Protest gegen Flüchtlingscamp in Calais "Den Dschungel räumen"
Mit Blockaden auf der Autobahn haben Lastwagenfahrer, Landwirte aber auch Einwohner der Stadt die Räumung des wilden Flüchtlingscamps bei Calais gefordert. Den Dschungel räumen, verlangten sie.
Der "Dschungel", das wildwuchernde Camp in den Dünen vor der Stadt. Darin harren zwischen sieben und zehntausend Flüchtlinge aus, um von dort irgendwie nach Großbritannien zu gelangen.
Das Camp liegt in unmittelbarer Nähe des Zubringers zum Tunnel, der unter dem Ärmelkanal hindurchführt. Für die LKW-Fahrer sei die Fahrt nach England mittlerweile zum unkalkulierbaren Risiko geworden, sagen die Betroffenen. Denn jeder LKW, der am "Dschungel" vorbei fährt, erscheine den Migranten als ein mögliches Versteck, auf dem die ersehnte Überfahrt nach England gelingen könnte.
"Sie werfen Steine, Äste, alles was sie haben auf die Straße, um unsere LKWs anzuhalten. Einmal haben sie mich angehalten. Nachdem ich weiterfahren konnte, habe ich schließlich einen Flüchtling eingeklemmt zwischen meinen Achsen entdeckt."
Kevin, LKW-Fahrer
Viele LKW-Fahrer haben ähnlich Erlebnisse gemacht, erzählen von aufgeschnittenen Planen oder von Fracht, die Flüchtlinge zerstört haben, um sich darin zu verstecken. Die Regierung geht mittlerweile von rund 7000 Flüchtlingen im "Dschungel" von Calais aus. Hilfsorganisationen sogar von neun oder zehntausend. Mit ihrem groß angekündigten Aktionstag heute wollen die LKW-Fahrer gemeinsam mit Bürgern von Calais die Räumung des Dschungels erzwingen. In der Folge rollt seit dem Morgen er Verkehr auf der französischen Autobahn A16 nur noch im Schneckentempo. So fordert auch der Chef der Hafengesellschaft von Calais, das Camp möglichst sofort zu räumen.
"Wir haben keine Zeit mehr zu Warten! Alle wissen, dass es irgendwann ein großes Unglück gibt – und dieser Tag rückt näher! Es gibt Flüchtlinge, die leider ihr Leben verlieren, aber auch Risiken für alle anderen und der Ärger steigt!"
Jean-Marc Puissesseau, Chef der Hafengesellschaft von Calais
Im Laufe des Vormittags schließen sich auch Bauern aus der Umgebung mit ihren Traktoren der Schneckenfahrt der LKWs an. Einige hundert Bürger laufen zu Fuß mit, viele mit T-Shirts bekleidet, auf den „Ich liebe Calais“ steht. Sie halten die Situation für unhaltbar.
"Calais leidet! Wir sind nicht gegen die Migranten, wir sind dagegen, dass wir unsere Freiheit verlieren. Ich lebe hier in der Nähe. In manchen Nächten schlafen wir kaum, es kreisen überall Hubschreiber, es gibt Gestank und Lärm überall. Man muss Calais von der Situation befreien – für uns und auch für die Migranten."
Claude, ein Rentner aus Calais
Einbußen beklagen schon lange auch die Einzelhändler sowie die Tourismusbranche in und um Calais. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve war deshalb bereits am Freitag nach Calais gereist, um zu beschwichtigen, im Gepäck das vage Versprechen, den Dschungel von Calais endgültig zu räumen. Konkrete Zusagen gab es allerdings nicht. Calais Bürgermeisterin Natacha Bouchard fand sich daher heute selbst bei den Protestierenden ein, um sie zu unterstützen:
"Wir kennen für die Räumung kein Datum und wissen nicht, wie das gemacht werden soll. Darauf hat der Innenminister uns keine Antwort gegeben. In den vergangenen sechs Monaten haben sie uns völlig allein gelassen. Und die Situation für uns hier wird von Tag zu Tag schlimmer."
Natacha Bouchard, Bürgermeisterin von Calais