alpha-retro: Das Dorf alpha-retro: Unser Dorf soll hässlich werden (1975) Ein Film von Dieter Wieland
Freitag, 27.12.2024
22:30
bis 23:00 Uhr
- Video demnächst in der Mediathek verfügbar
ARD alpha
BundesRepublikDeutschland (historisch)
1975
Alte Bauernhäuser sind die Summe von jahrhundertelangen Erfahrungen, erklärte Dieter Wieland in seinem viel beachteten und viel diskutierten Film zum Denkmalschutzjahr 1975. Deswegen sehen bzw. sahen sie auch in jedem Landstrich ein wenig anders aus: so wie sich jeweils das Klima, die Topographie und das Baumaterial von Gegend zu Gegend unterscheiden. Man nahm an Baumaterial das, was brauchbar und in der Nähe vorhanden war. Seit den 50er-Jahren wurde jedoch in den Dörfern überall gleich gesichtslos gebaut. Weil es billig war und weil das angeblich dauerhaften Schutz für die Wände bedeutete, wurden diese z.B. mit Asbestzementplatten „verziert“. Der Straßenbau hatte bis in die 70er-Jahre hinein auch auf dem Land immer und überall Vorrang, die Straßen wurden begradigt und selbstverständlich verbreitert. Auch sonst wurde auf den Dörfern alles radikal asphaltiert. Die breitere und geradere Straße durch das Dorf vertrieb die Vorgärten, die Fußwege, die Lauben, die Bänke vor den Häusern. Die Dorfstraße, sagt Wieland, einst die Mitte des Dorflebens, wurde abgewertet zu einer gefährlichen, lebensfeindlichen Durchfahrpiste, die das Dorf in zwei Teile zerschneidet. Aber nicht nur die Asbestzementplatten, deren Verkauf und Verwendung ab den 90er-Jahren aus gesundheitlichen Gründen endlich verboten wurde, machten die Dörfer hässlich, es wurden auch sonst unpassende Bauelemente verwendet wie z.B. Einscheibenfenster. Pflegeleicht sollte alles sein. Aber das simple, glatte ist gar nicht pflegeleicht, denn da fällt der Schmutz viel eher und stärker auf. Wieland sagt bezüglich des Bauens auf dem Land, die ganze Unkultur der Stadt werde aufs Land gekippt, von Anpassung, Einfügung, Rücksichtnahme der neuen Gebäude gegenüber den alten ist nirgends mehr die Rede: „Solche Baukultur ist nur noch als brutaler Vandalismus zu bezeichnen.“ Er endet mit den Worten, das sei gebaute Monotonie, Chaos in Beton, in der die Kultur keinen Stellenwert mehr habe. Haben wir daraus gelernt? Dieter Wieland jedenfalls wollte uns in ästhetischer Hinsicht schulen, wollte unseren Blick schärfen für das sinnvoll gestaltete und schöne alte Gebäude.
Redaktion:
Corbinian Lippl