Nach dem Brexit Bank of England senkt den Leitzins
Der Schock über den Brexit sitzt noch tief, erst recht in der britischen Wirtschaft. Die Bank of England versucht jetzt, die herrschende Unsicherheit zumindest zu verringern: Sie senkt den Leitzins auf einen historischen Tiefstand.
Es ist ein historisches Tief: Auf nur noch 0,25 Prozent hat die Bank of England den Leitzins gesenkt - von zuvor 0,5 Prozent. Es ist die erste Zinssenkung in Großbritannien seit mehr als sieben Jahren. Die Notenbanker in London wollen damit der britischen Wirtschaft helfen, den Schock des Brexit-Votums vor sechs Wochen zu verdauen. Mehrere Konjunktur-Umfragen hatten in den vergangenen Tagen gezeigt, dass Unternehmen und Verbraucher zunehmend pessimistisch gestimmt sind, seit die Briten entschieden haben, aus der EU auszutreten.
Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen: Das mag sich Mark Carney vor seinem heutigen Auftritt gedacht haben. Der aus Kanada stammende Gouverneur der Bank of England nannte die Entscheidung für den Brexit nicht weniger als einen "Regimewechsel" für das Land. Er gab heute folglich die Anweisung "Action". Carney schnürt ein Maßnahmen-Paket, das Mut machen soll: allen Banken und Firmen, die die Aussicht auf den EU-Austritt verstört. Als erstes lockert er die Zinsschraube, senkt also den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent.
Carney: Notenbank kann Brexit-Folgen nur abfedern
Sieben Jahre ist es her, dass ein britischer Zentralbank-Chef zuletzt eine Zinssenkung verkündet hat. Carney hofft, dass sich die Banken weiter willig zeigen, Kredite zu vergeben. Seine Botschaft an Unternehmer und Verbraucher: Wer eine solide Geschäftsidee habe oder eine Immobilie kaufen wolle, dem sollte es - trotz Brexit - gelingen, sich Geld zu leihen.
Aber der oberste Notenbanker macht bei der Zinssenkung nicht halt: Die Bank of England wird außerdem weitere britische Staatsanleihen im Wert von bis zu 70 Milliarden Euro sowie britische Unternehmensanleihen im Wert von bis zu zwölf Milliarden Euro kaufen. Mit anderen Worten: Sie wirft die Notenpresse an, um Fiskus und Firmen frisches Kapital zu verschaffen. Durch dieses frühe und umfassende Handeln, so Carney, könne die Zentralbank die Unsicherheit verringern und das Vertrauen stärken, den Abschwung dämpfen und die notwendigen Anpassungen unterstützen.
In der City of London bezweifeln indes manche, dass die Maßnahmen viel erreichen können. Auch Carney selbst stellte klar: Die Notenbank könne die negativen wirtschaftlichen Folgen des Brexit lediglich abfedern, nicht wettmachen. Spekuliert wird bereits darüber, dass die neue britische Regierung ihrerseits im Herbst die Konjunktur stützt - etwa durch Steuersenkungen oder Investitionen in Infrastruktur-Projekte, sagt Finanz-Analystin Sue Noffke.
Negative Folgen für Sparer
Niedrige Zinsen haben auch ihre Schattenseite: Sparer gucken in die Röhre. Denn jetzt lohnt es noch weniger, Geld beiseite zu legen. Die Bank of England hat heute das erste geldpolitische Feuerwerk nach dem Brexit gezündet. Wird sie nun die Füße stillhalten? Keineswegs. Carney jedenfalls versicherte, die Notenbank stehe weiter bereit, alles Notwendige zu tun, um Finanzstabilität zu gewährleisten:
Carneys Entscheidungen ließen heute erst einmal den Pfund-Kurs erneut abstürzen, die Aktienkurse dagegen steigen. Vielleicht sehnt sich der Zentralbank-Chef dieser Tage bisweilen aus Brexit-Britannien zurück in seine Heimat Kanada.