Mekka 1979 - Urknall des Terrors?
Sonntag, 08.12.2019
21:15
bis 22:30 Uhr
ARD alpha
2018
Am 20. November 1979 um 5.30 Uhr Ortszeit stürmten mehrere Hundert schwer bewaffnete Männer die Große Moschee in Mekka und verwandelten die heiligste Stätte des Islam in eine unbezwingbare Festung. Die Rebellen forderten die Abdankung der saudi-arabischen Königsfamilie, die Ausweisung aller "gottlosen" Ausländer und den Wiederaufbau eines radikalislamischen Staats.
Zwei Wochen dauerte die Besetzung, bei der knapp tausend Menschen ums Leben kamen. Die Armee des saudi-arabischen Königshauses bekam den heiligen Ort nur mit der Hilfe der neu aufgebauten französischen Anti-Terror-Einheit der Gendarmerie und dem Einsatz von Gas wieder unter Kontrolle. Heute kann davon ausgegangen werden, dass das lange totgeschwiegene Ereignis wahrscheinlich die Geburtsstunde des islamistischen Terrors war.
Regisseur Dirk van den Berg sprach während seiner fünfjährigen Recherchen exklusiv mit Protagonisten und Zeugen des dramatischen Ereignisses, erhielt Zugang zu bis dato unbekannten Privatarchiven aus Militär- und Zivilkreisen und analysierte die Aussagen von arabischen, französischen und amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern.
Sein Dokumentarfilm zeigt, wie das Zusammenspiel von historischen, politischen und religiösen Umständen zu dem blutigen Gewaltakt der Islamistengruppe führte, und inwiefern die Besetzung der Großen Moschee ein Kapitel in der saudi-arabischen Geschichte beendete, das mit dem Dollarsegen aus der Ölindustrie so vielversprechend begonnen hatte.
Zudem verdeutlicht er die Folgen: Nach dem blutigen Zwischenfall ließ das saudische Königshaus den wahhabitischen Fundamentalisten weitgehend freie Hand; ihre radikalsten Vertreter wurden weit weggeschickt - und predigen seither in Afghanistan und dem Rest der Welt. Kronprinz Mohammed bin Salman kommentierte das Ereignis kürzlich mit diesen Worten bei einer Pressekonferenz: "Wir werden keine 30 Jahre unseres Lebens verschwenden, um uns mit extremistischen Ideen zu beschäftigen. Wir werden sie heute und sofort zerstören!"
Vor 1979 habe Saudi-Arabien ganz anders ausgesehen: "Wir gehen zu dem moderaten Islam zurück, den wir hatten, der offen gegenüber der Welt und allen Religionen ist. Wir wollen einfach ein normales Leben führen." Die Besetzung der Großen Moschee dauerte nur zwei Wochen - ihre politischen, religiösen und geopolitischen Folgen sind 40 Jahre später noch immer spürbar.
Vielleicht begann mit der Ernennung von Mohammed bin Salman zum Kronprinzen in Saudi-Arabien tatsächlich eine neue Ära, die das schreckliche Ereignis von 1979 verblassen lässt.
Regie:
Dirk van den Berg
Redaktion:
Gábor Toldy