Die DDR im Museum Auf dem Müllhaufen der Geschichte?
Nicht ganz: Während die Erinnerungen vieler die vergangene Diktatur in mildes Licht tauchen, überwintert ein Teil des realexistierenden Sozialismus im Museum. Aber eben nur ein Teil.
So wie Maik Seldmann, der vor einer Vitrine zur FDJ, der Jugendorganisation der DDR, steht.
"Sind so alte Erinnerungen, ich hab grad festgestellt, dass hier etliche Aufkleber und Sticker gab, wie Gruppenratsvorsitzender, die ich selber an der Bluse hatte, die ich aber total vergessen hab. Wie eine Reise in die Vergangenheit, eigentlich."
Maik Seldman
Der 42-Jährige kommt aus einer Kleinstadt im Erzgebirge und ist heute zum ersten Mal in einem DDR-Museum. Alt, jung, Touristen und Besucher aus der Region. Es ist ein gemischtes Publikum, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Stephan. Er merkt aber auch den Generationswechsel, 25 Jahre nach der Einheit:
"Und dann kommt ja noch die Generation derer, die in der Geburtsurkunde gerade noch um die Zeit geboren sind. Die fragen: Was war das mal für ein Staat? Oder auch: Wo haben meine Eltern damals gelebt? Da wird es dann eine Rolle spielen, sich zu orientieren, was war dieses andere Deutschland?"
Hans-Joachim Stephan, Geschäftsführer
Im ehemaligen Gebäude des VEB Kraftwerksanlagenbau, einem schlichten Bau aus den siebziger Jahren, verspricht das private DDR-Museum den Besuchern eine Zeitreise. Wer die Räume betritt, fühlt sich mit einem Schlag um Jahrzehnte zurückversetzt, denn es gibt hier noch den sogenannten "DDR-Geruch", leicht chemisch, leicht muffig:
"Das ist der typisierende Geruch, der in den Isolationsmaterialien drin steckt. Das sagen viele, die hier reinkommen, oh, das riecht wie früher. Das ist natürlich fürs Museum noch ein gewisser Erlebnisbestandteil."
Hans-Joachim Stephan, Geschäftsführer
Dieses Früher, also die DDR und die Zeit der deutschen Teilung, kennen die Charlotte Herber und Josephine Schmitz nur noch aus Schulbüchern. Die beiden Schülerinnen aus Baden-Württemberg, sind 15 Jahre alt - 10 Jahre nach der Einheit geboren. Jetzt auf Klassenfahrt in Berlin. Der Besuch im interaktiven DDR-Museum Berlin und dem ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen hat Charlotte nachdenklich gestimmt:
"Für mich ist das genauso so weit weg wie der Zweite Weltkrieg. Ich kann mir vorstellen, dass es vor kurzer Zeit noch so war. Aber man merkt eben, dass es vielen noch total wichtig ist, und dass da noch ein großer Stein liegt, sozusagen."
Charlotte Herber
Verklären, erklären, aufklären? Ist das Geschichte oder kann das weg? Welche Funktion spielen die DDR-Museen im wiedervereinigten Deutschland? Diese Frage hat Kerstin Langwagen vom Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig in ihrer Promotion beantwortet:
"Im Prinzip sind die DDR Museen wie therapeutische Einrichtungen für eine Trauerarbeit zu sehen. Museen halten bestimmte Erinnerungen fest. Wenn man sich Erinnerungen vergewissern will, dann kann man das in Form von Objekten. Und diese Objekte zu sammeln, dann heißt das, ich halte meine Erinnerungen darin fest. Ich kann jeder Zeit in das Museum gehen und mich dieser Erinnerungen wieder bemächtigen. Das gibt ein Sicherheitsgefühl auch."
Kerstin Langwagen
Als Objektdisponentin im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig hat sie eine enge Beziehung zu den Exponaten. Auch biographisch, weiß sie, wovon sie spricht. Sie ist 1973 in Dessau, Sachsen-Anhalt, geboren. Obwohl ihre Jugend sehr vom Westen geprägt war, kann sie das Verlustgefühl nachvollziehen, das viele auch heute noch in die Museen treibt.