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Festgenommener Terrorverdächtiger "Es war fünf vor Zwölf"

Der in Leipzig festgenommene Syrer sollte offenbar im Auftrag des "IS" die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland angreifen. Verfassungsschutzpräsident Maaßen nach gibt es viele Hinweise auf Anschlagsplanungen in Deutschland – aber keinen in dieser Dimension.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 11.10.2016 |Bildnachweis

Festnahme in Leipzig | Bild: picture-alliance/dpa

Der Verfassungsschutz habe einen Anschlag verhindert; es sei fünf vor zwölf gewesen, der Inlandsgeheimdienst habe alles richtig gemacht. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zufolge hatte der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Hinweise darauf, dass der Mann zunächst Züge angreifen wollte. Zuletzt habe er die Berliner Flughäfen im Visier gehabt.

Maaßen sagt, der Verfassungsschutz sei dem Terror-Verdächtigen am vergangenen Donnerstag auf die Spur gekommen, habe ihn dann rund um die Uhr observiert – und dabei festgestellt, dass er in einem Ein-Euro-Shop Heißkleber kaufte. Dies sei vermutlich die letzte noch notwendige Chemikalie für den Bombenbau gewesen. Jetzt ermittelt in dem Fall die Bundesanwaltschaft. Sie will unter anderem herausfinden, ob der Terrorverdächtige tatsächlich im Auftrag des IS handelte.

Terrorverdächtiger wollte sich freikaufen

Der Courage von syrischen Flüchtlingen ist es zu verdanken, dass der mutmaßliche Bombenbauer gefasst ist und seine Terrorpläne nicht mehr umsetzen konnte. "Er versuchte, sich freizukaufen", sagte Mohammed A. gegenüber der "Bild". Von 1.200 Dollar ist die Rede. Der syrische Flüchtling hatte zusammen mit einem Landmann den gesuchten Dschaber al-Bakr dingfest gemacht. Der Schilderung zufolge, hatte Al-Bakr in einem Forum gepostet, dass er eine Unterkunft brauche. Mohammed A. sei dann mit einem Freund zum Leipziger Hauptbahnhof gefahren, um ihn abzuholen. Dann bemerkten sie, wen sie da mitgenommen hatten. Sie fesselten den Mann mit einem Verlängerungskabel. Ein erster Anruf bei der Polizei scheiterte an Verständigungsproblemen. Dann ging Mohammed A. mit einem Foto zur Polizei. Die brauchte den mutmaßlichen IS-Terroristen nur noch abholen.

Anschlag auf Berliner Flughafen geplant

Gefesselt auf dem Sofa in einer Wohnung im Leipziger Stadtteil Paunsdorf saß wahrscheinlich ein äußerst gefährlicher Islamist. "Wir hatten Hinweise - nachrichtendienstliche Hinweise -, dass er zunächst einmal Züge in Deutschland angreifen wollte. Zuletzt konkretisierte sich dies mit Blick auf Flughäfen in Berlin", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen der ARD. Seine Behörde habe Anfang September "aus nachrichtendienstlichem Aufkommen" einen Hinweis erhalten, dass die Organisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland einen Terroranschlag gegen Infrastruktur plane. Bis letzten Donnerstag wurde fieberhaft ermittelt, um den Täter zu identifizieren.

Vorgehensweise und Verhalten des Mannes sprächen für einen "IS-Kontext", sagte der Leiter des LKA Sachsen. Der 22-Jährige habe an einem "Sprengsatz möglicherweise in Form einer Sprengstoffweste" gearbeitet.

Über mehrere Tage hinweg hatten Ermittler einen mutmaßlichen Bombenbauer im sächsischen Chemnitz observiert. Als die Polizisten am Samstag zugreifen wollten, gelang ihm die Flucht. An dem Großeinsatz am Wochenende im Chemnitzer Plattenbau-Viertel waren zeitweise mehrere hundert Polizisten beteiligt. Inzwischen wurde Haftbefehl gegen den Mann erlassen.

500 Gramm gemischter Sprengstoff

In der Wohnung waren etwa 500 Gramm bereits gemischter Sprengstoff und etwa ein weiteres Kilo Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. Außerdem stellte die Polizei Zünder und Teile sicher. Einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR zufolge stand der Mann offenbar über das Internet in Verbindung mit dem IS. Ein am Wochenende in Chemnitz festgenommener mutmaßlicher Komplize des Terrorverdächtigen aus Syrien wurde in Untersuchungshaft genommen. Gegen den Landsmann des 22-Jährigen wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Dresden Haftbefehl wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erlassen.

Strengere Kontrollen von Flüchtlingen gefordert

Nach der Festnahme diskutiert die Politik über Konsequenzen. Der Städte- und Gemeindebund hat von den Sicherheitsbehörden mehr Anstrengungen gefordert, damit diese eine Radikalisierung von Flüchtlingen möglichst früh erkennen. Geschäftsführer Landsberg sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der beste Zeitpunkt dafür wäre, wenn der Asylantrag gestellt wird. Bei den Polizeibehörden müssten zudem sogenannte Präventionszentren eingerichtet werden. - Der CSU-Innenpolitiker Uhl hat verlangt, die Kompetenzen der Geheimdienste zu erweitern. Jeder Asylbewerber müsse mit allen international verfügbaren Datenbanken über Terrorverdächtige abgeglichen werden, auf die der Bundesnachrichtendienst Zugriff hat, so Uhl in der Zeitung "Die Welt".

CDU-Politiker Mayer fordert neuen Haftgrund für Gefährder

CSU-Politiker Mayer

Der Hinweis auf die Gefährlichkeit des Mannes ist laut dem innenpolitischen Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), "offenbar" von einem "befreundeten" ausländischen Nachrichtendienst gekommen. Mayer warnte vor einer Überforderung der Sicherheitsbehörden bei der Überwachung der nach seien Angaben rund 500 bekannten sogenannten islamistischen Gefährder in Deutschland. Um einen Verdächtigen rund um die Uhr lückenlos zu beobachten, seien 24 bis 30 Beamte nötig, sagte der Innenpolitiker. Dies sei schlichtweg nicht machbar.

Mayer forderte mehr Personal für den Verfassungsschutz auf Bundes- und Länderebene und unterstützte die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erhobene Forderung nach der Schaffung eines neuen Haftgrunds im deutschen Strafrecht namens "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung". Dieser würde es erlauben, bekannte Gefährder präventiv und frühzeitig in Haft zu nehmen. SPD-Fraktionsvize Eva Högl äußerte rechtsstaatliche Bedenken. Man können auch mit mehr Personal und mit akustischer Überwachung das Risiko minimieren.

Terrorverdächtiger reiste über bayerische Landesgrenze ein

Innenminister Joachim Herrmann bestätigte im Bayerischen Fernsehen, dass der junge Syrer im Februar 2015 über die bayerische Landesgrenze gekommen ist: "Nach Informationen der Bundespolizei und der sächsischen Polizei ist der Mann im Frühjahr 2015 über die bayerische Landesgrenze eingereist, ist wohl auch von der Bundespolizei registriert worden und dann in die deutschlandweite Flüchtlingsverteilung gekommen", so Herrmann in der Rundschau.

Seit wann der sächsische Verfassungsschutz den Terrorverdächtigen ins Visier genommen hat, sei derzeit noch nicht bekannt.

"Im Moment ist noch kein besonderer bayerischer Bezug für die Ermittlungen erkenntlich."

Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister, in der BR-Rundschau

Ob der junge Mann "schon mit Terrorabsichten in unser Land kam oder erst in Deutschland radikalisiert worden ist", sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls noch nicht bekannt. "Hier werden wir mit Sicherheit in den nächsten Tagen nähere Erkenntnisse von den sächsischen Behörden erhalten", so der Innenminister.

(angereichert mit dpa-Informationen)







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Stephen Martin, Montag, 10.Oktober 2016, 17:05 Uhr

26. Terror

Inzwischen tummeln sich auf Einladung von Frau Merkel allerhand Terroristen in Deutschland. Da wurde bei der Einreise kaum kontrolliert.
Der Bürger aber muss zur Terrorvermeidung die Massenspeicherung seiner Mails und Handys akzeptieren. Da stimmt was nicht.

  • Antwort von chart67, Montag, 10.Oktober, 22:22 Uhr anzeigen

Albertine, Montag, 10.Oktober 2016, 17:00 Uhr

25. Zum Glück konnte der Mann rechtzeitig gestoppt und festgenommen werden

Hätte er tatsächlich einen wirklich großen Anschlag wie am Brüsseler Flughafen vollenden können, wäre dies nochmals eine Zäsur gewesen. Frau Merkel bemüht sich nun redlich in Afrika. Trotzdem glaube ich nicht, dass die CDU mit ihr als Kanzlerkandidatin wirklich erfolgreich sein wird. Bei mir ist das Vertrauen weg. Die Ereignisse seit September 2015 waren zu einschneidend. Bei der nächsten Wahl geht es auch darum, ob es bei einer bürgerlichen Regierung bleibt oder eine linke kommt.

  • Antwort von Truderinger, Montag, 10.Oktober, 18:31 Uhr anzeigen

  • Antwort von Albertina, Montag, 10.Oktober, 19:23 Uhr anzeigen

  • Antwort von alge, Montag, 10.Oktober, 20:57 Uhr anzeigen

  • Antwort von Truderinger, Montag, 10.Oktober, 21:28 Uhr anzeigen

  • Antwort von chart67, Montag, 10.Oktober, 21:31 Uhr anzeigen

  • Antwort von Truderinger, Montag, 10.Oktober, 21:36 Uhr anzeigen

  • Antwort von Elvira , Dienstag, 11.Oktober, 07:12 Uhr anzeigen

  • Antwort von Albertina, Dienstag, 11.Oktober, 10:01 Uhr anzeigen

Klaus Leist, Montag, 10.Oktober 2016, 16:35 Uhr

24. Parteiengezänk

Man muss doch auch bedenken, dass es sich um eine Familie handelt. Wer trägt schon gerne die Familienzwistigkeiten in aller Öffentlichkeit aus. Und wir sind eine parlamentarische Demokratie, das was wir wählen gilt für 4 Jahre. Soll Seehofer gegen Merkel putschen? Damit kann doch kein vernünftiger Mensch wirklich einverstanden sein. Ich finde es gut, dass der Anlass dazu genommen wird, diese Erklärung abzugeben. Aber ich vermute, dass die Durchschlagskraft fehlt. Die Situation ist vollständig verfahren durch die unselige Grenzöffnung letztes Jahr, und sie wird nicht besser, da Frau Merkel nicht um einen Millimeter von Ihrer Auffassung abrückt. Leider hat sie noch viel zu viele Vasallen, die mit ihr mitmarschieren. Wohin wohl? Ich persönlich danke der CSU, dass sie der Stachel in Merkels dickem Fell ist und gedulde mich bis zur nächsten Wahl.

Erich, Montag, 10.Oktober 2016, 15:52 Uhr

23. Hallo!! Hallo!! Hört mich jemand??

In diesem Artikel geht es darum, dass ein Syrischer Schutzsuchender Sprengstoff für einen Anschlag hergestellt/gelagert hat.

Warum meinen jetzt viele hier, die Afd wäre das Problem? Die haben den Schutzsuchenden nicht rein gelassen! Merkel war das. Das anzusprechen, ist heute schon Nazi. Da muß sich doch jeder denkende Mensch ans Hirn fassen!

  • Antwort von Truderinger, Montag, 10.Oktober, 16:35 Uhr anzeigen

  • Antwort von Manfred, Montag, 10.Oktober, 16:42 Uhr anzeigen

  • Antwort von Thomas, Montag, 10.Oktober, 16:59 Uhr anzeigen

  • Antwort von alge, Montag, 10.Oktober, 17:07 Uhr anzeigen

  • Antwort von Staatsbediensteter, Montag, 10.Oktober, 17:17 Uhr anzeigen

  • Antwort von Erich, Montag, 10.Oktober, 18:06 Uhr anzeigen

  • Antwort von chart67, Montag, 10.Oktober, 21:40 Uhr anzeigen

  • Antwort von Truderinger, Montag, 10.Oktober, 21:57 Uhr anzeigen

  • Antwort von chart67, Dienstag, 11.Oktober, 01:41 Uhr anzeigen

  • Antwort von wm, Dienstag, 11.Oktober, 08:42 Uhr anzeigen

  • Antwort von Elvira, Dienstag, 11.Oktober, 11:04 Uhr anzeigen

  • Antwort von wm, Dienstag, 11.Oktober, 12:34 Uhr anzeigen

Herrmann, Montag, 10.Oktober 2016, 15:27 Uhr

22. Staatliche Fürsorge

Also der Fall zeigt doch m.E. dass Deutschland sich schon längst zu Absurdistan entwickelt hat.
Jeder hier brav steuerzahlende Bürger weiß, wie genau er alles und seine Lebensumstände nachweisen muss ,wenn er von seinem Staat, für den auch sogar einen Beitrag leistet, etwas bekommen möchte. Trotzdem geniest der Bürger ohne Nachweis kein Vertrauen! Aber offensichtlich nimmt dieser Staat ohne genaue Prüfung Terroristen auf, gibt ihnen auf Steuerzahlerkosten Unterschlupf in einem unauffälligen Wohngebiet, gibt Steuergeld für den Lebensunterhalt, damit dieser sich vorrangig ohne Existenznot und Verfolgung seinen terroristischen Plänen ungestört nachgehen kann (=staatl. finanzierter Terrorismus?). In einem deut. Gefängnis wird die Fürsorge nun fortgesetzt, und neue Pläne für die Zukunft können geschmiedet werden. Danach wird natürlich unser Staat wieder seine Fürsorge ausbreiten und und. Was soll in diesem Spiel eigentlich der normale nicht fürsorgebedürftige steuerzahlende Bürger noch?

  • Antwort von Roland, Montag, 10.Oktober, 18:24 Uhr anzeigen