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#Faktenfuchs Eichhörnchen: Rotten schwarze die roten aus?

Aufruhr im Mischwald. Verdrängen zugewanderte Eichhörnchen ihre heimischen roten Artgenossen? Gibt es gar einen "Krieg der Eichhörnchen"?

Von: Gudrun Riedl

Stand: 02.04.2017 | Archiv |Bildnachweis

Rotes europäisches Eichhörnchen | Bild: picture-alliance

Wo immer BR24 über Eichhörnchen berichtet, schreiben uns Zuschauer: Zugewanderte schwarze Eichhörnchen machten unseren heimischen roten langsam aber sicher den Garaus. Sie seien einfach fitter und kräftiger.

Soll man zum Beispiel einem schwarzen Eichhörnchen aus der Klemme helfen, wenn es in einem Gully feststeckt? BR24 Facebook-Freund Alexander Frank rät ab. Es sei doch bekannt, dass die schwarzen die einheimischen Roten verdrängen. Ines Schade fragt zurück: "Was willst Du machen. Im Gully stecken lassen?"

Dabei konnte es sich bei dem Tier, das im Gully steckte, gar nicht um einen Einwanderer handeln. Die aus Amerika stammenden Grauhörnchen sind nie in Deutschland angekommen. Ob, grau, schwarz oder rot: Alle hier lebenden Eichhörnchen sind Einheimische. Sie sind von Natur aus eine bunte Truppe, und einige Rote legen sich im Winter sogar ein dunkles Wechsel-Fell zu.

"Wahr ist: In England gab es ein Problem mit eingewanderten Grauhörnchen. Zum einen, weil diese eine höhere Lebenserwartung haben, als die Einheimischen und zum anderen weil sie einen Virus mitgebracht haben, der die einheimischen Eichhörnchen gefährdet."

Ruth Petscharnig, Redaktion Ökologie

Unsere Ökologie-Expertin Ruth Pescharnig hat mit Kai Frobel gesprochen, dem Artenschutzbeauftragten beim Bund Naturschutz Bayern. Er hat ihr auch erzählt, dass das Problem in England heute nicht mehr so gravierend ist.

Das habe zwei Gründe: Zum einen hätten Baummarder die Anzahl der Grauhörnchen dezimiert, zum anderen habe die Wiederaufforstung mit Nadelgehölzen dort dazu beigetragen, dass die einheimischen Eichhörnchen jetzt einen Standortvorteil haben. Grauhörnchen mögen keine Nadelwälder.

Tatsache ist auch: In Norditalien, an der Grenze zur Schweiz, wurden einige Grauhörnchen entdeckt. Sie leben aber friedlich mit den einheimischen Eichhörnchen zusammen, ohne dass es zu einer Kreuzung mit der ursprünglich nordamerikanischen Nagetier-Art kommt. Erkennen kann man die US-Variante übrigens an den Ohren: im Gegensatz zum europäischen Hörnchen hat es keine Pinsel.

Ist die Gefahr für das rote Eichhörnchen gebannt?

Mitnichten. Das ist wohl typisch an Fake-News: Wer daran glauben will, schnappt immer neue Varianten der Geschichte auf. Das Problem - so hört man beispielsweise - liege gar nicht in der Ökologie, es sei vielmehr genetischer Natur: Bei einheimischen Eichhörnchen vererbe sich das rote Fell rezessiv. Wann immer sich ein heimisches rotes und ein heimisches schwarzes Eichhörnchen zusammentäten, bekommen sie braune, schwarzbraune oder schwarze Nachkommen. Die Tage der roten seien somit gezählt. Stimmt aber nicht.

Das rote Eichhörnchen kann gar nicht aussterben

Rot ist rezessiv. Das bestätigt auch der Genetiker - und gibt trotzdem Entwarnung.

"Europäische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris mit vielen Unterarten) variieren von hellrot bis braunschwarz, wobei es in Höhenlagen oft zu Melanismus (reine Schwarzfärbung) kommt (UV-Schutz und schnelleres Aufwärmen in der Sonne). Eine Gefährdung durch rezessive Vererbung ist nicht gegeben, da es ja auch bei rezessiven Genen immer wieder reinerbige Nachkommen gibt (Mendel´sche Vererbungsgesetze)"

Prof. Dr. Gerhard Haszprunar vom Lehrstuhl für systematische Zoologie an der LMU München

Also: An der Geschichte ist nichts dran

Der Faktencheck zum Eichhörnchen zeigt, wie lange sich Geschichten halten, obwohl sie längst widerlegt sind. Die Legende vom aggressiven, fremden Eichhörnchen war aber immer schon: Fakenews, eine xenophobe Fabel.

BR24 wird ab jetzt regelmäßig Neues vom #factfox berichten. Wir greifen Fragen und Behauptungen aus den Kommentarfeldern auf Facebook, Twitter und br24.de auf und recherchieren.

Wenn Sie ein neues Thema für uns haben - einfach eine Mail an Feedback@br24de. Stichwort: #factfox. Danke für die Hilfe und die vielen Anregungen!

Autorin: Gudrun Riedl







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Cosi , Mittwoch, 05.April 2017, 01:27 Uhr

11. Es gibt seit 60 Jahren schwarze Eichhörnchen!

Im Rheinland gibt es schon seit Jahrzehnten schwarze oder dunkel braune Eichhörnchen.
Bei Menschen gibt es auch unterschiedliche Hautfarben.Also .....so what?!

Helmut F, Montag, 03.April 2017, 13:40 Uhr

10. FakeNews neu definiert

Wird hier der Begriff "FakeNews" im Namen der Toleranz neu definiert?
Sind "Nachrichten" also "News" die von der hohen Grauhörnchenpopulation und den ökologischen Veränderungen auf der Inseln nicht wahr?
Wohl eher doch... Ebenso könnten sie berichten die Kaninchen wären in Australien keine Plage sondern eine Bereicherung des Ökosystems.

"FakeNews" sind also neuerdings synonym zu verwenden mit Halbwahrheiten und Gallileowissen?
Nicht falsch verstehen, ich empfinde es als sehr unangenehm wenn mir jemand einen Sachverhalt erklären will, den er bei "Welt der Wunder" gelernt hat.
Trotzdem sind da keine "FakeNews" sondern einfach nur Halbwissen.
Sie führen also das Halbwissen einiger Internetgenies auf, nehmen einen ernsten Sachverhalt Grauhönchen , ändern aktiv nicht nur die Farbe zu schwarz sondern auch das Land und lassen noch den Genetiker auftreten.
Haben sie etwa bewusst provoziert um wieder eine Einwanderungsdebatte in den Kommentaren loszutreten?
Ein Schelm wer böses dab..

  • Antwort von Leonia, Montag, 03.April, 15:33 Uhr anzeigen

  • Antwort von Immer diese Besserwisser, Montag, 03.April, 15:47 Uhr anzeigen

  • Antwort von HelmutF, Dienstag, 04.April, 08:19 Uhr anzeigen

  • Antwort von HelmutF, Dienstag, 04.April, 08:27 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Dienstag, 04.April, 09:04 Uhr anzeigen

  • Antwort von Immer diese Besserwisser, Dienstag, 04.April, 09:32 Uhr anzeigen

Kabrettist, Sonntag, 02.April 2017, 21:50 Uhr

9. Passt nur auf:

Einen Schnurrbart haben die Eichkätzchen schon. Eines Tages halten sie Reden!

Bajuware, Sonntag, 02.April 2017, 17:49 Uhr

8. Wird Zeit, dass die einheimischen Eichhörnchen der AFD beitreten

und die Jäger die Flinte anlegen!

  • Antwort von Anton, Sonntag, 02.April, 19:24 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Sonntag, 02.April, 21:11 Uhr anzeigen

  • Antwort von Realist, Sonntag, 02.April, 21:53 Uhr anzeigen

Hallo, Sonntag, 02.April 2017, 16:37 Uhr

7. Streifenhörnchen

Wir haben hier in der Stadt einige wenige (rote) Eichhörnchen und sehr viele Streifenhörnchen(Tamias) im Park. Chipmunks, Burunduks (Tamias sibiricus).
Hat bestimmt irgendwer vor ca. 20 Jahren ausgesetzt.
Angeblich soll es zwischen denen und den Eichhörnchen keine Probleme geben, ich hab aber schon gesehen wie sich zwei gekloppt haben.
Da lag irgendwas kleines, nussähnliches auf dem Boden, 2 Sekunden quieckendes Fellknäuel aus zwei kämpfenden Hörnchen.
Ist regional vielleicht stark unterschiedlich wie Neozoen sich auf die einheimischen Arten auswirken.

Vielleicht ist das auch die Stimmung im Land. Laut Artikel leben in Norditalien Graue und Rote Eichhörnchen in Frieden und hier bei uns kloppen sich die Roten Eichhörnchen sogar mit Chipmunks... ^^

  • Antwort von Gudrun Riedl, Sonntag, 02.April, 18:13 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Sonntag, 02.April, 21:14 Uhr anzeigen