" ist eine Abwandlung des Wörtchens "Gen", gemeint sind Informationshäppchen die, so wie die Gene, von Menschen zu Menschen weitergegeben werden und sich dabei verändern, man könnte auch sagen: mutieren. Im Netz treten Meme vor allem als Internetphänomene auf, als running Gags, die gerne als Bildchen oder kurzer Clip verpackt werden. Sie werden vor allem über die sozialen Netzwerke verbreitet und entwickeln oftmals ein erstaunliches Eigenleben.
Die mürrische Katze "Grumpy Cat" beispielweise hat sich auf diese Weise schon tief in die Popkultur eingegraben, aber auch die "Ice Bucket Challenge" war ein solches Phänomen. Unter diesem Claim schütteten sich 2014 unter anderem Prominente variantenreich und öffentlichkeitswirksam Eiswasser über den Kopf, um auf die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam zu machen. Mit Erfolg: Die Spendengelder vervielfachten sich.
Virale Wahlhelfer
Längst hat auch die Politik die Macht der Meme für sich entdeckt, in den USA sollen Meme sogar mitverantwortlich sein für den Sieg Donald Trumps. Seine Unterstützer nutzten gekonnt die Wirkmacht der kleinen Bilder und kurzen Clips, bald war die Rede von einem regelrechten "Mem-Krieg". Die Trump-Anhänger koordinierten sich auf der Plattform Reddit in einem Forum namens "The_Donald". Hier wurden Meme wie am Fließband produziert: Die einen gestalteten die Bildchen, andere wiederum schrieben Texte, wieder andere kümmerten sich um die Verbreitung: Ein Modell, das rechte Netz-Guerilleros seither versuchen in andere Länder zu exportieren. Längst gibt es neben "The_Donald" auf Reddit auch die Unterforen "The_Europe", "The_Wilders", "Le_Pen" und "The_Frauke".
Die Kalaschnikow des Netz-Wahlkampfs
Denn Meme haben viele Vorteile, sie sind so etwas wie die Kalaschnikow des Wahlkampfes: Sie sind schnell produziert, verfügen über eine hohe Feuerrate, fast jeder kann sie benutzen und sie sind sehr effektiv. Kein Wunder, dass auch hierzulande vor allem AfD-Anhänger versuchen, den Bundestagswahlkampf mit Hilfe von Memen aufzumischen. Das Portal Buzzfeed ist zuletzt auf der berüchtigten Seite 4Chan auf ein Archiv gestoßen, in dem 270 Meme lagern. Darunter finden sich neben der AfD als Manga-Figur auch ein Zeichentrick-Björn Höcke, der auf einer Empörungswelle reitet und immer wieder ein grüner Frosch. Bei dem Frosch handelt es sich um "Pepe the Frog", einen grünen Zeichentrickfrosch, der schon länger Teil der Netzkultur ist.
Im Zuge der US-Wahl wurde der Frosch allerdings von Trump-Anhängern für den Wahlkampf eingespannt und so nach und nach zu einer Ikone der Alt-Right-Bewegung. 2016 erklärte die anti-rassitische Anti-Defamation League den ursprünglich unpolitischen Frosch deswegen sogar zu einem rassistischen Hass-Symbol. Auch bei den AfD-nahen Internet-Unterstützern ist Pepe immer wieder zu sehen, der Frosch grinst an einem Flüchlingszaun in die Kamera, ruft im AfD-Shirt zur Wahl auf und natürlich herzt "Pepe the frog" auch die Manga-AfD.
Pepe the Frog" - kein Hit in Frankreich
Trotzdem ist es eher unwahrscheinlich, dass der Meme-Wahlkampf hierzulande eine ähnlich große Wirkung auf den Wahlausgang haben wird wie in den USA. Zum einen kann man die Mem-Kultur eines Landes nicht einfach einem anderen Land überstülpen. Bei der französischen Präsidentschaftswahl in diesem Jahr beispielweise fand "Pepe the Frog" wenig Anklang, denn "Frosch" gilt dort auch als abwertende Bezeichnung für Franzosen.
Zum anderen darf man, bei all der Macht, die Memen im Wahlkampf neuerdings zugeschrieben wird, eines nicht vergessen: In den USA, in Großbritannien und in Österreich gibt es mit Fox News, dem Daily Mirror und der Kronen Zeitung einflussreiche rechtspopulistische Medien. Vergleichbare publizistische Angebote, die die Gesellschaft ähnlich stark durchdringen, fehlen hierzulande. Und Zeitungen und Fernsehsender, die Millionen Menschen erreichen, haben immer noch mehr Einfluss auf eine Wahl als eine Internet-Crowd - und sei sie auch noch so gut organisiert.