Studium geschmissen Plan B wie Bauernhof
Jeder dritte Bachelor-Student beendet sein Studium vorzeitig ohne Abschluss. Auch Constantin war mit seiner Entscheidung, Geoinformatik zu studieren, schnell unglücklich. Campus Magazin hat den Abbrecher beim Praktikum getroffen. Vom Hörsaal auf den Hof.
Constantin brütet über den Matheaufgaben. Mal wieder. Geo-Informatik, Erstes Semester. Irgendwie hätte er sich das alles nicht so kompliziert vorgestellt.
Ziemlich bald reift in ihm der Gedanke, dass das Studium an der Hochschule München nicht das richtige für ihn ist. Constantin denkt drüber nach abzubrechen und kommt auch recht bald auf eine Alternative: Als kleiner Junge war er ab und zu auf dem Bauernhof seines Onkels, hat dort ausgeholfen. Das hat ihm immer ganz gut gefallen - warum also nicht mal versuchen, ob das nicht auch ein Beruf für ihn wäre?
Praktikum auf dem Bio-Bauernhof
Constantin recherchiert, findet einen Praktikumsplatz auf einem Biobauernhof in der Nähe des Ammersees. Kühe melken, statt Kurvendiskussion, Heu einholen, statt Hörsaal. Für Constantin genau das richtige:
Vielen geht es wie Constantin
Der Münchner ist kein Einzelfall: An deutschen Hochschulen bricht fast jeder Dritte sein Studium ab. Die meisten in den ersten Semestern. Besonders gravierend sind die Quoten in den MINT-Fächern: 39 Prozent der Uni-Studenten, 42 Prozent an den Fachhochschulen gehen ohne Abschluss.
Die vom Bundesforschungsministerium geförderte repräsentative Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) nennt auch Motive von Studienabbrechern: 30 Prozent können die Leistungsanforderungen nicht bewältigen, 17 Prozent mangelt es an Motivation und 15 Prozent wünschen sich eine praktische Tätigkeit.
Wenn abbrechen, dann lieber bald
Universitäten und Studenten haben gleichermaßen eine bessere Informationspflicht, findet Nikil Mukerji. Er leitet den Studiengang Philosophie Politik Wirtschaft an der LMU München. Er schickt Studieninteressierte immer zu Leuten, die den Studiengang schon studieren oder absolviert haben. Wer abbricht, der sei besser beraten am Anfang abzubrechen und sich einen Plan B zurecht zu legen. Also genau so, wie Constantin es gemacht hat.
Studienabbruch muss aber 2024 nicht mehr sein, es hat sich in der Hochschullandschaft viel getan, so das CHE (Centrum für Hochschulentwicklung).
Eine Beratung zur individuellen Studienverlaufsplanung gibt es nahezu flächendeckend. Darüber hinaus bieten vier von fünf Fachbereichen Erstsemester-Tutorien an. Zwei Drittel geben eine individuelle semesterbegleitende Rückmeldung zum Lernerfolg an. Und Frühwarnsysteme, die Anzeichen für einen Studienabbruch schon frühzeitig im Studienverlauf erkennen können, damit rechtzeitig Unterstützungsmaßnahmen angeboten werden können, kommen bei 48 Prozent der Fachbereiche zur Anwendung.
Für mehr Informationen und einen größeren Einblick,wie die Hochschulen und Unis euch unterstützen möchten, könnt ihr an einem kostenlosen Webinar des CHE, dem CHEtalk feat. DUZ Spotlight: „Studienabbruch und dann? – Neue Wege in der nachschulischen Bildung” am 14. November 2024 teilnehmen.
"Die von den Studienabbrechenden häufig genannten Gründe wie Leistungsprobleme oder mangelnde Motivation deuten oft auf ein „Matching-Problem“ hin. Das bedeutet, die Selbstzuordnung der Studierenden für ein Studium bzw. ein bestimmtes Studienfach erweist sich als unpassend."
Cort-Denis Hachmeister, Experte für Hochschulzugang beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Daten des aktuellen „CHECK Hochschulzugang und Studieneingang in Deutschland“ belegen, dass Hochschulen auf diese Entwicklung reagiert haben. Dies zeigen Vergleichswerte von 2021 und 2024 für den Einsatz von Self-Assessment-Tools sowie den Unterstützungsmaßnahmen zum Studienstart.
Mehr als jeder zweite Fachbereich nutzt Self-Assessment-Tools
Eine gute Möglichkeit zur Selbsteinschätzung, ob Studieninteressierte für den jeweiligen Studiengang geeignet sind, bieten sogenannte Self-Assessment-Tools. Sie können leistungsbezogene Aufgaben enthalten, wie sie auch in Auswahltests Verwendung finden, aber auch noch andere Elemente, wie z. B. Fragen zur Persönlichkeit oder zu Interessen. Anders als bei Auswahltest erhalten bei Self-Assessments ausschließlich die Studieninteressierten das Ergebnis.
Aktuell setzen 52 Prozent aller Fachbereiche an deutschen Hochschulen Self-Assessment-Tools als Orientierungshilfe bei der Studienwahl ein. Im Jahr 2021 lag der Anteil noch bei 40 Prozent. Bei fachbezogenen Self-Assessments setzt mehr als ein Drittel der Fachbereiche eigene Testverfahren des Fachbereichs bzw. der Hochschule ein. Pharmazie hat mit 94 Prozent der Fachbereiche im Fächervergleich den höchsten Einsatz von Self-Assessments gefolgt von Wirtschaftswissenschaften mit 79 Prozent.
Vor- und Brückenkurse: Ausbau der Unterstützungsangebote
Mit sogenannten Brücken- oder Vorkursen können Erstsemester seit Jahren schon Wissenslücken vor dem Studienstart schließen und die Arbeitsweise und die Hochschule schon vor dem eigentlichen Studienbeginn kennenlernen. Hier ist der Anteil der Fachbereiche mit einem solchen Angebot zwischen 2021 und 2024 von 67 Prozent auf 77 Prozent gestiegen.
Hier einige Adressen, falls auch ihr unglücklich mit eurem Studium seid und euch neu orientieren wollt:
Informationen für Studierende, die sich neu orientieren wollen
Eine Seite, die hilfreiche Fragen stellt. Eine Menge Links führen zu Stellen, die wiederum Beratung, Infos und Wege zeigen, um den Übergang in das andere Leben nach dem Abbruch gelingen zu lassen.
Studienabbrecher.com - Perspektiven schaffen
Eine Seite auf der ihr alles findet, was Studienabbrecher brauchen können: Stellenangebote zu Unternehmen, Programme, Anlaufstellen, Infos zu einem anderen Studium, das vielleicht besser zur euch passt.
KOFA Arbeitskräftesicherung für kleine und mittlere Unternehmen
Hier findet ihr, wie Unternehmen eure Soft Skills bewerten. Denn das, was ihr in eurem bisherigen Leben studiert und gelernt habt, kann euch keiner mehr nehmen.
Studienabbruch als Krise und Chance
Viele Informationen rund um den Studienabbruch vom Internetportal Studium Ratgeber.