Beruf "Bäuerin" - 100 Jahre Frauengeschichte
Samstag, 04.03.2023
21:05
bis 21:50 Uhr
- Video bereits in der Mediathek verfügbar
ARD alpha
2022
„Wenn ich noch einmal zur Welt käme, eine Bäuerin würde ich nicht mehr werden“ resümiert die Bäuerin Anna Wimschneider in ihrem Erfahrungsbericht, der später als Buch mit dem Titel „Herbstmilch“ weltberühmt wurde. Heute liegen ihre in Schulhefte notierten Erinnerungen als besonderer Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek. Ihre Tochter Carola nimmt sie für die Dokumentation „Bayern erleben: Beruf Bäuerin. 100 Jahre FrauenGeschichte“ noch einmal in die Hand.
Bei Sonnenaufgang zum Melken im Stall, mit dem Ochsengespann zum Pflügen aufs Feld, Heu wenden und sich danach um Haus und Hof kümmern. Der Alltag einer Bäuerin um 1920 bedeutete schweißtreibende Plagerei und harte körperliche Arbeit. Heute sitzt die 24-jährige Landwirtin Barbara Steinberger aus Niederbayern am liebsten auf großen Traktoren, ist Expertin für Saatgut, studiert Agrarwissenschaft und sagt. „Ich wollte immer Bäuerin werden“.
Wie hat sich der Beruf der Bäuerin in den letzten 100 Jahren verändert. Und was ist heute noch übrig vom Klischee über die Bäuerin: Kühe, Küche, Kinderkriegen? Die Dokumentation geht der Frage nach, wie sich das Rollenbild auf den Höfen in Bayern verändert hat, das stark geprägt war von traditionellen Wertvorstellungen: Die Bäuerin als schollengebundene Hüterin von Heim und Hof, mit einem Stall voller Kühe, einer Küche voller Kinder und als Hüterin eines traditionell-ländlichen geprägten Kulturbewusstseins, aus dem sich bis heute stark das bayerische Identitätsgefühl speist, mit Tracht, Stubenmusik, Volkstanz.
Carola Wimschneider erzählt von der Kindheit ihrer Mutter als einfachem Bauernmädchen in den 1920er-Jahren, von der Schufterei im Zweiten Weltkrieg, als die Männer fehlten, von den Nachkriegsjahren - geprägt von Geldmangel und der gleichzeitigen Notwendigkeit, investieren zu müssen. Eigentlich wäre ihre Mutter unter anderen Zeitumständen gerne Bäuerin gewesen, „Bio-Bäuerin, das wäre schon ihr Leben gewesen, das hätte sie sich vorstellen können. Aber unter den Bedingungen, wo sie Bäuerin war, das wollte sie nicht mehr werden.“
Neben Anna Wimschneiders Erinnerungen begleitet die Dokumentation drei Bäuerinnen aus drei verschiedenen Generationen: Sie blicken zurück auf die Möglichkeiten, die sie hatten, auf Schule und Ausbildung, auf Zwänge, aber auch Freiheiten, die Landleben und Arbeiten auf dem Hof ihnen bieten konnten und können.
Ein Film von Steffi Illinger und Julia Zantl
Redaktion:
Matthias Eggert