Dossier Was war, was bleibt?
Anfang November 1989 gibt es in der Bundesrepublik neue Umfragen zur deutschen Einheit. Die Frage: Glauben Sie, dass Sie den Fall der Mauer erleben werden? 97 Prozent der Befragten antworten mit Nein. Keine Woche später fällt die Mauer. Im Dezember 1989 werden auch die Bürger der DDR gefragt: was sie von der Wiedervereinigung halten? Fast drei Viertel äußern sich skeptisch. Keine 300 Tage danach - am 3. Oktober 1990 - gibt es nur noch einen deutschen Staat.
Technisch gesehen ist die Wiedervereinigung eher die freundliche Übernahme eines vom Bankrott bedrohten Staates. Ein schwieriger Prozess. Die Altlasten in den fünf "neuen Ländern" sind enorm, der Umbau fordert Opfer und produziert Ungerechtigkeiten. Erstaunlich geräuschlos geht die politische Vereinigung vonstatten. Statt eine gemeinsame neue Verfassung zu erarbeiten, setzen Bundeskanzler Helmut Kohl und der seit März 1990 amtierende DDR-Regierungschef Lothar de Maizière auf einen raschen Beitritt der DDR zum Grundgesetz.
Einheit?
Schwieriger zu erreichen sind die wirtschaftliche Einheit und eine Einheitlichkeit der Lebensbedingungen. Schon im Sommer des Jahres 1990 hatte Bundeskanzler Helmut Kohl erklärt, es werde im Beitrittsgebiet "schon bald" - später präzisiert er: in drei bis vier Jahren - "blühende Landschaften" geben. Wie es damit steht, ist auch 25 Jahre später umstritten.