Prof. Dr. Magdalena Götz, Biologin Wie abgestorbene Nervenzellen wieder ersetzt werden können
Sprach- und Gedächtnisverlust nach einem Schlaganfall sind irreversibel, wenn bestimmte Nervenzellen abgestorben sind. Das will die Wissenschaft ändern.
Während der Entwicklung eines Menschen werden alle Zellen des Gehirns gebildet: die Nervenzellen, die elektrische Impulse weiterleiten, und die Gliazellen, die bisher nur als Stützzellen galten. Wenn das Gehirn ausgereift ist, werden in den meisten Bereichen des Gehirns keine Nervenzellen mehr gebildet – das ist der Grund, warum abgestorbene Nervenzellen nach Gehirnverletzung, Schlaganfall oder bei neurodegenerativen Erkrankungen nicht mehr ersetzt werden können. Bestimmte Gehirnfunktionen fallen aus wie Gedächtnis, Sprache oder bestimmte Bewegungen. Es gibt aber Ausnahmen. In ganz wenigen Regionen des erwachsenen Gehirns werden zeitlebens Nervenzellen gebildet.
„Wir haben entdeckt, dass die Gliazellen des Gehirns nicht nur Stützzellen sind, sondern auch als Stammzellen fungieren und aus ihnen Nervenzellen hervorgehen können“, erklärt die Biologin Magdalena Götz. Ihrer Forschungsgruppe gelang es, die wichtigsten Faktoren zu identifizieren, die während der Entwicklung des Gehirns für die Bildung von Nervenzellen verantwortlich sind. So konnten die Wissenschaftler ausgereifte Gliazellen, die auf eine Verletzung im erwachsenen Gehirn reagieren, wieder zur Bildung von Nervenzellen anregen.
Magdalena Götz ist Direktorin des Instituts für Stammzellforschung am Helmholtz Zentrum München und Professorin für Physiologische Genomik an der Ludwig-Maximilians-Universität. Sie erforscht die molekularen Grundlagen der Gehirnentwicklung und hat mit ihrer Entdeckung, das Gliazellen auch als Stammzellen fungieren können, einen Paradigmenwechsel in der Neurowissenschaft eingeleitet. Ihre Erkenntnisse sind von zentraler Bedeutung für die angewandte Stammzellforschung und die damit verbundenen neuen therapeutischen Ansätze bei Gehirnverletzungen und -erkrankungen wie etwa Alzheimer. Götz gelang es zudem, eine Reihe von Faktoren zu identifizieren, die für den Übergang von glialen zu neuronalen Zellen verantwortlich sind. Für ihre Forschung erhielt sie 2007 den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und den „Familie-Hansen-Preis“ für besondere Leistungen in der Biologie und der Medizin. 2008 wurde Magdalena Götz zudem mit dem Sonderpreis der Hans und Ilse Breuer Stiftung für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Alzheimer-Forschung oder ähnlicher Demenzerkrankungen ausgezeichnet.