Höherer Mindestlohn Künftig Gurken aus Rumänien und nicht mehr aus Niederbayern?
Acht Euro pro Stunde, das müssen Landwirte in diesem Jahr ihren Erntehelfern zahlen. Vor zwei Jahren waren es nur rund fünf Euro. Gurkenbauern aus Niederbayern sehen sich vor erhebliche Probleme gestellt.
Was täten viele bayerische Landwirte ohne Saisonarbeiter? Etwa im Hopfen oder im Gemüseanbau? Die Erntehelfer kommen meist aus Polen oder Rumänien. Sie jammern nicht über die schwere Arbeit und vor allem sind sie billig. 5,50 Euro, das war jahrelang der Standard-Stundenlohn, doch damit ist es vorbei. Im Januar 2015 ist der Mindestlohn in Deutschland eingeführt worden. Stufenweise ist er auf nun acht Euro angehoben worden.
Gurken, Gurken, Gurken
Seit 30 Jahren dreht sich bei der Familie Sagstetter in Haidlfing alles um die Gurke: Vater Karl hat die Produktion aufgebaut. Sohn Andreas macht gerade seinen Landwirtschaftsmeister und würde auch in Zukunft gerne auf 23 Hektar Gurken anbauen.
"Gurkenanbau, des is mei Welt. I bin mit dem aufgewachsen. I hab a mei Lehr' extra auf einem Gurkenbetrieb verbracht. Und i bin da mit Herzblut dabei."
Andreas Sagstetter, Gurkenbauer
Doch nächstes Jahr wird es damit größtenteils vorbei sein. Heuer sind zum letzten Mal alle drei Gurkenflieger der Sagstetters unterwegs. Zwei davon werden verkauft. Statt bisher 80 werden künftig höchstens noch 30 Saisonarbeitskräfte aus Polen drei Monate lang Gurken bei den Sagstetters pflücken. Schuld daran ist der gesetzliche Mindestlohn.
"Gurkerl sind eine sehr arbeitsintensive Kultur. Durch den Mindestlohn sind die Kosten um 20 Prozent gestiegen. Im osteuropäischen Ausland sind die Arbeitskosten ein Drittel billiger wie bei uns."
Karl Sagstetter, Gurkenbauer
Druck von den Discountern
Doch warum kann man hierzulande die gestiegenen Kosten nicht einfach auf die Preise umlegen? Warum kann man heimische Einlegegurken nicht einfach um zwanzig Prozent teurer verkaufen?
"Der Kostendruck von den Discountern ist riesengroß. Der Verbraucher möchte billige, preisgünstige Ware und da können wir nimmer mithalten."
Karl Sagstetter, Gurkenbauer
Andere Gemüsebauern aus Niederbayern haben schon Flächen in Rumänien gekauft und ihre Gurkenflieger dorthin verlegt. Einige geben den Gurkenanbau komplett auf. Die Sagstetters aber sind Unternehmer und auf der Suche nach Alternativen:
Paprika, Tomaten und Salat
Marianne Sagstetter hatte schon immer einen grünen Daumen. Deshalb setzt sie darauf, künftig mehr verschiedene Gemüsesorten anzubauen und im Hofladen und im Handel zu vermarkten. Der Tomatentunnel ist schon hochprofessionell. Unterirdisch verlegte Tröpfchenschläuche versorgen die Pflanzen mit Wasser und Dünger. Doch der Anfang war nicht leicht und die Bäuerin hat erst einmal Lehrgeld bezahlen müssen:
"Zum Beispiel beim Paprika, da hab i die Pflanzen gegossen, weil i gedacht hab, die sind zu trocken, weils die Blätter haben hängen lassen, dabei wars schon zu viel des Guten."
Marianne Sagstetter, Bäuerin
Mittlerweile kann sie es, zum Beispiel auch mit Salat. Probeweise hat ihn Marianne Sagstetter heuer in ihrem Gemüsegarten hinter dem Tomatentunnel angebaut. Schon jetzt ist klar: nächstes Jahr wird sie ein großes Salat-Feld haben, denn sie bringt gar nicht so viele Köpfe her, wie sie verkaufen könnte.
Die Familie ist sich einig
Der zweite Sohn der Sagstetters, Thomas, sieht die Veränderungen realistisch: wenn sich Gurken nicht mehr rentieren, wird eben umgesattelt:
"I seh da schon eine Chance, dass man da weiter tun, weil im Feldanbau da hört es sich schön langsam auf und mir gfallt das einfach, die kleinen Sachen auch und ich seh meine Zukunft dahinter, dass ich mehr mit Salat und dem Zeug mach."
Thomas Sagstetter, Gurkenbauer
Noch ist das Angebot im Hofladen der Sagstetters überschaubar. Fast alles hier kommt aus dem eigenen Garten oder von den eigenen Feldern. Auch die Einlegegurken. 1,40 Euro kostet ein Glas, das ist wesentlich teurer als im Supermarkt. Die Kunden, die hier einkaufen, sind bereit, die Gurkenbauern in Niederbayern zu unterstützen.
Bisher weiß nur Vorarbeiter Pjotr Kamm, dass nächstes Jahr viele seiner polnischen Landsleute hier in Niederbayern nicht mehr gebraucht werden. Er sieht den Mindestlohn mit gemischten Gefühlen:
"Eine Seite gut, weil natürlich jeder viel mehr verdienen. Da ist froh natürlich und die schlechte Seite, dann wir haben keine Arbeit mehr. Das ist dann schade, ich komme 30 Jahre her. Und es ist dann richtig schade, wenn ich nicht mehr hierher kommen."
Pjotr Kamm, Vorarbeiter
Doch bei aller Wehmut: acht Euro Mindestlohn pro Stunde sind gerechtfertigt. Es gibt kaum eine härtere Arbeit, als bei jedem Wetter auf dem Gurkenflieger zu schuften. Findige Bauern wie die Sagstetters werden auch in Zukunft ihr Auskommen haben.
Kommentieren
Fonsi, Freitag, 29.Juli 2016, 21:15 Uhr
4.
Hoffentlich haben sie auch dann die richtige Krümung,sonst gibts Ärger mit Brüssel die legen ja die Norm fest.
Cosi, Freitag, 29.Juli 2016, 12:06 Uhr
3. Hauptsache Billig
Schmeckt zwar nicht aber ...Hauptsache billig.
Als Verbraucher kann ich mitbestimmen wo meine Ware herkommt.
Ich kaufe nur Bio schmeckt einfach besser und ist mittlerweile auch nicht mehr viel teurer als normal angebautes Gemüse.
Wir müssen den Discounter nicht die rote Karte zeigen nur einfach nicht mehr dort einkaufen. Es geht ja auch anders z.B Aldi, Edeka, Rewe hat auch Bio-Waren.
Antwort von bioernter, Freitag, 29.Juli, 16:38 Uhr
es geht hier weniger um Bio, sondern um die Löhne der Erntearbeiter; oder glaubt jemand, dass sich Bio-Gemüse von selbst und kostenlos erntet?
Antwort von IH, Freitag, 29.Juli, 20:17 Uhr
Bio schmeckt besser ist blanke Einbildung, zumindest das "Bio", was man im Supermarkt kriegt. Und die Verpackung ist geduldig. Ich bin nur bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn ich genau weiß, dass es das Siegel wirklich verdient hat. Alles andere ist Augenwischerei, und die sonst so böse Lebensmittelindustrie lacht sich kaputt über uns.
in der Früh, Freitag, 29.Juli 2016, 07:22 Uhr
2.
Das wird eine Qualität sein und die Transportkosten hinzugerechnet na gute Nacht.
Bauernfreund, Freitag, 29.Juli 2016, 06:50 Uhr
1. Gurken
Es ist an der Zeit, dass wir Verbraucher den Discountern die rote Karte zeigen. Gerade die heimischen Bauern haben doch ein Interesse daran, gute Ware zu fairen Preisen zu liefern. Und wir Kunden sollten das honorieren und die notwendigen Preise zahlen. Hier machen uns unsere Nachbarländer vor wie es geht. Das frische Gemüse ab Hof hat sicher eine gute Zukunft. Leider gibt es in manchen Städten keine Alternative zum Discounter, da ist noch Potenzial vorhanden. Ich bin gern bereit für gute Ware faire Preise zu zahlen, auch bei allen anderen landwirtschaftlichen Produkten. Nur somit können wir in der Zukunft das Überleben unserer Bauern sichern. Die falsche Politik unseres Landes und der EU gehört aber auch auf den Prüfstand. Firmen wie Monsato und Co darf man nicht noch mit guten Gesetzen die Gewinnmarge steigern.
Antwort von Nika, Freitag, 29.Juli, 14:55 Uhr
Schön, dass Sie so denken. Vielen ist doch wirklich "S...egal" wo die Nahrungsmittel herkommen, Hauptsache Billig. Leider muss man das Problem viel differenzierter betrachten. Viele Menschen in Deutschland halten sich gerade so über Wasser und haben kaum Geld zur Verfügung, um sich vernünftig produzierte Nahrungsmittel zu kaufen. Es gibt aber auch viele, die könnten es sich "leisten", aber da sind Urlaubsreisen, Auto und Klamotten wichtiger.