Außenminister-Treffen Europa will mehr Stärke zeigen
Wie auch immer man den Sieg von Donald Trump bezeichnet: In der EU ist man sich im Klaren darüber, dass die Auswirkungen dieser Präsidentschaftswahl auch in Europa spürbar sein werden.
Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten ist von einem "Epochenwechsel", dem "endgültigen Ende der Nachkriegszeit" die Rede oder davon, dass für Europa "das 21. Jahrhundert wirklich begonnen" habe. "Jetzt müssen wir verstärkt schauen, was unsere Ziele und Pläne sind und wie können wir außenpolitisch Gewicht haben", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. "Um das fertig zu bringen, brauchen wir klare Kante."
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn empfiehlt der EU also, sich mehr auf sich selbst zu besinnen. Nicht mehr so gebannt wie in der Vergangenheit den Blick über den Atlantik schweifen zu lassen. Und verbindet diese Empfehlung mit einer Warnung: "Wir müssen wissen, dass das Projekt Europa zerfällt, wenn wir nicht alle zu diesem Projekt stehen. Mir ist nicht bange, dass wir uns zusammenreißen können. Wenn wir das nicht tun, dann werden wir kein Gewicht haben und zwischen China, Russland, Amerika keine Rolle spielen. Es gibt nur einen Weg."
Die EU als "Supermacht"
Erwachsener, selbstbewusster müsse die EU werden angesichts der US-Unwägbarkeiten - das sind Sätze, die man so auch von Asselborns Kollegen in den letzten Tagen gehört hat. Und es ist sicher kein Zufall, dass die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gerade jetzt einen Begriff in ihren aktiven Wortschatz übernommen hat, der in den letzten Jahren so oft auf die EU nicht angewendet wurde - der Begriff "Supermacht". Auf die Frage, wie sie das denn gemeint habe, dass die EU eine "Supermacht" werde, antwortete sie heute gut gelaunt: "Ich habe gesagt, die EU ist eine Supermacht."
Mogherini hatte zuvor klargestellt, dass die Erwartung - nicht nur der europäischen Nachbarn - künftig steigen würde, dass die EU eine Art "Sicherheits-Dienstleister" werde. Insofern ist nicht nur aus Sicht Mogherinis die Gelegenheit günstig, die Europäische Union in eine echte "Verteidigungs-Union" zu verwandeln. Wobei der Anspruch ganz sicher erstmal nicht darin besteht, künftig im NATO-Stil die eigenen Mitglieds-Staaten gegen Angriffe zu schützen. Zunächst einmal geht es schlicht um bessere Planung und Absprachen bei dem, was die einzelnen EU-Staaten militärisch so tun.
"Wichtig ist, dass beim Aufbau dieser EU-Strukturen diese die NATO ergänzen. Und nicht die grundlegende Sicherheits-Architektur der vergangenen 70 Jahre untergraben."
Boris Johnson, Außenminister Großbritannien
Schweißt Trump die EU zusammen?
Das Vereinigte Königreich galt und gilt als größter Bremser, wenn es um mehr Europa bei der Verteidigung geht. Außenminister Boris Johnson findet überhaupt auch die Nervosität über die Wahl des neuen US-Präsidenten ziemlich übertrieben. "Es gibt viel Grund dafür, positiv zu sein. Und es ist wichtig, den gewählten Präsidenten oder sein Team jetzt nicht vorab zu verurteilen."
Konsequenterweise schwänzte der Brexit-Vorkämpfer Johnson denn auch das gemeinsame EU-Abendessen, das der Beratung über die Trump-Wahl gewidmet war. Doch auch jenseits der britischen Haltung wird die entscheidende Frage der nächsten Wochen und Monate sein: Schweißt Donald Trump die EU -ungewollt - zusammen, weil die sich ihm gegenüber als Wertegemeinschaft abgrenzen muss? Oder versetzt er der "Union" endgültig den Todesstoß, weil er Nationalisten und Populisten den Sieg ebnet? Diese Frage ist noch nicht beantwortet.