Flüchtlings-Andrang in Bayern Unterkünfte fehlen - Donauwörth lehnt ab
Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Bayern: 18.000 allein in den ersten Augusttagen. Sie unterzubringen wird immer schwieriger. Zuletzt lehnte es die Stadt Donauwörth ab, in der Alfred-Delp-Kaserne ein Asylzentrum unterzubringen.
Die Stadt Donauwörth hat auf einer Pressekonferenz gerechtfertigt, warum sie auf keinen Fall das dort ins Auge gefasste Aufnahme- und Rückführungszentrum für Asylbewerber haben will: In den 90er Jahren waren im Stadtteil Parkstadt 700 Aussiedler aufgenommen worden. Es war über Jahre hinweg schwer, den sozialen Frieden wieder herzustellen. Außerdem sei auf dem vorgesehenen Kasernengelände ein Wohngebiet geplant, so Oberbürgermeister Armin Neudert:
"Wir haben den Konversionsprozess sehr weit getrieben. Wir benötigen ganz dringend Bauland in dieser Größe mit einer sehr guten Entwicklung von Airbus Helicopters, und das wird mit einem Schlag zunichte gemacht. Das ist nicht hinnehmbar!"
Donauwörths Oberbürgermeister Armin Neudert
Auch Landrat Stefan Rößle positionierte sich gegen das geplante Rückführungszentrum:
"Das ist eine Einrichtung in der Größenordnung mit 1.500 Teilnehmern, die die Stadt Donauwörth, die den Landkreis massiv überfordert, das kann so hier nicht hingenommen werden."
Landrat Stefan Rößle
Staatsministerin Emilia Müller zeigte sich im interview mit dem Bayerischen Rundfunk allerdings unnachgiebig. Donauwörth habe zwar viel gemacht, aber die Solidarität werde auch jetzt gebraucht, wenn es jetzt darum gehe, leer stehende Gebäude der Bundeswehr für Asylbewerber zu aktivieren.
"Niemand würde verstehen, dass man Zelte aufbaut, wenn man gleichzeitig leer stehende Kasernen zur Verfügung hat, die intakt sind. Aus dem Grund ist es unsere Aufgabe, jetzt alle Unterkünfte zu prüfen, alle Kasernen zu prüfen, alle staatlichen Unterkünfte zu prüfen, auch die Kirche ist gefordert, hier sich einzubringen, und Donauwörth ist ebenfalls gefordert. ... Wir brauchen jede Unterkunft."
Staatsministerin Emilia Müller
Donauwörth wehrt sich gegen Aufnahmezentrum
Erst vor zwei Tagen waren die Staatsminister Emilia Müller und Joachim Herrmann in Donauwörth aufgetaucht, hatten dort die Alfred-Delp-Kaserne besichtigt und Landrat und OB darüber informiert, dass die Staatsregierung dieses Gebäude eventuell zu einem Asylzentrum ausbauen wolle.
"Überfallartig" sei dieser Besuch gewesen, erklärte Donauwörths OB Neudert. Die Stadt werde kein Asylzentrum hinnehmen und notfalls sogar dagegen klagen. Er appellierte an die Staatsregierung, die Pläne fallen zu lassen. Andernfalls stehle die Staatsregierung der Stadt ihre Zukunft.
"Ein solches Zentrum mit rund 1.500 Menschen ist im Stadtteil Parkstadt mit ihren ca. 4.200 Einwohnern nicht hinnehmbar und in keiner Weise zu bewältigen."
Einstimmiger Stadtratsbeschluss Donauwörth, Sondersitzung 6. August 2015
Bürokratische Hindernisse
Händeringend wird in Bayern nach Gebäuden zur Unterbringung von Flüchtlingen gesucht. Doch die Gebäude müssen auch geeignet sein. Dafür gibt es zahlreiche bürokratische Vorschriften, zum Beispiel in der Versammlungsstättenverordnung. Manche Gebäude sind nicht geeignet, weil sie Mängel beim Brandschutz oder bei den Fluchtwegen haben.
"Versammlungsstätten müssen in jedem Geschoss mit Aufenthaltsräumen mindestens zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege haben. ... Versammlungsräume und sonstige Aufenthaltsräume mit mehr als 100 m² Grundfläche müssen jeweils mindestens zwei möglichst weit auseinander und entgegengesetzt liegende Ausgänge ins Freie oder zu Rettungswegen haben."
Versammlungsstättenverordnung, § 6 (1)+(5)
Rettungswege dürfen nicht zu lang sein, für Treppen und Innenwände ist Feuerbeständigkeit vorgeschrieben, und Türen und Tore müssen rauchdicht, selbstschließend und natürlich feuerhemmend sein. Schiebetüren sind verboten. So stehen vielerorts in Bayern Gebäude leer, die nicht genutzt werden können.
Schwierige Suche nach Flüchtlingsunterkünften
Solche Vorschriften machen zwar die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten schwieriger, doch alle Beteiligten wissen, dass sie notwendig sind und eingehalten werden müssen. Das sieht auch das erzbischöfliche Ordinariat München-Freising so. Die dortige Pressesprecherin Ursula Hinterberger bestätigt das.
"Für alle Gebäude brauchen Sie Genehmigungen, das zieht sich länger hin, als einem lieb ist."
Ursula Hinterberger, Erzbischöfliches Ordinariat München
Kritisieren will sie die Verwaltung aber nicht, im Gegenteil. Die Vorschriften seien nunmal so, und für Museen und historische Gebäude gelten eben andere Vorschriften als für Häuser, in den Flüchtlinge wohnen dürfen. Das macht es schwierig, leerstehende Klosterbauten mal eben mit einigen Dutzend Flüchtlingen zu belegen. Es mache auch "keinen Sinn", in historischen Gebäude einfach Fliesen für ein paar Duschkabinen zu legen, so Hinterberger, und das Ganze dann für Flüchtlinge freizugeben:
"Da schimmelt Ihnen die historische Bausubstanz gleich wieder weg!"
Ursula Hinterberger, Erzbischöfliches Ordinariat München
Asylbewerber im Kloster
Bekanntestes Beispiel für eine Unterbringung von Flüchtlingen ist Kloster Beuerberg. In der Einrichtung zwischen Wolfratshausen und Penzberg sollen Asylbewerber unterkommen. Auch andere Objekte werden umgebaut und "ertüchtigt".
Früh schon hat die Diözese Eichstätt ihre Türen für Menschen in Not geöffnet. Im September 2014 setzte sich Bischof Gregor Maria Hanke dafür ein, Flüchtlinge in der ehemaligen katholischen Maria-Ward-Schule unweit des Eichstätter Doms unterzubringen. Zur Zeit sind dort etwa 220 Menschen. Auf die Miete, die der Staat zu entrichten hätte, verzichtet das Bistum, stellt aber eine Summe von 100.000 Euro zur Verfügung. Auch das Bistum Regensburg engagiert sich und beherbergt zur Zeit mehrere hundert Flüchtlinge.
Sonderbudget von fünf Millionen
Die Kirchen mieten bayernweit eigens Unterkünfte für Flüchtlinge an, alte Pfarrhäuser, Mehrfamilienhäuser und Wohnungen. Letzteres ist aber aber besonders in München schwierig. Doch immerhin 270 Flüchtlinge konnte die katholische Kirche so in der Landeshauptstadt unterbringen. Gebäude in kirchlichem Besitz sind oft ausgerichtet auf Kirchenchöre oder Seniorennachmittage. Dort fehlen deshalb Küchen und Duschen für größere Flüchtlingsgruppen, und oft gibt es nur zwei einzelne Toiletten. 953 Flüchtlinge hat das Erzbischöfliche Ordinariat München-Freising derzeit untergebracht - deutlich weniger als in München an einem durchschnittlichen Tag ankommen. Mit einem Sonderbudget von fünf Millionen Euro unterstützt das Ordinariat im laufenden Jahr Flüchtlingshilfen. Dazu gehören auch die Schulung ehrenamtlicher Helfer oder die psychologische Beratung traumatisierter Asylbewerber.
Holzhütten als Zwischenlösung?
Der Geschäftsführer des Landkreistag, Johann Keller, befürwortet die Errichtung von Hütten und Holzbaracken, die später wieder abgerissen werden können: "Wir müssen versuchen, schnell etwas in verträglicher Weise hinzubekommen", sagte Keller. In vielen Landkreisen sind bereits Turnhallen belegt und Containersiedlungen gebaut worden. "Wir sind insbesondere in Oberbayern auf zusätzliche Unterkünfte angewiesen", sagte Keller. Holzbauten in Ständerbauweise können schnell errichtet - und später wieder zügig entfernt werden. Mit dem bisherigen Tempo bei der Umwandlung bestehender Gebäude ist die Unterbringung der vielen Neuankömmlinge nach Kellers Einschätzung "nicht zu schaffen". Nur noch "da und dort" gebe es Kasernen, die für Flüchtlinge umgewandelt werden können.