ARD alpha - alpha-Forum


3

alpha-Forum Wissenschaft Das Gesicht Europas

Wenn derzeit von Europa die Rede ist, dann meist unter dem Vorzeichen der Krise. Die ins Wanken geratene Gemeinschaftswährung der Eurozone bringt viele Konstruktionsfehler ans Licht. Die Bevölkerung krisengeschüttelter Staaten schiebt die Verantwortung zum Teil auf das starke Deutschland, viele Deutsche hingegen fürchten, die Stabilität ihres Landes könnte durch die Schwäche südeuropäischer Partnerländer gefährdet werden.

Stand: 18.12.2012 | Archiv

Fahnen Europa | Bild: picture-alliance/dpa

Wie zum Trotz hat die Europäische Union im Herbst 2012 den Friedensnobelpreis erhalten – und in der Tat ist das vereinte Europa ein über Jahrzehnte äußerst erfolgreiches Friedensprojekt.

Die Identifikation mit Europa scheint vielen seiner rund 500 Millionen Bürger unterdessen immer schwerer zu fallen – nicht nur wegen der Schuldenkrise. Dem Europa von heute fehlt offenbar ein Gesicht, mit dem die Werte der Gemeinschaft identifiziert werden können. Aber weder die Präsidenten der EU-Kommission noch des europäischen Parlaments, weder der Ratsvorsitzende noch die außenpolitische Repräsentantin werden in der Union und in der übrigen Welt als Gesicht Europas identifiziert.

Vielmehr sind es nach wie vor die Regierungschefs von Mitgliedsstaaten wie Frankreich, Deutschland oder Großbritannien, die auf der internationalen Bühne als Repräsentanten Europas wahrgenommen werden. Im Verlauf der Krise hat die Macht einzelner Mitglieder weiter zugenommen.

In ihren Heimatländern können diese Politiker nur schwer vermitteln, die weitere Integration als Ausdruck einer solidarischen Bürgergesellschaft in Europa zu verstehen. In einigen Ländern sind in den letzten Jahren europafeindliche Bewegungen entstanden, die mit nationalistischen Parolen große Wahlerfolge erzielten.

Nicht zuletzt die Osterweiterung der EU nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat die Frage nach der europäischen Identität zu einem zentralen Punkt des Integrationsprozesses werden lassen.

Wie vertragen sich nationalstaatliche Identität und europäische Integration? Braucht der Integrationsprozess ein finales Ziel oder vielmehr eine dynamische Offenheit? Wie weit sind Demokratie und Öffentlichkeit auf europäischer Ebene entwickelt?

Über diese Fragen diskutiert Martin Posselt mit dem Soziologen Maurizio Bach, dem Staatsrechtler Otto Depenheuer und der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch.


3