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Die EU auf Selbstfindungskurs Basteln in Bratislava

Zerrissenheit bei wichtigen Themen, offene Konflikte zum Beispiel in der Asylpolitik und Ratlosigkeit nach dem Brexit - es gibt viele heikle Punkte heute beim EU-Gipfel in Bratislava. Kanzlerin Merkel will auf jeden Fall, dass es ein Signal des Zusammenhalts gibt.

Von: Kai Küstner

Stand: 15.09.2016

Kanzlerin Angela Merkel, EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker, Grieschischer Ministerpräsident Alexis Tsipras | Bild: picture-alliance/dpa

Ein Wort, das man auffällig oft hört aus dem Mund der EU-Staatenlenker beim Gipfel in Bratislava, ist das Wort "Ehrlichkeit". Geradezu "brutal ehrlich" solle die Selbstbetrachtung Europas ausfallen, fordert der Gipfel-Gastgeber und EU-Ratspräsident Tusk. Und auch der luxemburgische Premier Bettel hält nicht viel davon, Europa in Watte zu packen:

"Wer sagt, dass in Europa alles gut läuft, braucht eine neue Brille."

Luxemburgs Premier Xavier Bettel

Soweit Xavier Bettel, der übrigens, als er das sagte, selber keine Sehhilfe auf der Nase trug. Gefragt nach der Einschätzung des Luxemburgers, witzelte der österreichische Kanzler Christian Kern zunächst, dass er selbst ja glücklicherweise eine Brille dabei habe. Um dann aber ernst zu werden. Er findet: Wer Europa liebe, der "muss ein Interesse daran haben, dass es sich verändert".

Auch Merkel sieht viel Luft nach oben

Wie diese Veränderung von statten gehen soll, darüber wird von nun intensiv beraten werden. Und zwar nicht nur einmalig in Bratislava, sondern in den nächsten Monaten, wie die deutsche Kanzlerin klarstellte. Es geht laut Merkel nicht darum, von einem Gipfel die Lösung der Probleme Europas zu erwarten.

Man sei in einer kritischen Situation. Merkel forderte: Europa müsse jetzt durch Taten unter Beweis stellen, dass es besser werden könne. Um sodann eine ganze Reihe von Themen aufzulisten, bei denen sie diesen Verbesserungsbedarf sieht: im Bereich der Sicherheit, der Bekämpfung von Terrorismus, der Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, dem Wachstum und Arbeitsplätzen, speziell dem digitalen Binnenmarkt.

Insbesondere das Wort "Sicherheit" jedenfalls scheint eines zu sein, das bereits zum neuen Schlüsselbegriff der – ohne die Briten – 27 EU-Staaten werden dürfte. Jedenfalls führt ihn nicht nur Merkel im Mund. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė lobt den deutsch-französischen Vorstoß, für mehr "Sicherheit" bei der Verteidigung enger zusammen zu arbeiten.

Arbeit am elektronischen Einreisesystem

Die "Sicherung der EU-Außengrenze" nennt Österreichs Kanzler als eine der Hauptaufgaben für Europa. Man befasse sich intensiv mit einem elektronischen Einreise-System nach amerikanischem Muster, so Kern: "Auch da haben wir gelernt."

Fest steht: Angesichts durchaus starker Zerrissenheit bei wichtigen Themen werden die Europäer in den nächsten Monaten all die Bereiche herauszufiltern versuchen, in denen sich Einigkeit erzielen lässt. Einen Namen dafür gibt es auch schon:

"Dieser Prozess, den wir Bratislava-Prozess nennen, startet heute."

Slowakeis Regierungschef Robert Fico

"Bratislava-Prozess" oder "Bratislava-Fahrplan" ist die Kurz-Formel für den Versuch, Projekte zu finden, mit denen das Vertrauen der Menschen in die EU wieder zurückgewonnen werden soll.

"Wir sind entschlossen, mit 27 Mitgliedstaaten einen Erfolg aus der EU zu machen. Die EU ist nicht perfekt, aber sie ist das beste Instrument, das wir haben, um den Herausforderungen vor uns zu begegnen. Wir brauchen die EU, nicht nur, um Frieden und Demokratie zu sichern, sondern auch die Sicherheit unserer Menschen."

Aus einer Erklärung des Sondergipfels in Bratislava

Auf sechs Monate ist der Zeitraum angelegt. Denn im Frühjahr feiert die EU sozusagen 60. Geburtstag. Und dann soll Europa sich wieder in deutlich besserer Form präsentieren als gerade jetzt.


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Trueteam, Freitag, 16.September 2016, 21:27 Uhr

32. Basteln

Die EU ist an sich richtig, aber die EU soll sich um ihre wesentlichen Aufgaben kümmern ( z. B. Besteuerung von Großunternehmen, Grundlegende Wirtschaftsordnung erarbeiten, usw..). Aber die Eu soll auch begreifen,viele Angelegenheiten können auch Nationalstaatlich gelöst werden. Hier soll die EU keine Einmischungsmöglichkeit haben

Xaver, Freitag, 16.September 2016, 20:30 Uhr

31. Vertrauen in die Politik und in die Nachrichten ist zerstört.

Politiker (-in) machen was sie wollen ohne Rücksicht auf ihre Wähler und Steuerzahler. In den Nachrichtensendungen glaube ich nur noch die Wettervorhersage und die Sportergebnisse. Frau Merkel wird unvergessen bleiben.

Max, Freitag, 16.September 2016, 18:02 Uhr

30. Baustelle Merkel

Baustelle Bratislava? Ich denke eher Baustelle Deutschland und Merkel.

AFD-Wählerin, Freitag, 16.September 2016, 17:16 Uhr

29. Merkel scheitert an Multikulti

den Sozialismus für die Welt kann man nicht praktizieren. Der scheitert an sich selbst. Kaum eine Kommune, die nicht stöhnt. Außerdem ist der Euro eine Fehlkonstruktion. Die Südländer können nicht abwerten und dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit herstellen.

  • Antwort von Bergler, Freitag, 16.September, 17:44 Uhr

    Merkel hat ja die Wirtschaft aufgefordert, mehr Flüchtlinge ein zu stellen. Auch Herr Zetsche von Daimler verspricht sich sogar ein neues Wirtschaftswunder mit den Fachkräften aus Asien und Afrika.. hat er zumindest letztes Jahr gesagt. Leider sind die Deutschen Firmen keine Wohlstandsfabriken, die Menschen mit niedrigen Bildungsstand einstellen, das vergisst Frau Merkel leider. Der Wirtschaft geht s um Geld und nicht darum, Wohltätigkeitsanstellungen durch zu führen, nur weil es Frau Merkel will. Und zu Herr Zetsche wäre zu sagen.. der träumt auch noch bei Tage.. genau wie Merkel, wenn es um die Frage geht.. wie viele Qualifizierte Flüchtlinge kann die Deutsche Wirtschaft einstellen. 50 in einem Jahr, von 1 Million und davon 30 bei der Post.

  • Antwort von PS_ED, Freitag, 16.September, 18:51 Uhr

    Warum sollen den die Südländer abwerten?

    Ein Bundesland wie Mecklenburg Vorpommern oder Bremen kann auch nicht abwerten!
    Man darf nicht vergessen, dass der EURO nach dem Vorbild der DEM nur mit härteren Richtlinien (mit den nDeutschland die meisten Probleme hat) geschaffen wurde!
    Die Fehler sind, dass der deutsche Bürger glaubt etwas besseres zu sein und nicht erkennt, dass Europa (Hauptexportland) Deutschland finanziert und nicht umgekehrt!
    Wenn Deutschland endlich wieder faire Löhne zahlen würde, häten wir 10 % Arbeitslose, ebenso wie die Südländer, nachdem wir das nicht wollen, müssen wir in die Transferunion!

    Achja, da es den Euro gibt, erklären sie doch mal:
    Warum ein Reimport einer Deutschen Nobelmarke billiger ist, als der kauf in Deutschland!?
    Warum muss ein Östereicher 10 % Mwst für ein Brot zahlen, wir 7 % etc.

    Klar wenn jeder seien Währung hat, muss man das nicht hinterfragen!

  • Antwort von Chaim, Freitag, 16.September, 19:47 Uhr

    @AFD-Wählerin
    vom Bildungsstand hätten Sie nicht schreiben sollen.
    Überprüfen Sie doch nochmals Ihren Text. Sechs.Setzen.
    Dem ist nichts hinzuzufügen.

birkhahn, Freitag, 16.September 2016, 16:40 Uhr

28. EU-Krise

Der Brexit ist der entscheidende Faktor. Und diesen Austritt hat faktisch nicht das Volk entschieden, sondern die Eliten der Insel. Diese Leute wußten und wissen was sie tun. Eine EU mit einer großen Zukunft hätten sie nie verlassen. Als sie den Euro nicht übernahmen waren sie noch abwartend bez. der weitern Entwicklung. Mit dem Austritt ist die EU für die Briten Vergangenheit. Mitllerweile haben die USA die zukunftsträchtige Kooperation der EU mit Russland - unter Mitwirkung der Bundesregierung - lahmgelegt. Was ist die EU - mit all ihren Problemen - ohne Großbritanien und Russland? Ein Torso!

  • Antwort von Truderinger, Freitag, 16.September, 17:39 Uhr

    Es waren in erster Linie böse alte Männer aus der Unterschicht, die die EU nicht kapiert, die für den Brexit waren. Junge gebildete Leute versuchen gerade scharenweise, an deutsche Pässe zu gelangen. Das ist die Realität! Was Sie schreiben, ist himmelschreiender Unfug!

  • Antwort von vielfahrer, Freitag, 16.September, 18:32 Uhr

    @truderinger
    -junge gebildete Leute versuchen deutsche Pässe zu erlangen? usw..
    Blicken sie mal zurück! wer war nicht an den Wahlurnen!
    Die Wahl hatte die wenigsten von den Jungen interessiert. :-(( -- WAHL TEILNAME mal nachlesen!
    Brexit, tut Mir auch leid, - Demokratie ist halt so! - Aber die Halli Galli Kits dürfen nun nicht meckern, zu spät!
    "oder evtl. doch nicht." - wäre wünschenswert.
    PS: - Schreib Ich jetzt mal, Ist ja sonst immer Ihr Komm. -- Bei den AFD Wähler gehen die Augen auch noch auf. - ist dann zu spät! :-(
    sers

  • Antwort von vivaldi, Freitag, 16.September, 18:35 Uhr

    Die EU ist ein Auslaufmodell! Je eher sich Zahlmeister Deutschland verabschiedet, umso mehr werden wir unsere Eigenständigkeit bewahren, ohne bei jedem Furz nach Brüssel sehen zu müssen. Hätten wir vor 2002 eine Volksabstimmung zur Währungsunion gemacht, hätte man heute immer noch eine der stärksten Währungen - die DM ! Großbritannien wird auf lange Sicht nur vom Austritt profitieren!

  • Antwort von PS_ED, Freitag, 16.September, 18:57 Uhr

    "!Diese Leute wußten und wissen was sie tun. ! - Wie die Protestwähler, die die AfD gewählt haben und dann irritiert sind, dass die Rechte Gewalt überkocht!

    An den Brexit hat in GB kaum einer der Eliten geglaubt, man hat zwar gewusst , das es kanpp werden könnte aber man innerlich gelaubt, dass es zischen 52 und 55 % pro EU ausgehen wird, je knapper um so besser, damit GB seinen Soloweg gestärkt in der EU fortsetzen kann, folglich haben die unzufrieden Eliten lieber für den Brexit als gegen den gestimmt, damit es kanpp wird!

    Fazit: es war wie so oft bei Wahlen, Volksentscheiden etc: man Interressiert sich nicht für das Thema, sonderen man watscht die eigene Regierung ab!