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Urteil zu Burkini-Verbot Die Debatte ist längst nicht vorbei

Das Oberste Verwaltungsgericht in Paris hat entschieden - zumindest in einem Fall: Ein Verbot des Burkini am Strand stelle eine Verletzung von Grundfreiheiten dar. Der Streit um Burka und Burkini ist damit aber sicher nicht vorbei.

Von: Kerstin Gallmeyer

Stand: 26.08.2016

Frau im Burkini badet | Bild: pa/dpa/Stephanie Pilick

Kann ein Burkini die öffentliche Ordnung stören? Diese Frage beantwortet Frankreichs Oberstes Verwaltungsgericht zwar nicht. Nichtsdestotrotz kassierte es das Burkini-Verbot, das der Bürgermeister von Villeneuve-Loubet erlassen hatte. Freiheitsrechte könnten nur bei erwiesenen Risiken für die öffentliche Ordnung eingeschränkt werden. Die angespannte Stimmung nach den terroristischen Attentaten reiche als Begründung nicht aus. Die Organisation "Liga der Menschenrechte", die vor dem Gericht gegen den Erlass der Cote-d’Azur-Gemeinde geklagt hatte, ist zufrieden.

"Es gab ein Verbot religiöse Zeichen zu tragen, und dieses Verbot war nicht gerechtfertigt."

Fabrice Spinosi, Anwalt Liga der Menschenrechte

Konkret urteilten die Richter der höchsten Verwaltungsinstanz zwar nur im Fall von Villeneuve-Loubet. Die Entscheidung sieht Spinosi aber als wegweisend. Rund 30 weitere Städte und Strand-Gemeinden mit meist konservativen Bürgermeistern, darunter auch Nizza und Cannes, hatten ähnlich Verbote erlassen.

"Alle Dekrete, die erlassen wurden, müssen der Entscheidung des Staatsrats entsprechen. Logischerweise müssten die Bürgermeister ihre Verbote zurückziehen. Sie sind nun juristisch anfechtbar."

Fabrice Spinosi, Anwalt Liga der Menschenrechte

Der Bürgermeister von Sisco auf Korsika denkt aber gar nicht daran, sich nach dem Grundsatzurteil zu richten. Der Sozialist Ange-Pierre Vivoni hatte nach Ausschreitungen zwischen Dorfbewohnern und Mitgliedern einer Familie mit maghrebinischen Wurzeln ebenfalls ein Burkini-Verbot erlassen.

"Sisco ist von diesem nicht betroffen. Bei uns hat es Ausschreitungen gegeben, bei denen es beinahe Tote gegeben hätte. Das ist ein andersgelagerter Fall. Ich habe das Verbot ausgesprochen, weil so etwas in Sisco wieder geschehen könnte."

Ange-Pierre Vivoni

Burkini wird Wahlkampfthema

Die Debatte um die Ganz-Körper-Badebekleidung für muslimische Frauen, die nur Gesicht, Hände und Füße freilässt, hatte sich in den vergangenen Tagen in Frankreich, dem Land mit der größten muslimischen Gemeinschaft aufgeheizt. Selbst die Regierung ist gespalten im Zoff um den Burkini. Premierminister Valls hatte die Verbote unterstützt, sich allerdings gegen ein Gesetz ausgesprochen. Razzy Hammadi, Sprecher der Sozialisten, hofft, dass sich die Lage nun etwas beruhigt.

"Ich hoffe, dass die Entscheidung des Gerichts ganz einfach die üble Polemik beendet. Das bedeutet ja nicht, dass man das Thema nicht weiter diskutieren und auch entgegengesetzter Meinung sein kann."

Razzy Hammadi, Sprecher der Sozialisten

Auch er weiß: Die Debatte um das beanstandete Stück Stoff ist längst nicht zu Ende. Denn in acht Monaten wird ein neuer Präsident gewählt. Im Wahlkampf wird die Debatte um Burkinis und Verschleierung in der Öffentlichkeit sicher nicht milder, sondern schärfer werden.


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Hans, Dienstag, 30.August 2016, 13:23 Uhr

29. Wintermäntel, Regenponchos ...

Ich fordere ein Wintermantel-, Regenponcho- und Faschingskostüm-Verbot.

Man könnte ja etwas darunter verstecken.

  • Antwort von Hans, Dienstag, 30.August, 15:44 Uhr

    ach ja, und jegliche Ordenstracht.

    Wallende Röcke

    Dirndl

    .....

Reinhard Moysich, Samstag, 27.August 2016, 14:39 Uhr

28. Burkini-Urteil: Sieg für Menschenrechte!

Die Menschenrechte gelten überall – also nicht nur in Frankreich, sondern z.B. auch in Deutschland.
Sie garantieren z.B. Weltanschauungs-, Persönlichkeits- und Bewegungsfreiheit, sofern nicht andere wiederum in ihren fundamentalen Rechten beeinträchtigt werden – dies ist zweifellos beim Burkini der Fall. Dort wird ja das sicherheitsrelevante Gesicht gezeigt; und außerdem habe ich noch nie gehört, dass eine Burkini-tragende Frau verlangt, dass auch alle anderen Frauen einen Burkini tragen sollen.
Ich stimme dem früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel zu, der sehr ähnlich beim Kopftuch-Streit gesagt hatte: „Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern was im Kopf ist“.
Nichts spricht dafür, dass eine Burkini-tragende Frau grundsätzlich gefährlicher ist als eine Frau, welche keinen Burkini trägt!
Ich freue mich, wenn Musliminnen hiermit wenigstens ebenso wie alle anderen Menschen auch schwimmen gehen können – und so mehr Freude am Leben haben.

Interessierter, Samstag, 27.August 2016, 09:44 Uhr

27. Frage:

Warum wird eigentlich hier ständig so eine Welle gemacht, wenn es um andere Kulturen geht? Wir decken uns wegen einer Woche Urlaub mit unzähligen Ratgebern ein, wie es im Gastland kulturell ist, was die absoluten Do´s und Dont´s, Go´s und Nogo´s sind, damit wir, die wir für unseren kurzen Aufenthalt auch noch bezahlen, nur ja keinen vor den Kopf stoßen oder zu nahe treten.
Deutschland ist kein Gefängnis: Es gibt hier Regeln und Gesetze, die haben sich im Grunde auch jahrzehntelang bewährt, Deutschland war bisher kein Chaosstaat - an die hält man sich. Sonst kann man woanders hin gehen, wo es einem besser passt. Sich die Rosinen rauspicken, Vorteile mitnehmen und Nachteile vor Gericht bringen, ist nicht in Ordnung.
Funktioniert doch im Kleinen auch: Wir haben daheim Regeln. Wir halten uns dran. Unsere Besucher auch. Ein Freund meines Sohnes will nicht mehr kommen, weil er nicht mit Schuhen auf dem Bett und dem Sofa rumspringen darf und weil manche Zimmer für ihn tabu sind. So what!

  • Antwort von Mariechen, Samstag, 27.August, 12:20 Uhr

    Das frag ich mich manchmal auch! Da wird uns in diesen Ratgebern regelrecht befohlen, nur ja in bestimmten Ländern an bestimmten Orten bestimmte Körperteile zu bedecken, Dinge, die einem angeboten werden nur ja zu essen, egal wie eklig das auch ist, finanzielle und kommunikative Gepflogenheiten nur ja zu beachten, ... - nur um RESPEKT zu zeigen. Wie Sie schon anmerkten: in Ländern, in denen man nur einige Tage bleiben will, für den Aufenthalt bezahlt (Touristenpreise) und ansonsten keinem wie auch immer gearteten, von den Bürgern getragenen und finanzierten Sozialsystem zur Last fällt (nur als kleines Beispiel-Stichwort "Auslandskrankenversicherung": Wenn die Bezahlung nicht gesichert ist, operieren viele Länder noch nicht mal einen Blinddarmdurchbruch; das OK der Versicherung warten die ab!). Falls dann durch den (gewollten!!) Tourismus doch plötzlich mal Mehrkosten, wie z.B. Umweltauflagen, auftreten, werden die umgehend auf die Preise draufgeschlagen. Da gibs nix für umme!

BR-Fan, Samstag, 27.August 2016, 08:19 Uhr

26.

Ich war gestern im Strandbad.

Was glaubt ihr was ich mir gewünscht habe?

Eine Burkini - Pflicht..

Was da für Gestalten im Bikini herumlaufen ist unglaublich.
Warum müssen wir DAS aushalten?
Das grenzt auch schon an Terror!

hesther, Samstag, 27.August 2016, 00:15 Uhr

25. burkini

Und wo ist meine grundfreiheit when ich meinen bikini im moslemischen ausland anziehen will???