Politikstudium an der TU München Grenzgang zwischen Technik und Gesellschaft
An der TU München kann man nicht nur die klassischen Ingenieursfächer, Architektur und Naturwissenschaften studieren, sondern auch Politik und das neue Forschungsfeld „Science and Technology Studies“. Warum ist es wichtig, Politik, Gesellschaft und Technik zusammenzubringen und: passt das überhaupt zur TUM?
Künstliche Intelligenz, Elektromobilität, Neurotechnologien und digitale Medien – die TUM hat den Ruf, bei allen Themen vorne mitzumischen. Die Uni blickt auf eine lange Entwicklungsgeschichte der Natur-, Ingenieurs- und Technikwissenschaften zurück.
Doch ein paar wichtige Fragen kamen bisher oft zu kurz: Was bedeuten eigentlich wissenschaftliche Errungenschaften und neue Technologien für das gesellschaftliche Zusammenleben? Ist der technologische Wandel unaufhaltbar oder sind wir gemeinsam dafür verantwortlich, wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen?
Politik, Gesellschaft und Technik zusammenbringen
Kooperation mit der Hochschule für Politik
Die Studierenden am Munich Center for Technology in Society (MCTS) bilden gemeinsam mit der Hochschule für Politik die Fachschaft der Fakultät „TUM School of Governance“. Hier wird geforscht und gelehrt wie Wissenschaft und neue Technologien mit und in der Gesellschaft wirken.
Am MCTS werden zwei Master-Studiengänge angeboten: "Science and Technology Studies" sowie "Responsibility in Science, Engineering and Technology".
Die Hochschule für Politik bietet einen Master „Politics & Technology“ und einen Politik-Bachelor an.
Das MCTS beschäftigt sich genau mit den Themen zwischen Technik und Gesellschaft. Das integrative Forschungszentrum besteht seit knapp fünf Jahren und ist aus verschiedenen Lehrstühlen der TUM zusammengesetzt. Professorinnen aus Architektur, Wissenssoziologie, Management und Biologie lehren für Studierende mit technischem sowie sozialwissenschaftlichem Hintergrund. Hier wird nicht programmiert, gebaut oder designt wie sonst an der TU. In den Seminaren an der „School of Governance“ wird diskutiert, über unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe nachgedacht und sich mit kritische Fragen auseinandergesetzt. Neben den schon länger existierenden Forschungseinrichtungen wie der „TUM School of Education“, prägt die TUM am MCTS eine Perspektive, die ein wichtiger Bestandteil des Zukunftskonzeptes der Exzellenzinitiative darstellt.
Einer der ersten Studenten am Institut ist Raffael Rönsch, der nach seinem Bachelorabschluss in Soziologie von der LMU an die TUM kam. „Das Ziel ist, Interdisziplinarität zu leben sowie aktuelle Thematiken aufzugreifen“, erzählt er. In einem Seminar namens „Experimental Collaborations“ hat er beispielsweise gemeinsam mit Architektinnen und Architekten über alternative Designformate nachgedacht.
"Das Thema Flucht und Asyl ist sehr präsent. Wir haben im Seminar versucht, gemeinsam kreative Konzepte zu entwickeln, die auch intervenieren, also auf die Gesellschaft einwirken. Zum Beispiel ein Device, mit dem Geflüchtete selbst Stadt-Daten erheben und die für sie wichtigen Orte kartografieren und weitergeben können."
(Raffael Rönsch, mit einem Bachelorabschluss in Soziologie jetzt an der TUM School of Governance)
Mehr als nur die effizienteste Lösung
Interdisziplinarität ist das Ziel. Denn als Geistes- und Sozialwissenschaftler ist manchmal der technische Hintergrund nicht vorhanden – wäre eine Idee praktisch umsetzbar oder welche negativen wie positiven technischen Folgen wären zu beachten? Für die MINT-Studierenden ist der Raum zur Reflexion über das Gelernte meist nicht gegeben. Die Zusammenarbeit klappt natürlich mal mehr, mal weniger gut und nicht immer alle Perspektiven kommen zum Tragen. Für Maryam Tatari, Studentin der Science and Technology Studies, ist ihr Studium jedoch eine bereichernde Erfahrung. Zuvor hat sie in Teheran Computer Engineering studiert und viel über die Folgen von nicht vorhandenem Datenschutz und den Einfluss von Kommunikationsmedien auf das menschliche Verhalten nachgedacht.
"Als Ingenieur lernt man, dass es die einzige richtige Lösung gibt. STS öffnet die Perspektive auf eine ganze Bandbreite von Antworten. Auch ein Feuerstein ist irgendwo eine Technologie. Jetzt müssen wir uns fragen, wie wir die negativen Konsequenzen der heutigen Technik auch außerhalb der Ingenieurswissenschaft diskutieren."
(Maryam Tatari, hat im Iran Computer Engineering studiert, seit eineinhalb Jahren in München für Science and Technology Studies an der TUM)
Alltag ist Leben mit Technik. Deshalb möchte die TUM nicht nur Startups ausgründen oder den nächsten Nobelpreis abräumen, sondern auch mit den Menschen dieser Stadt kritisch über Herausforderungen und Möglichkeiten der neuesten Technikforschung nachdenken.