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Mythos Lehramt Lehrer:in : Ein gut bezahlter Halbtagsjob?

Warum wollen Abiturienten heute Lehrer werden? Und wie ist das mit den Berufsaussichten tatsächlich? Wo herrscht Mangel, wo Überfluss an Lehrern? Campus Magazin begibt sich an der Universität Eichstätt-Ingolstadt auf Spurensuche nach den Mythen rund um das Lehramt Studium.

Von: Annekathrin Wetzel

Stand: 11.07.2018 | Archiv

Mythos Lehramtsstudium: Drei Monate Ferien und nachmittags frei

„Ein gut bezahlter Halbtagsjob“ oder „Lehrer am Limit?“

Was erwartet diese zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer? Examensfeier der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt am 22.6.2018

An der Grund-, Mittel-, und Realschule soll der Unterricht nur bis zum Mittag gehen. Doch bereits an manchen Gymnasien kommen sie nicht ohne Nachmittagsunterricht aus. Seit Jahrzehnten hält sich dennoch hartnäckig das Klischee, der Lehrerberuf sei ein chilliger, lockerer Halbtagsjob, bei dem sich nach ein paar Jahren im Schuldienst, wenn sich alles eingepegelt hat, eine ruhige Kugel schieben lasse.

Doch weit gefehlt! Schon immer mussten Lehrerinnen und Lehrer den Unterricht vorbereiten und zusätzlich Hausaufgaben oder Tests und Klausuren korrigieren  - alles außerhalb des Unterrichts. Heutzutage haben Lehrer im Schnitt zwischen 25 – 28 Unterrichtsstunden pro Woche. Die gesamte Wochenarbeitszeit beläuft sich jedoch laut einer Studie zwischen rund 40 Stunden (bei Grundschullehrern) bis zu rund 60 Stunden (bei Gymnasiallehrern.) Die GEW-Studie vom Januar 2018 ermittelte einen Schnitt von 48 Stunden und 18Minuten Arbeitszeit pro Woche. Damit arbeiten Lehrer im Durchschnitt deutlich länger als andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

(Quelle: QuAGiS 2007 und Spiegel vom 29.1.2018, GEW und Max-Traeger-Stiftung Studie, ausgeführt von der Georg-August-Universität Göttingen)

"Ich muss mir vorab überlegen, wie gestalte ich den Unterricht? Ich muss Arbeitsblätter erstellen, passende Filme oder Medien raussuchen. Für 45min Unterricht brauche ich ca 2 Stunden Vorbereitung. Da kommt einiges zusammen neben dem Unterricht."

Luise Hutzler, 2. Semester Gymnasiallehramt, KU Eichstätt-Ingolstadt

Zu den langen Arbeitszeiten kommen zusätzliche Herausforderungen

Die Zeiten, in denen es die vorrangige Aufgabe der Lehrer war, Wissen zu vermitteln, sind vorbei. Lehrer müssen heute zunehmend zwangläufig die Rolle des Erziehers ausüben, weil Eltern die Erziehungsaufgaben mehr und mehr den Schulen überlassen. Sei es, weil sie berufstätig oder selbst überfordert sind. Gleichzeitig zeichnet sich vermehrt in den Großstädten an sogenannten „Problemschulen“ aber auch zunehmend in ländlichen Gegenden schwindender der Respekt vor den Pädagogen ab.

FAKT:

Die Zahl der Kinder mit „emotional sozialen Entwicklungsstörungen“ hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Im Jahr 2005 waren es 46.000 Schülerinnen und Schüler, 2015 bereits 85.000. Mehr als die Hälfte dieser Kinder besucht die Regelschule. (Quelle: VBE-Gutachten, April 2017)

In Bayern fühlt sich 2018 jeder dritte Lehrer ausgebrannt.

(Quelle: Online-Befragung im Auftrag des bayerischen Beamtenbundes)

Gründe dafür sind bundesweit ein wachsender Migrationsanteil, immer mehr verhaltensauffällige Schüler, überkritische oder desinteressierte Eltern, Inklusion, Integration, Digitalisierung und Ganztagesschulen. Die Realitäten an deutschen Schulen verändern sich oft schneller, als das Schulsystem darauf regieren kann. Deshalb sind u.a. auch Fort- und Weiterbildung für Lehrer unerlässlich, bekräftigt Prof. Dr. Rainer Wenrich, Dekan der Philosophisch-Pädagogischen Fakultät der KU Eichstätt-Ingolstadt. Er leitet das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung in Eichstätt (KU ZLB).

"Wir reagieren darauf ganz konkret mit Unterstützungsangeboten. Wir nennen die Dinge beim Namen, scheuen uns nicht vor den Problemen, denn das sind keine leichten Themen. Vor allem bringen wir dazu Lehramtsstudierende, Uni-Dozenten, Lehrkräfte und sogar Schulleiter zusammen in den Veranstaltungen, um mit ihnen gemeinsam Lösungen für diese Themen zu erarbeiten. Wir legen gemäß unseres Profils großen Wert auf den Blick fürs Ganze, d.h. fachliche Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung."

Prof. Dr. Rainer Wenrich, Dekan der Philosophisch-Pädagogischen Fakultät der KU Eichstätt-Ingolstadt

FAKT: Das Schulsystem ist Ländersache.

Für das Schulwesen in Deutschland sind die Bundesländer verantwortlich. Sie kümmern sich um das Lehrpersonal und legen gemeinsam mit den Schulleitungen Ziele und Inhalte für den Unterricht fest. In den 16 Bundesländern gibt es unterschiedliche Schwerpunkte und Fächerangebote.

Generell treten all diese Faktoren in unterschiedlichen Graden und Ausprägungen auf und zwar abhängig von Bundesland, dem Ort, der Schule und der Bevölkerung. Das bedeutet, dass der Mythos vom locker-flockigen, gut bezahlten Halbtagsjob nichts als eine ziemlich ironische Phantasie ist.

"Ich finde, dass Lehrerin ein unglaublich verantwortungsvoller Beruf ist. Wenn ich bedenke, ich hab da Heranwachsende, die erzogen werden müssen, die irgendwann mal unsere Gesellschaft tragen werden, denen Wissen vermittelt werden muss. Diesen Beruf wähle ich definitiv nicht, weil mir nichts Besseres eingefallen ist, sondern weil ich mich an einer ganz wichtigen Aufgabe in unserer Gesellschaft stelle."

Sarah Haselbeck, 2. Semester Gymnasiallehramt Mathematik/Wirtschaftswissenschaften

„Hurra, ich werde auf Lebenszeit verbeamtet!“ - Einstellungschancen und die Verbeamtung

Jubel über das Staatsexamen in der Tasche – und was kommt jetzt? Lehramtsabsolventen der KU Eichstätt-Ingolstadt des Jahrgangs 2017

Wie sieht es nach dem Studium aus? 2018 zeichnen sich auf dem Arbeitsmarkt für Lehrerinnen und Lehrer positive Tendenzen ab. Kein Mensch hat allerdings die allwissende Glaskugel und es kann sich in einigen Jahren ziemlich viel verändern.

FAKT: In den nächsten Jahren gehen viele „Altlehrer" in Rente.

Da Ansprüche wie Inklusion oder der Ausbau der Ganztagsschule die Anforderungen eher gesteigert haben, müssen diese Stellen neu besetzt werden. Wie stark die Bundesländer vorausschauen und genügend Studienplätze anbieten, ist allerdings eine andere Sache. Pauschal zeigt die Statistik (Stand 2018), dass GrundschullehrerInnen und SonderpädagogInnen allgemein gefragt sind. Auch Lehramt Berufsschule bietet gute Chancen. Besonders gesucht sind Lehrkräfte in Mathematik, Physik und Informatik – selbst am Gymnasium. Wer nun mit dem Studium beginnt, sollte allerdings bedenken: Bis sie/er fertig ist (Studium und Referendariat) sind ca. sieben Jahre vergangen – da wird die Lage wieder anders aussehen. Die Tendenzen lassen vermuten, dass an Haupt-/Real-/Mittelschulen der Bedarf eher noch steigen wird und an den Grundschulen wieder etwas sinken wird. Gymnasiallehramt dagegen dürfte zumindest bei bestimmten Fächerkombinationen überlaufen bleiben.

(Quelle: https://www.studis-online.de/Studienfuehrer/lehramt.php?seite=3)

FAKT: Verbeamtung – ist das was Attraktives?

Beamte sind Staatsbedienstete, die öffentliche Aufgaben erfüllen. Ihr Arbeitgeber ist der Staat. Zu ihnen gehören beispielsweise Polizisten, Mitarbeiter in Ämtern und die meisten Lehrer. Für sie gilt das Alimentationsprinzip, welches den Staat verpflichtet, den Beamten lebenslang angemessen zu bezahlen. Beamten kann nicht gekündigt werden. Auch im Ruhestand sind sie durch die Pension finanziell abgesichert. Als Pension erhalten sie maximal 71,75 Prozent des Bruttogehalts, das sie während der letzten zwei Jahre vor dem Ruhestand bekommen haben. Außerdem sind Beamte beihilfeberechtigt. Das bedeutet, dass ihnen im Krankheitsfall finanzielle Unterstützung gewährleistet wird. Im Gegenzug erklären sie dem Staat ihre Loyalität und verzichten auf das Recht zu streiken.

(Quelle: https://orange.handelsblatt.com/artikel/38976)

Weiterführende Links:

Fakt: Einstiegsgehalt als Grundschullehrer / Studienrat (Gymnasium, Berufsschule); netto
BundeslandGrundschuleGymnasium
Baden-Württemberg2679,50€3100,75€
Bayern2620,60€3032,87€
Berlin2589,94€2840,06€
Brandenburg2597,43€2901,00€
Bremen2597,01€3000,82€
Hamburg2684,10€2993,37€
Hessen2598,91€2964,99€
Mecklenburg-Vorpommern2467,84€2768,50€
Niedersachsen2612,87€2964,99€
Nordrhein-Westfalen2633,18€3042,11€
Rheinland-Pfalz2462,26€2757,45€
Saarland2479,70€2880,86€
Sachsen2073,51€*2329,67€
Sachsen-Anhalt2518,13€2924,37€
Schleswig-Holstein2601,90€2901,41€
Thüringen2520,79€2935,96€

Quelle: GEW / oeffentlicher-dienst.info (Stand 12/2017)


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